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Die Namenlose

Die Namenlose

Titel: Die Namenlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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überraschend.
    »Nebelmonster!« fauchte Burra verächtlich. »Sie werden uns nicht aufhalten können.«
    In der Tat war jeglicher Dunst verschwunden. Nur noch vereinzelte Schwaden trieben ziellos dicht über dem Boden dahin, ballten sich zusammen und wuchsen ebenfalls zu monströsen Gestalten auf.
    Über allem lag der rötliche Schein der sinkenden Sonne. In der Ferne konnte man das Meer erkennen. Selbst jene dunkle Wolke, die Ngore wie ein Gürtel umschlossen hatte, schien lichter geworden zu sein.
    Die Angreifer trugen keine Waffen; allein ihre Existenz machte sie zu überlegenen Gegnern. Von ihnen ging das aus, was bezeichnend war für Ngore - eine Aura, angesiedelt zwischen Gut und Böse.
    Mit dem Mut der Verzweiflung fochten die Amazonen. Aber einige der Riesen drangen zwischen die Bäume vor, um ihnen in den Rücken zu fallen.
    Beidhändig schwang Mythor sein gläsernes Schwert, das ein lautes Klagen von sich gab. Es bedurfte etlicher Hiebe, um auch nur eine der Schattengestalten aufzuhalten. Sie starben nicht, sondern lösten sich einfach auf, um als Nebel von neuem zu geisterhaftem Leben zu erwachen.
    Das Ende war bald abzusehen. Schweißüberströmt, mit Gliedern schwer wie Blei, würden Mythor und die Amazonen den Kampf verlieren.
    Allmählich zog die Nacht herauf. Die Sonne schickte sich an, hinter dem Horizont zu versinken. Nur mehr eine halbe Scheibe, schoben sich düstere Wolken vor ihr Antlitz.
    »Gebrauche endlich das Rysha-Horn«, keuchte Gudun. »Sonst werden wir diese Insel nie mehr verlassen.«
    »Du weißt nicht, was geschehen würde.« Burras Antwort klang endgültig.
    »Mag das Meer sich auftun und Ngore verschlingen - diese Schatten vergehen jedenfalls mit uns.«
    »Die Schwarze Mutter will das Horn«, stieß Burra hastig hervor, während sie, in ihren Bewegungen durch das Instrument behindert, zwei der Riesen zugleich abwehrte. »Sie weiß, daß Zaem sie damit überwältigen kann.«
    Mythor führte wuchtige Schläge. Ein armdicker Stamm fiel unter Altons Schärfe, während der Gorganer sich mit einem raschen Sprung zur Seite vor den Ästen rettete.
    »Die Schwarze wird auch so bekommen, was sie will«, stellte er fest.
    Burra schwieg dazu. Eine Weile war nur ihr Keuchen zu vernehmen, dann schien sie zu einem Schluß gelangt zu sein.
    »Du hast recht«, nickte sie, »auch wenn du nur ein Mann bist. Es gibt Momente im Leben, die besonnenes Handeln erfordern. Wenn wir hier sterben, werden wir das Rysha-Horn jedenfalls nie zurückgewinnen können.«
    Und laut rief Burra:
    »Weib, deren Namen kein Lebender nennt, höre mich an. Du willst die Waffe, mit deren Hilfe Zaem den Sieg erringen würde. Nimm sie, doch verschone uns, die wir nur Dienerinnen der Mächtigen sind.«
    Mit weit ausholender Bewegung schleuderte sie etwas von sich. Mythor konnte nicht erkennen, was es war. Höchstens die hölzerne Gabel, die sie im Gürtel stecken hatte. Im Nu war der Spuk vorüber - ebenso schnell wie er gekommen war. Nur dort, wo das, was die Amazone geworfen hatte, den Boden berührte, ballte dichter Brodem sich zusammen, schien die Schwärze von hundert Nächten zugleich zu entstehen.
    Während Mythor krampfhaft all seine Fragen unterdrückte, flüsterte Gudun leise: »Wie hast du…«
    »Halt’s Maul!« fauchte Burra. »Noch ein Wort und du wirst nie wieder etwas sagen können.«
    Obwohl das Gestirn des Tages inzwischen untergegangen war, wurde es nicht völlig dunkel. Der im Zunehmen begriffene Mond schüttete sein fahles Licht über Ngore aus.
    Wenig später erreichten Burra, Gudun und Mythor die Klippen. Der Abstieg zum Strand gestaltete sich wesentlich einfacher als befürchtet. Solange nicht erneut Nebel heraufzog, konnte jeder sehen wohin er den Fuß setzte.
    Die luftgefüllten Schwimmblasen befanden sich noch dort, wo Burra sie verborgen hatte. Zum Glück herrschte Ebbe, wenngleich die Flut schon wieder im Auflaufen begriffen war. Aber es fiel leicht, gegen die erst schwachen Wellen anzuschwimmen.
    Jenseits des Riffes tauchten die drei. Mergas, der Okeazar, der beim Pferch geblieben war, hatte Wort gehalten. Er zeigte sich erstaunt, daß die anderen nicht mit zurückkehrten. Gudun bedeutete ihm, ihnen in die Luftblase zu folgen, wo sie kurz das Vorgefallene schilderte.
    »Auch ich war in der Zwischenzeit nicht untätig«, ließ Mergas sie wissen. »Ich habe herausgefunden, daß entlang der Nordküste von Ngore ungewöhnlich viele Jäger aus Ertachs Kommando unterwegs sind. Sie sahen mich nicht, aber

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