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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mich verfolgt, Nobby Nobbs?«, fragte Mumm. Der Bengel streckte eine schmutzige Hand aus.
Gewisse
Dinge änderten sich nie.
    Mumm holte eine Münze hervor. Auf Nobbys Hand glänzte sie wie ein Diamant im Ohr eines Schornsteinfegers.
    »Einer von ihnen ist eine Frau«, sagte er und grinste. Die Hand blieb ausgestreckt.
    »Ich habe dir gerade eine verdammte Zehn-Cent-Münze gegeben, Junge«, knurrte Mumm.
    »Ja, aber sie genügt nicht…«
    Mumm packte Nobby am Revers seiner schmuddeligen Jacke, hob ihn hoch und stellte erschrocken fest, wie leicht er war.
    Ein Straßenkind, dachte er. Aufgewachsen in einer Welt, die kein Pardon kennt. Es gibt Hunderte wie ihn, die am Rand der Gesellschaft zu überleben versuchen, und Nobby war einer der schlauesten unter ihnen, wenn ich mich recht entsinne. Und er war so zuverlässig wie ein Hammer aus Schokolade. Aber das macht weiter nichts. Es gab Methoden, um damit fertig zu werden.
    »Was kostet es, wenn du für
mich
arbeitest?«, fragte Mumm.
    »Die ganze Zeit.«
    »Ich muss an meine Kunden denken…«
    »Ja, aber ich halte dich mit einer Hand hoch«, erwiderte Mumm. Nobby dachte darüber nach, während seine zu großen Stiefel dreißig Zentimeter über dem Boden schwebten. »Die ganze Zeit?«
    »Ja!«
    »Äh… dafür müsste ich mir jeden Tag eine Lordschaft ansehen können…«
    »Versuch’s noch einmal!«
    »Äh… einen halben Dollar?«
    »Ausgeschlossen. Ein Dollar pro
Woche,
und ich mache dir dein Leben nicht so zur Qual, wie es mir möglich wäre, Nobby«
    Nobby Nobbs hing noch immer an Mumms Hand, während er sich alles durch den Kopf gehen ließ. »Ich, äh, wäre also eine Art Polizist?«, fragte er und lächelte verschlagen.
    »Eine Art.«
    »Der Hauptverdächtige meint, das Leben eines Polizisten sei gut, weil man Dinge klauen kann, ohne dafür eingelocht zu werden.«
    »Er hat das Recht, ja«, sagte Mumm.
    »Und er meint, wenn jemand eine dicke Lippe riskiert, kann man ihm ein Ding verpassen und ihn ins Kittchen bringen«, fuhr Nobby fort. »Ich möchte mal Polizist werden.«
    »Wer ist der Hauptverdächtige?«
    »So nennt meine Mutter den alten Sconner, meinen Vater. Äh… Zahlung im Voraus?«, fragte Nobby hoffnungsvoll.
    »Was glaubst
du

    »Äh. Gut. Nein?«
    »Richtig getippt. Aber ich sag dir was…« Mumm setzte Nobby ab. Leicht wie eine Feder, dachte er. »Du kommst mit, Junge.«
    Ankh-Morpork war voller Männer, die in möblierten Zimmern wohnten – wer ein freies Zimmer hatte, vermietete es. Und abgesehen vom Stopfen und Nähen, das Fräulein Battye zur bestverdienenden Näherin in der Stadt machte, brauchten sie etwas, das Frauen am besten liefern konnten: Mahlzeiten.
    Es gab zahlreiche Esslokale wie das, zu dem Mumm nun unterwegs war. Dort gab es einfaches Essen für einfache Leute, ohne Speisekarten. Man aß das, was einem vorgesetzt wurde, und zwar schnell, und man war froh, dass man es bekam. Wenn es einem nicht schmeckte… Dutzende von anderen füllten sich gern den Magen damit. Das Essen hatte Namen wie Plempe, Gekochter Aal, Labskaus, Feuchte Nelly, Bauchvoll und Sirup-Billy – deftige Speisen, die es in sich hatten und bewirkten, dass man anschließend kaum aufstehen konnte. Meistens enthielten sie viele Rüben, auch wenn das eigentlich nicht der Fall sein sollte.
    Mumm bahnte sich einen Weg zur Theke und zog Nobby hinter sich her. Ein Schild verkündete: »So viel du in zehn Minuten essen kannst – 10 Cent.«
    Darunter stand eine wohlbeleibte Frau mit bloßen Armen an einem großen Kessel, in dem ungewisse Dinge in grauer Flüssigkeit schwammen. Sie bedachte Mumm mit einem abschätzenden Blick und sah dann auf seinen Ärmel.
    »Was kann ich für dich tun, Feldwebel?«, fragte sie. »Was ist mit Feldwebel Klopf passiert?«
    »Oberfeldwebel«, sagte Mumm. »Klopf kam wohl oft hierher?«
    »Zum Mittag-
und
Abendessen.« Das Gesicht der Frau verriet deutlich: jeweils mit Nachschlag. Und er hatte nie bezahlt. Mumm hob Nobby hoch. »Siehst du das hier?«, fragte er.
    »Ist das ein Affe?«, fragte die Frau.
    »Har, har, sehr komisch«, stöhnte Nobby, als Mumm ihn wieder absetzte.
    »Von jetzt an kommt er für eine Mahlzeit pro Tag hierher«, sagte Mumm. »So viel er für zehn Cent essen kann.«
    »Ach? Und wer bezahlt, wenn ich fragen darf?«
    »Ich.« Mumm legte einen halben Dollar auf den Tisch. »Das sind fünf Tage im Voraus. Was gibt’s heute? Plempe? Das lässt Haare auf seiner Brust wachsen, wenn er jemals eine Brust bekommt. Gib ihm

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