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Die Namen der Toten

Die Namen der Toten

Titel: Die Namen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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in den zweiten Raum. Hier waren sie mit dem Verlegen der Kabel noch nicht allzu weit gekommen, deshalb hielt sich Beatrice dicht bei Atwood, während sie dem schwachen gelblichen Schein seiner Taschenlampe folgten. Sie drangen tief zwischen die dunklen Regale vor. Schließlich blieb Atwood stehen und tippte auf einen Buchrücken: 1806.
    Er ging weiter. »Ah, wir kommen der Sache näher, 1870.«
    Im Vorbeigehen musterte er die Daten auf den Buchrücken der folgenden Reihen und blieb dann wieder stehen. »Da wären wir, 1895, ein sehr gutes Jahr.«
    »Warum?«, fragte sie.
    »Es ist das Jahr, in dem ich geboren bin. Sehen wir doch mal nach. Würdest du das Licht bitte näher an das Buch halten? Nein, ich muss ein bisschen zurückgehen, dieser Band hier fängt mit September an.«
    Er stellte das Buch zurück und versuchte es mit zwei danebenstehenden. Dann rief er: »Aha! Januar 1895. Ich hatte vor zwei Wochen Geburtstag, weißt du. Da hätten wir’s, 14. Januar, so viele Namen. Meine Güte! Das Ding enthält sämtliche Sprachen der Welt! Hier ist Chinesisch, Arabisch, Englisch natürlich, Spanisch, ist das da Finnisch? – Und ich glaube, das ist Kisuaheli, wenn ich mich nicht irre.« Er fuhr mit dem Finger ein paar Zentimeter weiter, dann hielt er inne. »Bei Gott, Beatrice! Schau her! Geoffrey Phillip Atwood 14 1 1895 Natus . Da bin ich! Da bin ich, verdammt nochmal! Woher, zum Teufel, wussten sie, dass Geoffrey Phillip Atwood am 14. Januar 1895 geboren werden würde?«
    Ihre Stimme zitterte. »Dafür gibt es keine rationale Erklärung, Geoffrey.«
    »Außer, dass sie überaus kluge Gestalten waren, meinst du nicht auch? Ich wage zu behaupten, dass sie diejenigen sind, die in den Katakomben liegen. Sonderbehandlung für besonders kluge Gestalten. Die wollten ihre Spezialtruppe nicht auf dem normalen Friedhof begraben. Komm, lass uns nach einem jüngeren Datum suchen, ja?«
    Sie sahen sich eine Zeitlang im zweiten Raum um. Plötzlich blieb Atwood so abrupt stehen, dass Beatrice, die hinter ihm gegangen war, mit ihm zusammenprallte. Er stieß einen leisen Pfiff aus. »Schau dir das an, Beatrice!«
    Er richtete die Taschenlampe auf ein Kleiderbündel, das am Ende einer Reihe auf dem Boden lag, einen Haufen aus braunem und schwarzem Stoff, der aussah wie für die Wäsche bestimmt. Vorsichtig traten sie näher, bis sie das Bündel genau ansehen konnten, und stellten erschrocken fest, dass sie ein vollbekleidetes Skelett vor sich hatten.
    An dem großen gelblichen Schädel hingen noch ein paar ledrige Fleischfetzen und einige dunkle Haarsträhnen. Daneben lag eine flache schwarze Kappe. Das Hinterhauptsbein war von einem Schädelbruch eingedrückt, und an den Steinen darunter haftete rostig braun verfärbtes, eingetrocknetes Blut. Die Kleidung deutete darauf hin, dass sie einen männlichen Toten gefunden hatten. Es waren ein schwarzes, wattiertes Wams mit hohem Kragen, eine braune Kniebundhose, schwarze Strümpfe, die lose um die langen Knochen hingen, und Lederstiefel. Der Tote lag auf einem langen schwarzen Umhang, dessen Kragen mit verschlissenem Pelz besetzt war.
    »Dieser Bursche stammt eindeutig nicht aus dem Mittelalter«, murmelte Atwood.
    Beatrice hatte sich bereits hingekniet und sah ihn sich genauer an. »Elisabethanisch, würde ich sagen.«
    »Bist du dir sicher?«
    Am Gürtel des Skeletts hing ein Beutel aus roter Seide, bestickt mit den Buchstaben J. W Sie tippte ihn mit dem Zeigefinger an, löste dann vorsichtig die trockene Schnur und schüttelte silberne Münzen in ihre Hand. Es waren Shillings und Dreipencestücke. Atwood leuchtete mit seiner Taschenlampe darauf. Sie erkannten das recht maskuline Profil von Elizabeth I. Beatrice drehte die Münze um. Über dem Wappen war die Jahreszahl eingeprägt: 1581.
    »Ja, ich bin sicher«, flüsterte sie. »Was wollte er deiner Meinung nach hier, Geoffrey?«
    »Ich glaube, der heutige Tag wird uns mehr Fragen als Antworten bringen«, erwiderte er nachdenklich. Sein Blick wanderte zu den Büchern über dem Toten. »Sieh mal! Die Bücher, die hier am nächsten stehen, sind mit 1581 datiert! Das ist bestimmt kein Zufall. Wir kommen später mit dem Fotoapparat zu unserem Freund zurück, aber lass uns erst einmal unser ursprüngliches Vorhaben zu Ende bringen.«
    Vorsichtig gingen sie um das Skelett herum und setzten ihren Weg zwischen den Regalen fort, bis Atwood das Gesuchte fand.
    Glücklicherweise standen die Bände mit der Jahreszahl 1947 in Reichweite, sodass sie

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