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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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überkreuzt, zog sie die Arme blitzschnell auseinander und führte sie seitlich schräg nach unten, um in derselben Bewegung einen nach rechts geschwungenen tabigata zu schlagen. Einer der Angreifer stürzte, bevor er Zeit fand zu begreifen, daß die überaus scharfe Klinge ihn getroffen hatte. Erst als er am Boden lag, schrie er gellend auf. Schon wirbelte Gorma erneut herum; mit einem blitzschnellen Schulter-Seite-Hieb streckte sie den zweiten Tritonen nieder. Bevor Kalisse hinter ihr her kam, hatte sie den Kampf bereits entschieden.
    »Hoffentlich hat der Schrei uns nicht verraten.«
    »In dieser Umgebung werden wir mit den Fischmenschen leicht fertig.« Gorma zeigte auf die Türöffnung, die ihnen gegenüber lag. »Dort irgendwo muß der Zugang zum inneren Tempel liegen. Beeilt euch.«
    Sie hatten den Raum zur Hälfte durchquert, als abermals jenes Knirschen ertönte, das entstand, wenn die großen Felsquader bewegt wurden. Die Blöcke verschoben sich.
    Gorma erkannte sofort, daß sie es nicht schaffen konnten. Zumindest nicht alle. Scida und Sosona waren noch zu weit hinten, und die sich schließenden Türen würden sie zermalmen.
    »Zurück!« rief Gorma deshalb aus.
    Doch zu spät. Auch der Weg, den sie gekommen waren, wurde ihnen versperrt.
    »Verdammt!« fauchte Kalisse. »Wir sitzen in der Falle.« An einen Zufall wollte niemand glauben.
    »Laßt euch nicht einschüchtern.« Gorma wischte sämtliche Bedenken mit einer einzigen Handbewegung beiseite. »Türen kann man wieder öffnen.«
    Irgendwo plätscherte es. Gerrek sah als erster, daß ein kaum einen halben Schritt messendes Wandstück unmittelbar über dem Boden verschwunden war. In dickem Schwall sprudelte es dort hervor.
    Im Nu reichte den Kriegerinnen das Wasser bis an die Knie, und es stieg rasch weiter.
    Gorma hatte inzwischen die Wand erreicht. Sie stieß ihr Seelenschwert in den Türspalt, aber nichts geschah.
    »Wir werden ertrinken«, krächzte Gerrek.
    »Unsinn«, fuhr Kalisse ihn an. »Die Flut kann nur bis zu einer bestimmten Höhe steigen. Unter der Decke wird Luft genug bleiben; wir müssen uns nur schwimmend oben halten.«
    Sie verloren den Boden unter den Füßen. Wie er es gelernt hatte, teilte Gerrek das Wasser mit beiden Händen und strampelte kräftig mit den Beinen. Den Kopf hielt er dabei weit in den Nacken gelegt.
    »Wie ein Ochsenfrosch«, grinste Kalisse anzüglich. »Aber nein, eher noch wie eine Ratte…«
    Aus naheliegenden Gründen verzichtete der Beuteldrache auf eine heftige Erwiderung, wandte der Amazone jedoch spontan den Rücken zu.
    Das Wasser stieg weiter.
    Und dann bemerkte Gorma die kaum fingerdicken Löcher in der Decke und wurde bleich.
    »Die Luft kann entweichen«, stieß sie hastig hervor. »Was machen wir?«
*
    Das Geräusch näher kommender Schritte schreckte Mythor aus dem leichten Schlaf hoch, in den er kurz zuvor versunken war. Der Schein der allmählich erlöschenden Fackeln an den Wänden war unstet und düster und warf huschende Schatten, die das Auge narrten.
    Mythors Rechte zuckte zum Schwert, aber dann erklang Learges’ Stimme.
    »Wir haben herausgefunden, wo eure Freunde sich befinden. Sie sind in die Randbezirke des großen Tempels eingedrungen. Der Fluch der Göttin wird sie dafür strafen.«
    Gudun lachte hell auf. Aber dieses Lachen klang nicht echt, es brachte vielmehr eine tief empfundene Besorgnis zum Ausdruck.
    »Können wir Gerrek und den anderen helfen?« wollte Mythor wissen.
    In durchaus menschlicher Geste zog Learges die Schultern hoch.
    »Ein zielsicherer Dreizack und ein gut geführtes Schwert vermögen vieles«, antwortete er ausweichend.
    »Fürchtest du Anemona und die Meermutter?« fragte Gudun.
    »Niemand, der ungebeten die Tempelkuppel betrat, kam je wieder zum Vorschein. Ein Opfer ist schnell dargebracht.«
    »Davor scheuen wir nicht zurück«, meinte Gudun. »Gib uns die Möglichkeit, den Tempel zu erreichen, und wir werden das Wagnis eingehen.«
    »Ich habe nicht erwartet, etwas anderes zu hören - Kämpfer wie euch trifft man nicht alle Tage. Deshalb werden zehn der im Umgang mit Waffen gewandtesten Okeazar, die mir treu zur Seite stehen, euch begleiten. Die Macht der Meermutter muß endlich gebrochen werden. «Vor Erregung ballte Learges die Fäuste. »Ich selbst leide noch unter meinen Verletzungen und kann euch deshalb nicht begleiten, wahrscheinlich wäre ich mehr Last denn Hilfe. Aber ich werde zu den Geistern des Grundlosen Wassergrabens flehen, sie mögen euch

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