Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
anzugreifen…«
    »Du meinst…«
    »Verdammt noch mal, ja. Mergas war einer von euch.«
    »Er ist nicht tot«, versetzte der Okeazar. »Nur verwundet.«
    »Davon haben wir nichts«, brauste Burra auf. »Wir müssen schnellstens zur Tempelkuppel gelangen.«
    »Ich kann mir keinen vernünftigen Grund vorstellen, der dafür spräche. Damit begebt ihr euch freiwillig in die Gewalt der Meermutter.«
    Burra war nahe dran, sich auf den Okeazar zu stürzen. Nur mit Mühe beherrschte sie sich.
    »Du scheinst nicht zu wissen, was hier geschieht«, sagte sie mit gefährlich leiser Stimme. »Woher kommst du eigentlich?«
    »Wir alle«, erwiderte der Fischmensch, »stammen nicht aus Ptaath. - Aber wenn du willst, helfen wir dir und deinen Begleitern.«
    »Natürlich will ich«, schnaufte Burra. »Bringe uns endlich zu Learges, und wenn du nicht weißt, wo er zu finden ist, dann frage jemanden, der mehr Ahnung hat als du.«
    »Ich kenne ihn«, sagte der Okeazar zu ihrer Verblüffung. »Immerhin sind wir zusammen aufgewachsen.«
    Zweihundert Schritte von dem ringförmigen Wassergraben entfernt, in einem unscheinbaren Bauwerk, dem man seine Besonderheit von außen nicht ansah, wartete Learges. Es gab nur einen einzigen Raum, doch der war in zwei verschiedene Ebenen unterteilt. Der Wasserspiegel endete, wo die obere begann. Türen und Fenster lagen darunter, so daß die angestaute Luft nicht entweichen konnte. Deshalb fehlten auch die ansonsten üblichen üppig wuchernden Pflanzen.
    Von zwei Tritonen geführt, betraten Burra, Gudun und Mythor das Haus. Learges sah schlecht aus, er wirkte eingefallen als habe er die Schwindsucht. Seine Wunden eiterten.
    »Ihr wart lange fort«, eröffnete er, bemüht, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. Doch recht wollte ihm dies nicht gelingen. Er merkte es selbst und vollführte eine ärgerliche Geste. »Viel ist in der Zwischenzeit geschehen.«
    »Wir haben Okeazar kämpfen sehen«, sagte Gudun.
    »Aleoch«, nickte Learges schwer. »Er und viele aus dem Grundlosen Wassergraben sind in Ptaath eingefallen. Mein Mentor las die Zukunft in den Windungen einer Wasserschnecke und kam, um mir beizustehen. Denn der Tod der Meermutter ist gewiß. So wie Aleoch mich vor etlichen Monden aussandte, so folgte er mir nun nach. Unseren Freunden gelang es bereits, in die äußeren Tempelbauten vorzudringen.«
    »Sie sollen sich zurückziehen«, fuhr Burra auf.
    Ungläubig war Learges’ Blick, als er sie anstarrte.
    »Ich weiß, daß ich sterben werde - meine Verletzungen heilen nicht aus. Aber ich hoffe, wenigstens lange genug zu leben, um unserem größten Triumph beizuwohnen.« Von Schmerzen geschüttelt, unterbrach er sich, redete jedoch weiter, nachdem er kurz untergetaucht war. »Deine Bitte würde meinem Leben den letzten Sinn nehmen. Weshalb sollen wir aufgeben, sind wir doch dem Sieg so nahe wie nie?«
    »Keine Bitte«, sagte Burra, »sondern ein Befehl.«
    »Wieso?«
    »Weil ich um Zaems Leben fürchte. Die Meermutter wird sie vernichten, sobald sich ihre Niederlage abzuzeichnen beginnt.«
    »Das mag für dich Grund genug sein, niemals aber für uns Okeazar.«
    Burra zog beide Schwerter und machte einen raschen Schritt auf Learges zu.
    »Wenn du mich tötest«, rief er, »gewinnst du dennoch nichts. Überlege, ob es nicht besser wäre, wir verbündeten uns. Es gibt einen Geheimgang in den Tempel - ihn kann ich euch führen. Die Okeara-lör werden uns nicht aufspüren, denn ihre Aufmerksamkeit gilt allein unseren Kriegern.«
    »Das Angebot darfst du nicht ausschlagen«, meinte Gudun.
    »Ja, möglicherweise…« Burra zögerte. »Aber die Tritonen sollen auch einen Boten zur Sturmbrecher senden, der das Schiff durch die Untiefen lotst. Nach Lage der Dinge ist jede Verstärkung willkommen.«
    »Damit bin ich einverstanden«, sagte Learges.
*
    Der geheime Zugang zum Tempel verlief unter dem Meeresboden und begann in einem unscheinbaren, von Muschelkolonien übersäten Hügel an der Rückwand eines halb verfallenen Gebäudes. Inzwischen wurde an vielen Stellen der Stadt gekämpft. Die Angreifer waren nicht aus der Richtung des Grundlosen Wassergrabens gekommen, sondern von Süden, von Ngore her. Das erklärte, weshalb dort noch immer viele Jäger warteten.
    Learges und eine Handvoll seiner Rebellen geleiteten den Pferch mit Burra und deren Begleitern sicher ans Ziel. Aber nur er und die drei Menschen drangen vom Innern des Hauses in den Stollen vor. Da dieser teilweise überflutet war, mußten

Weitere Kostenlose Bücher