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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Nacht. Ihr solltet längst im Bett liegen. Ich weiß, dass ich gern in meinem liegen würde. Und ja, wir haben von der Sache bei den Tollen Schwestern gehört, und es gefällt uns ebenso wenig wie euch. Und wir haben auch von der Düstergutstraße gehört, und
das
gefällt uns ebenfalls nicht. Und mehr habe ich nicht zu sagen. Wenn es immer noch jemanden gibt, der einen Polizisten verprügeln möchte – bitte vortreten. Ich habe meine Uniform ausgezogen, und wir können es gleich hier erledigen, offen und ehrlich, wo es alle sehen. Na, ist jemand interessiert?«
    Etwas streifte seine Schulter und klapperte über die Stufen des Wachhauses.
    Dann ertönte das Geräusch von rutschenden Ziegeln auf der anderen Straßenseite, und ein Mann fiel vom Dach ins Licht. Die Zuschauer schnappten nach Luft. Ein oder zwei kurze Schreie erklangen.
    »Offenbar hast du gerade einen Freiwilligen bekommen«, sagte jemand. Wieder dieses schreckliche, nervöse Kichern. Die Menge teilte sich, und Mumm hatte freie Sicht auf den Neuankömmling.
    Der Mann war tot. Wenn er beim Sturz vom Dach noch nicht tot gewesen war, so hatte der Aufprall sein Leben beendet, denn kein Hals sah normalerweise so aus. Neben ihm lag eine Armbrust.
    Mumm erinnerte sich daran, dass etwas seine Schulter gestreift hatte, und er ging zu den Stufen vor dem Wachhaus zurück. Er brauchte nicht lange, um den in mehrere Stücke zerbrochenen Pfeil zu finden.
    »Kennt jemand diesen Mann?«, fragte er.
    Die Zuschauer – selbst jene, die noch keine Gelegenheit gefunden hatten, sich den toten Armbrustschützen anzusehen – brachten unmissverständlich Ahnungslosigkeit zum Ausdruck.
    Mumm durchsuchte die Taschen des Mannes. Alle waren leer, das genügte für die Identifizierung.
    »Offenbar steht uns eine lange Nacht bevor«, sagte er und bedeutete Colon, die Leiche ins Wachhaus zu bringen. »Meine Damen und Herren, ich muss meine Arbeit fortsetzen. Wenn jemand bleiben möchte, und das wäre mir sehr recht, so bitte ich meine Jungs, ein Feuer anzuzünden. Danke für eure Geduld.« Er griff nach Kettenhemd und Brustharnisch und kehrte damit ins Wachhaus zurück.
    »Was machen die Leute?«, fragte er Sam, ohne sich umzudrehen.
    »Einige gehen fort, aber die meisten stehen herum, Oberfeldwebel«, antwortete Sam und spähte aus der Tür. »Einer von ihnen hat auf dich geschossen!«
    »Tatsächlich? Wer sagt, dass der Mann auf dem Dach zu ihnen gehörte? Das ist eine teure Armbrust. Und er hatte nichts in den Taschen.
Nichts.
Nicht einmal ein benutztes Taschentuch.«
    »Sehr seltsam, Oberfeldwebel«, kommentierte Sam loyal.
    »Vor allem deshalb, weil ich einen Zettel mit der Aufschrift ›Ich bin eindeutig Mitglied eines revolutionären Kaders, darauf könnt ihr euch verlassen‹ erwartet habe«, sagte Mumm und blickte nachdenklich auf die Leiche hinab.
    »Ja, das würde beweisen, dass er ein Revolutionär war«, erwiderte Sam.
    Mumm seufzte und starrte kurz an die Wand. »Fällt jemandem etwas an der Armbrust auf?«, fragte er dann.
    »Es ist die neue Bollsower A7«, sagte Fred Colon. »Keine schlechte Armbrust, Oberfeldwebel. Aber nicht die Waffe eines Assassinen.«
    »Das stimmt«, bestätigte Mumm und drehte den Kopf des Toten, sodass der kleine Metallbolzen hinter dem Ohr sichtbar wurde. »Im Gegensatz
hierzu.
Fred, du kennst alle. Wo kann ich mir um diese Zeit Ingwerbier besorgen?«
    »Ingwerbier, Oberfeldwebel?«
    »Ja, Fred.«
    »Warum…«, begann Colon.
    »Frag nicht, Fred. Hol einfach nur sechs Flaschen.«
     
    Mumm trat zu dem Tisch, wo Dr. Rasen, von faszinierten Zuschauern umringt, an Gappy arbeitete.
    »Wie kommst du voran?«, fragte Mumm und bahnte sich einen Weg durch das Publikum.
    »Langsamer, als ich vorankommen könnte, wenn nicht dauernd jemand im Licht stünde«, sagte Rasen, hob die Pinzette vorsichtig zu einem Becher neben Gappys Hand und ließ einen blutigen Glassplitter hineinfallen. »Freitagabends sehe ich manchmal Schlimmeres. Er wird seine Finger weiter benutzen können, wenn du das wissen willst. Allerdings dauert es bestimmt eine Weile, bis er wieder Schuhe schustern kann. Gut gemacht, danke.«
    Zustimmendes Gemurmel erklang. Mumm sah sich um, ließ den Blick über Polizisten und Zivilisten wandern. Hier und dort wurde leise geflüstert. Er hörte Bemerkungen wie »Üble Sache« und »Es heißt, dass…«
    Er war recht geschickt vorgegangen. Die meisten seiner Jungs wohnten nur ein oder zwei Straßen entfernt. Es war eine Sache, irgendwelche

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