Die Nachtwächter
geknallt.«
Wieder lächelte Kehrer jenes ärgerliche kleine Lächeln, das darauf hinwies, dass er ihm nicht glaubte.
»Du hast deine Frau nicht umgebracht«, sagte er. »Nirgends. Wie groß auch immer das Multiversum sein mag: Es gibt keinen Ort, an dem Sam Mumm, so
wie er heute
ist, Lady Sybil umgebracht hat. Aber die Theorie lässt in dieser Hinsicht keinen Zweifel zu. Wenn etwas geschehen kann, ohne gegen die Naturgesetze zu verstoßen, so
geschieht
es. Bei dir ist das nicht der Fall. Und doch funktioniert die Theorie der ›vielen Universen‹. Ohne sie wäre niemand imstande, irgendeine Entscheidung zu treffen.«
»Und?«
»Es ist also wichtig, wie sich die Leute verhalten!«, sagte Kehrer. »Sie erfinden
andere
Gesetze. Was sie tun, ist
wichtig
! Der Abt geriet deshalb in große Aufregung. Er hätte sich fast an seinem Zwieback verschluckt. Es bedeutet, das Multiversum ist nicht unendlich, und persönliche Entscheidungen haben eine größere Bedeutung als bisher angenommen. Die Leute können durch ihr individuelles
Tun
die Welt verändern.«
Kehrer bedachte Mumm mit einem durchdringenden Blick. »Herr Mumm, du denkst jetzt: Ich bin hier in der Vergangenheit, und verdammt und zugenäht: Vermutlich läuft es darauf hinaus, dass ich der Feldwebel sein werde, der mir alles beibringt.«
»Mir sind gewisse Gedanken durch den Kopf gegangen. Heutzutage nähme die Wache jeden dahergelaufenen Burschen auf, wegen der Ausgangssperre und der allgemeinen Überwachung. Und… ja, ich erinnere mich an Keel, und ja, er hatte eine Narbe und trug eine Augenklappe, aber ich bin ganz sicher, dass er nicht ich gewesen ist.«
»Genau. Das Universum funktioniert nicht so. Ein gewisser John Keel – ein Wächter aus Pseudopolis, der wegen der besseren Bezahlung nach Ankh-Morpork kam – nahm dich unter seine Fittiche. Er hat wirklich existiert und war nicht du. Aber hat er dir jemals davon erzählt, dass er von zwei Männern überfallen wurde, kurz nachdem er die Kutsche verlassen hatte?«
»Meine Güte, ja«, sagte Mumm. »Die beiden Straßenräuber. Davon hatte er die Narbe. Ein guter alter Willkommensgruß von Ankh-Morpork. Aber er war ziemlich stark und wurde mit beiden fertig, kein Problem.«
»Diesmal waren es drei«, sagte Kehrer.
»Nun, drei sind natürlich schwieriger, aber…«
»Du bist der Polizist. Rate mal, wie der dritte Mann hieß, Herr Mumm.«
Mumm brauchte kaum nachzudenken. Die Antwort kam aus den dunklen Tiefen seines schwärzesten Verdachts. »Carcer?«
»Er hat sich schnell eingelebt, ja.«
»Der Mistkerl lag in der Nebenzelle und brüstete sich damit, dass er Geld erbeutet hat!«
»Und ihr sitzt beide hier fest, Herr Mumm. Dies ist nicht mehr eure Vergangenheit. Nicht genau. Es ist
eine
Vergangenheit. Und sie führt zu
einer
Zukunft. Vielleicht ist es deine Zukunft, vielleicht aber auch nicht. Möchtest du jetzt nach Hause und Carcer hier zurücklassen, in einer Welt, in der der echte John Keel tot ist? Dann gäbe es kein Zuhause mehr für dich. Denn
wenn
du diese Vergangenheit so zurücklassen würdest, wie sie jetzt beschaffen ist, gäbe es keinen anständigen Mann, von dem der junge Mann die Prinzipien ordentlicher Polizeiarbeit lernen könnte. Dann müsste er von Leuten wie Feldwebel Klopf, Korporal Schrulle und Obergefreiter Colon lernen. Und das wäre bei weitem noch nicht das Schlimmste.«
Mumm schloss die Augen. Er erinnerte sich daran, wie unerfahren er damals gewesen war. Und Fred… Fred Colon war eigentlich kein schlechter Kerl unter seiner Mischung aus halbherziger Ängstlichkeit und einem ausgeprägten Mangel an Phantasie. Aber Schrulle war ein echt übler Bursche gewesen, auf seine eigene Art, und was Klopf betraf… Klopf hatte Fred ausgebildet, und in diesem Fall konnte der Schüler dem Lehrer nicht das Wasser reichen. Was hatte Sam Mumm von Keel gelernt? Wachsam zu sein, eigenständig zu denken, eine Stelle in seinem Kopf frei zu halten von den Schrulles und Klopfs dieser Welt und nicht zu zögern, heute gemein zu kämpfen, wenn es bedeutete, dass man dadurch auch am nächsten Tag noch kämpfen konnte.
Wahrscheinlich wäre er längst tot, wenn Keel nicht gewesen wäre…
Abrupt hob er den Kopf und richtete einen fragenden Blick auf Lu-Tze.
»Das kann ich dir nicht sagen, Herr Mumm«, sagte der Mönch. »Nichts ist gewiss, wegen der Quanten.«
»Aber ich weiß, dass meine Zukunft geschehen ist, denn ich habe sie erlebt!«
»Nein. Wir haben es hier mit Quanteninterferenz zu
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