Die Nachtwächter
einen großen Teller. Bei diesem Kunden zahlst du vielleicht drauf.«
Er schob Nobby auf eine Sitzbank, stellte den Teller vor ihn hin und nahm auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches Platz.
»Du hast eine Frau erwähnt«, sagte er. »Versuch besser nicht, mich auf den Arm zu nehmen, Nobby«
»Muss ich das mit dir teilen, Oberfeldwebel?«, fragte Nobby und griff nach dem Holzlöffel.
»Es ist alles für dich. Und lass nichts übrig! Vielleicht stelle ich dich später auf die Probe«, meinte Mumm. »Eine Frau, hast du gesagt.«
»Lady Meserole, Oberfeldwebel«, antwortete Nobby undeutlich, mit dem Mund voll Gemüse und Fett. »Piekfein. Alle nennen sie Madame. Kam vor einigen Monaten aus Gennua.«
»Wann sprach sie mit dir?«
»Heute Morgen.«
»Was? Hielt sie dich einfach auf der Straße an?«
»Äh… ich habe eine Art Vertrag mit ihr, Oberfeldwebel.«
Mumm starrte ihn an. Es funktionierte besser als gesprochene Worte. Nobby wand sich voller Unbehagen hin und her.
»Um ganz ehrlich zu sein… Letzten Monat hat sie mich dabei erwischt, wie ich ihre Molle gewehlt habe. Mann, die Dame schlägt vielleicht zu – mich traf’s wie der Tritt eines Maulesels. Als ich wieder zu mir kam, hatten wir dann ein kleines Gespräch, und sie meinte, ich könnte ihr nützlich sein, wie ein Ohr auf der Straße.«
Mumm starrte noch immer, aber er war beeindruckt. Der junge Nobby war ein sehr geschickter Dieb gewesen – wer ihn erwischen wollte, musste sehr aufmerksam sein. Er legte noch etwas mehr Strenge in seinen durchdringenden Blick.
»Na schön, Oberfeldwebel, sie drohte damit, mich der Tagwache zu übergeben, wenn ich ihr nicht helfe«, gestand Nobby. »Man wandert direkt ins Kittchen, wenn einen irgendwelche feinen Leute anzeigen.«
Da hat er verdammt Recht, dachte Mumm. Privates Gesetz. »Und ich will nicht ins Kittchen, Oberfeldwebel. Dort würde ich Sconner begegnen.«
Und er hat dir die Arme gebrochen, erinnerte sich Mumm. »Und warum ist eine feine Dame an mir interessiert, Nobby?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Hab ihr von dir, dem Gefangenenwagen, den Unaussprechlichen und von dem übrigen Kram erzählt. Sie meinte, es hörte sich nach einem interessanten Mann an. Und Rosie Palm zahlt mir einen lächerlichen Cent pro Tag, damit ich dich im Auge behalte. Und Korporal Schnuppel aus der Ankertaugasse zahlt mir einen halben Cent pro Tag, um dich zu beobachten, aber was ist heutzutage ein halber Cent wert, frage ich dich, deshalb beobachte ich dich nur ein wenig für ihn. Oh, und Obergefreiter Coates. Auch von ihm bekomme ich einen Cent.«
»Warum?«
»Weiß nicht. Er hat mich heute Morgen gefragt. Ein Cent-Job.« Nobby rülpste laut. »Besser drin als draußen. Wen soll ich für dich beobachten, Oberfeldwebel?«
»Mich«, sagte Mumm. »Falls du überhaupt noch Zeit für mich erübrigen kannst. Scheinst ja ziemlich beschäftigt zu sein.«
»Du möchtest, dass ich dir folge?«
»Nein. Berichte mir nur, was die Leute über mich sagen. Beobachte alle, die mir folgen. Halt mir den Rücken frei, sozusagen.«
»In Ordnung!«
»Gut. Und noch etwas, Nobby…«
»Ja, Oberfeldwebel?«, fragte Nobby und löffelte noch weiter Brei in sich hinein.
»Gib mir das Notizbuch, das Taschentuch und die vier Cent zurück, die du aus meinen Taschen stibitzt hast!«
Nobby öffnete den Mund, um seine Unschuld zu beteuern, wodurch Plempe auf den Teller zurücktropfte, doch dann sah er den Glanz in Mumms Augen. Stumm holte er die genannten Objekte aus verschiedenen grässlichen Taschen hervor.
»Danke«, sagte Mumm und stand auf. »Ich brauche dir sicher nicht zu erklären, was mit dir geschieht, wenn du noch einmal versuchst, mich zu beklauen.«
»Nein, Oberfeldwebel«, sagte Nobby und senkte den Blick.
»Möchtest du noch einen Teller? Viel Spaß. Ich muss jetzt zur Arbeit.«
»Du kannst dich auf mich verlassen, Oberfeldwebel!«
Als Mumm zum Wachhaus ging, dachte er: Wahrscheinlich kann ich das tatsächlich. Nobby stibitzte, was nicht niet- und nagelfest war, und er drückte sich dauernd, aber er war nicht
schlecht.
Man konnte ihm sein Leben anvertrauen, wenn auch keinen Dollar.
Von einem anderen Straßenhändler kaufte Mumm eine Schachtel mit Schnaufkrauts Dünnen Panatellas. Es fühlte sich nicht richtig an, sie in der Pappschachtel mit sich herumzutragen.
Ein Stimmengewirr schlug ihm entgegen, als er das Hauptbüro der Wache betrat. Wächter standen dort in kleinen Gruppen zusammen. Feldwebel Klopf bemerkte
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