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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bosheit und Dummheit haben den größten Schaden angerichtet. Doch nicht in der Sirupminenstraße. Keel öffnete die Türen und ließ die Straße herein. Ich wünschte, ich wüsste mehr über ihn. In Pseudopolis galt er als langsam, nachdenklich und vernünftig. Hier scheint er regelrecht aufgeblüht zu sein.«
    »Ich habe einen Mann inhumiert, der versuchte, ihn aus dem Hinterhalt zu erledigen.«
    »Tatsächlich? Das klingt nicht nach Schwung. Wie viel schulde ich dir?«
    Der junge Mann namens Havelock zuckte mit den Schultern. »Einen Dollar«, sagte er.
    »Das ist sehr wenig.«
    »Der Bursche war nicht mehr wert. Aber ich muss dich warnen. Vielleicht möchtest du bald, dass ich mich um Keel kümmere.«
    »Jemand wie er schlägt sich bestimmt nicht auf die Seite von Winder und Schwung.«
    »Er ist seine eigene Seite. Er ist eine Komplikation. Vielleicht wäre es besser, wenn er… aufhört, die Dinge zu verkomplizieren.«
    Das Rumpeln der Kutsche unterstrich die Stille, die diesen Worten folgte. Die Fahrt ging jetzt durch einen wohlhabenderen Teil der Stadt, der heller erleuchtet war und wo man die für arme Leute bestimmte Ausgangssperre nicht so streng beachtete. Die dem Assassinen gegenüber sitzende Frau streichelte die Katze auf ihrem Schoß.
    »Nein«, sagte Madame. »Er wird nützlich sein. Alle erzählen mir von Keel. In einer Welt, in der wir uns in Kurven bewegen, schreitet er auf einer geraden Linie voran. Und wer in einer Welt aus Kurven geradeaus geht, lässt Dinge geschehen.«
    Erneut streichelte sie die leise schnurrende Katze. Sie war rötlich gelb und wirkte erstaunlich selbstgefällig, obwohl sie sich gelegentlich am Halsband kratzte.
    »Eine andere Sache…«, sagte die Frau. »Was ist mit dem Buch? Ich möchte kein Aufsehen erregen.«
    »Oh, es war sehr selten und behandelte die Kunst der Unauffälligkeit.«
    »Der dumme Junge hat es verbrannt!«
    »Ja. Zum Glück. Ich dachte schon, er würde das Buch lesen.« Havelock lächelte dünn. »Allerdings hätte ihm bei den längeren Worten jemand helfen müssen.«
    »War es wertvoll?«
    »Unbezahlbar. Besonders jetzt, nachdem es verbrannt ist.«
    »Ah. Es enthielt wichtige Informationen. Vermutlich auch über die dunkelgrüne Farbe. Erzählst du mir davon?«
    »Ich
könnte
dir davon erzählen.« Havelock lächelte erneut. »Aber dann müsste ich jemanden bezahlen, um dich zu töten.«
    »In dem Fall solltest du mir besser nichts erzählen. Aber ich glaube, Hunde-Freund ist ein unangenehmer Spitzname.«
    »Wenn man Vetinari heißt, Madame, kann man mit ›Hunde-Freund‹ einigermaßen zufrieden sein. Setzt du mich bitte ein Stück vom Gildenhaus entfernt ab? Ich möchte übers Dach gehen. Bevor ich du weißt schon wohin gehe, muss ich mich noch um einen Tiger kümmern.«
    »Um einen Tiger. Wie aufregend.« Einmal mehr streichelte die Frau ihre Katze. »Hast du einen Weg hinein gefunden?«
    Vetinari zuckte mit den Schultern. »Den Weg kenne ich seit Jahren, Madame. Aber jetzt hat ein halbes Regiment den Palast umstellt. Vier oder fünf Wachen an jeder Tür, unregelmäßige Streifen und Stichproben. Da komme ich nicht durch. Aber wenn ich erst einmal im Palast drin wäre… Die Männer dort sind kein Problem.«
    Die Katze kratzte sich am Kragen.
    »Ist er vielleicht gegen Diamanten allergisch?«, fragte Madame.
    Sie hob die Katze hoch. »Bist du gegen Diamanten allergisch, Schnutziputzi?«
    Havelock seufzte, aber nur innerlich, denn er respektierte seine Tante. Er wünschte sich nur, sie wäre in Bezug auf Katzen etwas vernünftiger gewesen. Wenn man während eines Gesprächs über Ränke und ähnliche Machenschaften unbedingt eine Katze streicheln wollte, musste es eine weiße mit langem Fell sein und kein an Blähungen leidender Kater von der Straße.
    »Was ist mit dem Oberfeldwebel?«, fragte Havelock und schob sich so höflich wie möglich zur Seite.
    Die violette Frau setzte ihre Katze vorsichtig auf die Sitzbank. Ein übler Geruch breitete sich in der Kutsche aus.
    »Ich glaube, ich sollte John Keel so bald wie möglich begegnen«, sagte sie. »Vielleicht können wir ihn überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten. Die Party steigt morgen Abend. Äh… würdest du bitte das Fenster öffnen?«
     
    Ein wenig später in jener Nacht, nach einem kleinen Umtrunk im Gemeinschaftsraum der Aufsichtsschüler, torkelte Witwenmacher zu seinem Zimmer und bemerkte, dass eine Fackel erloschen war. Mit einer Schnelligkeit, die alle überrascht hätte, die nur sein

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