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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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ich schätze ihre Zahl auf zwei bis drei Dutzend. Wir müssen einen weiten Umweg machen, wollen wir heil nach Ptaath zurückkehren.«
    »Worauf wartest du dann noch«, rief Burra erzürnt aus. »Die Zeit brennt mir auf den Nägeln. Bringe uns in die Nähe der Tempelkuppel, zu Learges.«
*
    »Dein Hochmut wird nicht von langer Dauer sein.« Beinahe zwei Tage hatte die Namenlose ihre Gefangene der Ungewißheit überlassen, nun war sie gekommen, um ihr Verachtung und Spott ins Gesicht zu schleudern.
    Zaem ließ sich jedoch nicht herausfordern.
    »Du wartest auf deine Kriegerin«, höhnte die Meermutter. »Sie wagt es nicht, mit leeren Händen zu kommen.«
    Zaem blieb noch immer unbewegt.
    »Das Rysha-Horn ist für dich verloren«, fuhr die Namenlose fort. »Meine Kräfte waren stärker als alles, was du dagegenzusetzen hattest.«
    Erstmals begann es um Zaems Mundwinkel zu zucken. Ihre Widersacherin lachte.
    »Unterwerfe dich mir, Zaem, werde meine Sklavin. Nur dann kannst du dein erbärmliches Leben retten. Aber überlege es dir bald, denn ich bin nicht gewohnt, daß man mich warten läßt.«
    Damit ließ sie Zaem allein - eine Zaubermutter, die in diesem Augenblick noch nicht wußte, ob sie Hoffnung schöpfen durfte oder resignieren mußte.
    So oder so, die Entscheidung würde bald fallen.
*
    »Was ist, warum schwimmt er nicht weiter?« Bevor Burra sich ernsthaft ereifern konnte, stieß Mergas die lockeren Pflanzenstränge im Boden des Pferchs beiseite und zwängte sich durch die so entstandene enge Öffnung herein. Zwischen den beiden Inseln Mnora-Pas und Mnora-Lör hindurch hatte er von Osten her nach Ptaath vordringen wollen.
    »Tritonen«, pfiff er aufgeregt. »Nicht weit vor uns. Sie kämpfen miteinander.«
    »Rebellen?« fragte Burra verblüfft.
    »Ich weiß nicht. Learges jedenfalls würde es nicht wagen, offen anzugreifen. Wir sind noch zu wenige und können nur aus dem Verborgenen heraus vorgehen.«
    »Möglich, daß einige von euch entdeckt wurden.«
    »Dann müssen wir ihnen beistehen.«
    Burra winkte ab.
    »Unser Vorhaben duldet keinen Aufschub«, knurrte sie. »Geleite uns sicher zur Tempelkuppel, mehr verlange ich nicht.«
    »Aber…«, begann Mergas.
    »Kein Aber! Kehre um und bringe uns südlich an Mnora-Pas vorbei! Wirklich wichtige Dinge erfordern eben manches Opfer.«
    »Der Okeazar ist erschöpft«, meinte Gudun, als der Pferch sich nur zögernd wieder in Bewegung setzte.
    »Wir sollten ihm etwas Ruhe gönnen.«
    »Willst du der Namenlosen Gelegenheit geben, uns hier aufzuspüren? Mit jeder Handbreit, die die Sonne über den Himmel wandert, wächst die Gefahr.«
    »Wie hast du es dann geschafft, sie zu betrü…?«
    »Sei still!« brauste Burra auf. »Und wage nicht noch einmal, danach zu fragen. Du wirst es früh genug erfahren.«
    Einige verfallene Gebäude kamen in Sicht. Schwärme von Fischen tummelten sich zwischen ihnen. Fast mannshohes Seegras wucherte auf den einstigen Straßen und Plätzen.
    Allmählich wurde die Luft schlecht, die man atmete. Niemand redete mehr. Burra starrte unablässig ins Wasser hinaus, wo sie bald die Tempelkuppel zu sehen erwartete.
    Mergas hielt sich wohlweislich in der Nähe verlassener, unbewohnbarer Bezirke von Ptaath. Aber selbst als er die eigentliche Stadt erreichte, lag diese wie ausgestorben da.
    »Seltsam«, stellte sogar Burra fest.
    Kurz darauf gewahrte sie zwei Tritonen, die schräg über ihnen schwammen. Als sie allerdings genauer hinsah, stellte sie fest, daß beide tot waren. Kurze, aus Fischknochen geschnitzte Pfeile ragten aus ihren Leibern.
    »Was mag geschehen sein?«
    Bevor Gudun und Mythor antworten konnten, wurde der Pferch erschüttert. Von allen Seiten her drangen Fischmenschen auf die Luftblase ein. Ihre Übermacht war groß. Mergas, der sein Heil in der Flucht suchte, wurde von einem Dreizack getroffen.
    Einer der Angreifer kam nahe an das Pflanzengeflecht heran und gab durch Handzeichen zu erkennen, daß er es betreten wolle. Mit den Schwertern in Händen empfingen ihn die Amazonen.
    »Ihr seid frei«, war das erste, was der Tritone sagte. Er war ein wenig größer als die meisten, die Mythor bisher zu Gesicht bekommen hatte, und wirkte fremdartiger, verwegener.
    »Frei?« echote Burra. »Was soll das heißen?«
    »Bringt euch in Sicherheit, kehrt zurück, woher ihr gekommen seid. Die Macht der Anemona und Meermutter wird bald ein Ende finden.«
    »Du Narr! Was ist bloß in Learges gefahren, daß er solche Befehle gibt? Die eigenen Leute

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