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Die Nachtwächter

Die Nachtwächter

Titel: Die Nachtwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zerschlug die Flasche an der Mauer neben den Stufen.
    Glas klirrte zu Boden. Mumm beobachtete, wie sich der Gesichtsausdruck des Mannes veränderte. Von Alkohol stimulierter Zorn wich stechendem Schmerz. Der Mund öffnete sich…
    Der Mann schwankte. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, und ein leises Stöhnen kam ihm über die Lippen.
    So sah es aus, im Licht der Laternen: Mumm saß da, in der einen Hand einen Becher, in der anderen eine Zigarre, etwa zwei Meter vor ihm stand der blutende junge Mann. Kein Kampf, die beiden Männer hatten sich nicht einmal berührt… Mumm wusste, wie Gerüchte entstanden, und er wollte, dass sich dieses Bild den Leuten fest einprägte. Sogar die Asche befand sich noch an seiner Zigarre.
    Einige Sekunden saß er ganz still, dann stand er besorgt auf.
    »Ihr dort, helft mir«, sagte er, legte den Brustharnisch beiseite, zog sich das Kettenhemd über den Kopf, griff nach dem Ärmel seines Unterhemds und riss einen langen Streifen ab.
    Seine Kommandostimme veranlasste zwei Männer, sich in Bewegung zu setzen und den Blutenden zu stützen. Einer von ihnen wollte nach der Hand greifen.
    »Fass sie nicht an«, sagte Mumm und zog den Stoffstreifen am Handgelenk des jungen Mannes zusammen. »Er hat die Hand voller Glassplitter. Lasst ihn so vorsichtig wie möglich zu Boden sinken, bevor er umkippt, aber rührt auf keinen Fall etwas an, solange ich diese Aderpresse nicht fertig habe. Sam, geh in den Stall und hol Marlenes Decke. Kennt jemand Doktor Rasen? Heraus mit der Sprache!«
    Einer der Zuschauer bestätigte, den Doktor zu kennen, daraufhin bekam er den Auftrag, ihn zu holen. Er lief sofort los.
    »Ich habe so etwas schon einmal gesehen«, sagte Mumm laut und fügte in Gedanken hinzu: Einmal in zehn Jahren. »Bei einer Schlägerei in einer Taverne. Jemand nahm eine Flasche und wusste nicht, wie man sie richtig zerbricht. Plötzlich hatte er die Hand voller Splitter, und der andere nahm sie und
drückte
sie.« Der Menge entfuhr ein zufriedenstellendes Stöhnen. »Weiß jemand, wer dieser Mann ist?«, fragte er. »Na los, jemand muss ihn doch kennen…«
    Eine Stimme meinte, dass es sich vielleicht um Joss Gappy handelte, einen Schusterlehrling aus dem Neuen Flickschusterweg.
    »Hoffentlich können wir seine Hand retten«, sagte Mumm. »Ich brauche ein neues Paar Stiefel.«
    Eigentlich war es nicht komisch, aber die Zuschauer lachten aus besorgter Nervosität. Dann wichen die Leute beiseite und machten Rasen Platz.
    »Ah«, sagte er und ging neben Gappy in die Hocke. »Weiß eigentlich gar nicht, warum ich ein Bett habe. Unerfahrener Flaschenkämpfer?«
    »Ja.«
    »Sieht so aus, als hättest du alles richtig gemacht, aber ich brauche Licht und einen Tisch«, sagte Rasen. »Können deine Männer ihn ins Wachhaus bringen?«
    Mumm hatte gehofft, dass es nicht dazu kommen würde. Jetzt musste er das Beste daraus machen…
    Er deutete auf mehrere Gestalten in der Menge. »Du und du und du und du und du und auch du, Verehrteste«, sagte er. »Ihr helft Fred und Keule, diesen jungen Mann ins Wachhaus zu bringen. Und ihr bleibt bei ihm, und wir lassen die Türen offen. Damit die Leute hier draußen die ganze Zeit mitbekommen, was passiert. Wir haben keine Geheimnisse. Haben alle verstanden?«
    »Ja, aber du bist ein Polizist…«, sagte jemand.
    Mumm schnellte vor und zog einen erschrockenen jungen Mann am Hemd aus der Menge.
    »Ja, das bin ich«, sagte er. »Und siehst du den Jungen da drüben? Er ist ebenfalls ein Polizist. Er heißt Sam Mumm und wohnt mit seiner Mutter in der Unbesonnenheitsstraße. Und das ist Fred Colon, hat gerade geheiratet und zwei Zimmer im Alten Flickschusterweg. Und Beweisstück C ist Keule. Alle kennen Keule. Und Billy Wiggel wurde in dieser Straße
geboren.
Habe ich nach
deinem
Namen gefragt?«
    »N-nein…«, brachte der junge Mann hervor.
    »Ich habe nicht danach gefragt, weil ich mich nicht darum schere, wer du bist«, sagte Mumm. Er ließ den Mann los, und sein Blick glitt über die Menge. »Hört mir zu, ihr alle! Ich bin John Keel! Niemand wird in dieses Wachhaus gebracht, ohne dass ich den Grund dafür kenne! Ihr seid alle als Zeugen hier! Diejenigen von euch, auf die ich eben gezeigt habe, kommen herein und können sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass alles mit rechten Dingen zugeht! Die anderen möchten bleiben, um zu sehen, was mit Gappy geschieht? Gut. Ich lasse euch von Schnauzi Kakao bringen. Oder ihr geht nach Hause. Es ist eine kalte

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