Die nächste Begegnung
gemeineren Trick vorstellen, um eine Mutter rumzukriegen?«
Nicoles Augen sprühten jetzt Feuer. Katie griff in ihre Tasche, zog eine Zigarette heraus und zündete sie mit zitternden Fingern an. »Und wer kommt zu mir und macht mir einen derartigen Vorschlag?« Nicole brüllte nun laut. »Wer zaubert mir ein köstliches Essen und Wein herbei — und Bilder von meinen Lieben ... um mich weichzukriegen? Damit ich bereitwillig in das Messer laufe, das mich töten wird — ganz gewiss — und viel qualvoller, als irgendein Elektrischer Stuhl es könnte? ... Meine eigene Tochter, die ich in Liebe in meinem Bauch getragen und geboren habe.«
Plötzlich stürzte Nicole vorwärts und klammerte die Finger in Katies Schultern. »Mach dich nicht zur Handlangerin für die, Katie !« Sie schüttelte ihre Tochter, die allmählich Angst zu bekommen schien. »Du bist doch viel zu anständig für so was. Später einmal, wenn sie mich aufgrund dieser falschen Anschuldigungen verurteilt und hingerichtet haben werden, wirst du vielleicht begreifen können, was ich tat.«
Katie machte sich aus dem Griff ihrer Mutter frei und wich stolpernd ein paar Schritte zurück. Sie zog an ihrer Zigarette. Dann sagte sie: »Mutter, das ist doch Kacke«, sagte sie dann. »Ausgesprochner echter Mist ... Du ziehst nur wieder mal deine gewohnte überhebliche, selbstgerechte Show ab ... Jetzt hör mir mal zu, ich bin hergekommen, um dir zu helfen, um dir eine Chance zu bieten, wie du am Leben bleiben kannst .. . Wieso kannst du eigentlich nicht wenigstens einmal in deinem verdammten Leben mal auf jemand andren hören?«
Nicole starrte Katie sekundenlang stumm an. Als sie dann wieder sprach, klang ihre Stimme weicher und leise. »Ich hab gehört, was du mir zu sagen hast, Katie, und mir gefällt nicht, was du mir sagst. Und ich habe dich auch genau angesehen ... Ich glaube nicht eine Sekunde lang, dass du heute hierher- gekommen bist, um mir zu helfen. Das würde so absolut nicht zu dem passen, was man von deinem Charakter in diesen letzten Jahren zu gewärtigen hatte. Nein, hinter dem Ganzen steckt bestimmt irgendein persönlicher Vorteil, den du für dich erwartest.
Außerdem glaube ich keinen Moment lang, dass du irgendwie für Ellie und Patrick sprichst. Wenn sie nämlich mit dir einer Meinung wären, dann wären sie mitgekommen und jetzt hier. Ich muss zugeben, dass ich vor einer Weile recht durcheinander war und das Gefühl hatte, dass ich durch mein Verhalten allen meinen Kindern ein zu großes Maß an Schmerz zumute ... Aber in den letzten paar Momenten habe ich nur allzu gut durchschaut, was hier vor sich geht ... Katie, mein Mädchen, meine liebe Katie ...«
»Du, rühr mich bloß nicht noch mal an!«, schrie Katie, als Nicole sich ihr wieder näherte. Ihre Augen schwammen in Tränen. »Und verschon mich mit deinem überheblichen Mitleid ...«
Dann herrschte kurz Schweigen in der Gefängniszelle. Katie rauchte ihre Zigarette zu Ende und versuchte die Fassung zurückzugewinnen. Schließlich sagte sie: »Schau, Mutter, es ist mir scheißegal, was du von mir denkst ... das spielt überhaupt keine Rolle. Aber wieso ... wieso kannst du nicht auch mal an Patrick denken und an Ellie ... und auch an das Baby Nicole? Ist es dir dermaßen wichtig, 'ne Heilige zu sein, dass sie deswegen leiden müssen?«
»Mit der Zeit werden sie es verstehen«, erwiderte Nicole.
»Mit der Zeit«, fauchte Katie zornig, »mit der Zeit ... aber dann bist du längst tot. Und zwar in ziemlich kurzer Zeit ... Ist dir klar, dass in dem Augenblick, wo ich hier weggehe und Nakamura sage, dass du sein Angebot ablehnst, der Termin für deine Verhandlung festgesetzt wird? Und dass du keine, aber auch nicht die winzigste beschissene Chance hast?«
»Katie, du kannst mich nicht einschüchtern, ich bin nicht erpressbar.«
»Ich kann dich nicht einschüchtern, ich kann dich nicht mal anrühren, zu dir vordringen ... ich kann noch nicht einmal an deinen Verstand appellieren. Wie alle braven richtigen Heiligen hörst du halt nur auf deine eigenen >Stimmen Katie holte tief Luft. »Also, dann ... das war es dann wohl, fürchte ich ... Adieu, Mutter.« Sie konnte nicht verhindern,
dass ihr erneut Tränen in die Augen stiegen.
Nicole weinte ganz unverhohlen. »Mach's gut, Katie«, sagte sie. »Ich hab dich lieb.«
10
»Die Verteidigung kann jetzt ihr Schlussplädoyer beginnen.«
Nicole raffte sich von ihrem Sitz auf und trat um den Tisch herum. Sie war erstaunt darüber,
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