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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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Gänsemarsch; den Abschluss bildete Beatrice, von deren Wagemut nichts mehr zu bemerken war.
    Als alle die enge Wendeltreppe hinter sich gebracht hatten, die, wie Atwood schätzte, zehn bis fünfzehn Meter tief in die Erde führte, fanden sie sich in einem Raum wieder, der nicht viel größer war als zwei Londoner Taxis. Die Luft war abgestanden, und Martin, der zu Klaustrophobie neigte, bekam augenblicklich Beklemmungen. »Ziemlich eng hier unten«, stöhnte er.
    Sie ließen ihre Taschenlampen kreisen, deren Strahlen sich schnitten wie die der Flakscheinwerfer während der Luftangriffe auf London.
    Reggie bemerkte die Tür als Erster. »Hallo! Was haben wir denn hier?« Im Schein seiner Taschenlampe musterte er die wurmstichige Fläche. Ein großer Eisenschlüssel ragte aus dem Schlüsselloch.
    Atwood leuchtete den Schlüssel an und sagte: »Wer A sagt, muss auch B sagen. Seid ihr bereit?«
    Dennis trat neben ihn. »Jederzeit!«
    »Na schön«, sagte Atwood. »Die Ehre gebührt Ihnen, Reggie.«
    Von ihrem Platz aus konnte Beatrice nicht genau sehen, was vor sich ging. »Was macht ihr da?« Ihre Stimme klang angespannt.
    »Wir schließen eine verdammt große Tür auf«, erklärte Timothy.
    »Dann beeilt euch aber mal ein bisschen«, drängte Martin, »sonst gehe ich wieder rauf. Ich bekomme keine Luft.«
    Reggie drehte den Schlüssel, und sie hörten das Klicken der Schließmechanik. Er drückte den Handteller an das kühle Holz, doch die Tür bewegte sich nicht. Sie widerstand ihm, bis er die ganze Kraft seiner breiten Schultern einsetzte.
    Dann öffnete sie sich knarrend.
    Sie schlurften hindurch wie eine Reihe Kettensträflinge und leuchteten den dahinterliegenden Raum mit ihren Taschenlampen aus.
    Er war größer als der erste, viel größer.
    Sie versuchten, die einzelnen Eindrücke, die sich ihnen in den Strahlen der verschiedenen Taschenlampen boten, zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, trotzdem konnten sie kaum glauben, was sie da vor sich sahen, jedenfalls nicht auf den ersten Blick.
    Niemand wagte zu sprechen.
    Sie standen in einem Raum mit einer hohen Kuppeldecke, der etwa so groß war wie ein Konferenzsaal oder ein kleines Theater. Die Luft war kühl. Trocken und schal. Der Boden und die Wände bestanden aus großen Steinblöcken. Atwood nahm die baulichen Besonderheiten in sich auf, doch es war vor allem ein langer Holztisch mit einer dazugehörenden Bank, der ihn zusammenzucken ließ. Er ließ den Strahl seiner Taschenlampe von links nach rechts darüberwandern und schätzte, dass der Tisch über fünf Meter lang war. Er trat näher, bis er mit den Oberschenkeln gegen die Tischplatte stieß. Er richtete seine Lampe auf die Platte. Da stand ein Steinguttopf, etwa so groß wie eine Teetasse, der eine schwarze Masse enthielt. Ein Stück weiter stand ein zweiter Topf, dann ein dritter, ein vierter.
    Konnte das sein?
    Er richtete den Strahl seiner Lampe hinter den Tisch.
    Dort stand ein weiterer Tisch. Und danach noch einer. Und noch einer. Und noch einer.
    Seine Gedanken überschlugen sich. »Ich glaube, ich weiß, was das ist.«
    »Ich bin ganz Ohr, Prof«, sagte Reggie leise. »Was, zum Teufel, ist das?«
    »Das ist ein Skriptorium. Ein unterirdisches Skriptorium. Einfach unglaublich.«
    Reggie klang gereizt. »Wenn ich wüsste, was das heißt, wüsste ich auch, was das hier ist, nicht wahr?«
    Beatrice erklärte es ihm: »Es ist ein Raum, in dem Mönche Manuskripte kopiert haben. Wenn ich mich nicht irre, wurde bisher noch nie ein unterirdisches Skriptorium entdeckt.«
    »Du irrst dich nicht«, sagte Atwood.
    Dennis wollte einen Tintentopf in die Hand nehmen, doch Atwood hielt ihn zurück. »Nichts anrühren. Alles muss in situ fotografiert werden, genau so, wie wir es vorgefunden haben.«
    »Meinen Sie, wir finden hier unten auch Manuskripte?«, fragte Dennis.
    »Wäre das nicht wunderbar?«, sagte Atwood versonnen. »Aber ich fürchte, das ist sehr unwahrscheinlich.«
    Sie beschlossen, sich aufzuteilen, um den Raum rundum zu erkunden. Ernest ging mit den drei Studenten nach rechts, Atwood führte Reggie und Beatrice nach links. »Seid vorsichtig«, schärfte Atwood ihnen ein.
    Atwood zählte im Vorübergehen die Tischreihen und war gerade bei fünfzehn angelangt, als er sah, dass der Strahl von Reggies Lampe auf eine weitere große Tür an der Rückseite des Raums fiel. »Und? Haben Sie Lust, da auch noch durchzugehen?«, fragte Reggie.
    »Warum nicht?«, antwortete Atwood. »Das hier ist

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