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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Klostergelände vor dem Krieg erkundet hatte. An dieser Stelle mussten irgendwelche Arbeiten vorgenommen worden sein. Aber warum so weit von den Hauptgebäuden entfernt?
    Bei zwei kurzen Probegrabungen in den Jahren 1938 und 1939 hatte Atwood Hinweise auf ein Steinfundament sowie Tonscherben aus dem 12., hauptsächlich aber aus dem 13. Jahrhundert gefunden. Während des Krieges hatte er oft an Vectis gedacht. Warum, zum Teufel, hatte man dort im 13. Jahrhundert so weit abseits vom eigentlichen Kloster gebaut? Diente das Gebäude klerikalen oder säkularen Zwecken? Im Archiv der Klosterbibliothek wurde das Bauwerk nicht erwähnt. Irgendwann hatte Atwood sich damit abgefunden, dass zunächst Hitler besiegt werden musste, bevor er das Rätsel von Vectis in Angriff nehmen konnte.
    Auf der Südseite der Ausgrabungsstätte, dem Meer zugewandt, ließ Atwood einen Hauptgraben ausheben, dreißig Meter lang, vier Meter breit und mittlerweile drei Meter tief. Reggie, der gut mit schwerem Gerät umgehen konnte, hatte die erste Schicht mit einem Bagger abgehoben. Inzwischen arbeitete das ganze Team mit Spaten weiter und trug die Erde eimerweise ab. Sie waren dabei, die Überreste der südlichen Mauer bis zum Fundament freizulegen, um festzustellen, ob hier einmal Wohnquartiere gestanden hatten.
    Atwood und Ernest Murray kratzten an der südwestlichen Ecke des Grabens die Mauer mit Kellen sauber, um den Abschnitt zu fotografieren.
    »Diese Schicht hier«, sagte Atwood und deutete auf einen unregelmäßigen Streifen schwarzer Erde, der sich durch den ganzen Abschnitt zog. »Sehen Sie, wie sie entlang der Oberkante der Mauer verläuft? Das stammt von einem Brand.«
    »Unglück oder Brandstiftung?«, fragte Ernest.
    Atwood zog an seiner Pfeife. »Das ist schwer zu sagen. Es gibt historische Beispiele dafür, dass in Zusammenhang mit Ritualen absichtlich Feuer gelegt wurde.«
    Ernest runzelte die Stirn. »Aber hier? Das ist nicht gerade eine heidnische Opferstätte. Wir sind innerhalb der Klostermauern, und zur Zeit des Brandes gab es das Kloster bereits!«
    »Das stimmt, Ernest. Sagen Sie, wollen Sie nicht doch noch einmal über eine Universitätskarriere in der Archäologie nachdenken?«
    Der jüngere Mann zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht.«
    »Nun, während Sie über Ihre Zukunft nachdenken, sollten wir die Fotos machen und dann etwa einen halben Meter tiefer graben. Wir können nicht mehr weit vom Fußboden des Gebäudes weg sein.«
    Atwood schickte die drei Studenten in die südwestliche Ecke, wo sie den Graben vertiefen sollten. Beatrice stellte daneben einen Klapptisch auf und katalogisierte Tonscherben, während Atwood Ernest und Reggie zur nordwestlichen Ecke der Ausgrabungsstätte mitnahm, wo sie einen kleineren Graben anlegen wollten, um das andere Ende der Mauerfundamente zu finden. Im Verlauf des Vormittags wurde es spürbar wärmer, und die Ausgräber legten einen Pullover nach dem anderen ab, bis sie nur noch ihre Hemden anhatten.
    Um die Mittagszeit ging Atwood hinüber zu dem tiefen Graben. Es gab Neuigkeiten. »Was ist das? Ist das noch eine weitere Mauer?«, fragte Atwood.
    »Ich glaube schon«, sagte Dennis aufgeregt. »Wir wollten Sie gerade holen.«
    Sie hatten die Oberkante einer schmaleren Steinmauer freigelegt, die in etwa zwei Meter Abstand parallel zum Hauptfundament verlief.
    »Sehen Sie? Da ist eine Lücke, Professor«, sagte Timothy. »Könnte da eine Tür gewesen sein?«
    »Nun, vielleicht. Wahrscheinlich«, sagte Atwood und stieg in den Graben. »Könnt ihr hier noch ein bisschen tiefer gehen?«, fragte er und deutete auf eine Stelle des Bodens. »Wenn die innere Mauer parallel zur äußeren verläuft, würde ich sagen, wir haben es mit einem kleinen Raum zu tun. Wäre das nicht schön?«
    Die drei jungen Männer knieten sich hin und trugen die Erde mit Maurerkellen ab. Dennis arbeitete nahe der äußeren Mauer, Martin bei der inneren, Timothy in der Mitte. Innerhalb von wenigen Minuten stießen alle drei auf Stein.
    »Sie haben recht, Professor!«, rief Martin verblüfft.
    »Na ja, ich beschäftige mich ja auch schon ein paar Jahre mit solchen Sachen. Irgendwann bekommt man ein Gespür dafür.« Zufrieden zündete er sich eine Pfeife an. »Nach dem Essen graben wir bis auf Bodenhöhe und versuchen herauszufinden, wozu der kleine Raum diente.«
    Die jungen Männer beeilten sich mit dem Mittagessen. Sie konnten es kaum abwarten, weiterzumachen. Sie schlangen ihre Käse-Sandwiches hinunter,

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