Die Nanokriege - Die Sturmflut
und der Delphinos ihr Blut vergossen hatten, am Leben waren.
Brigadier General Shar Chang – bis vor kurzem noch Colonel – war Kapitän des Versuchsdrachenträgers gewesen, der auf jener diplomatischen Mission ihre Basis gewesen war. Herzer rief sich jetzt das Bild des muskelbepackten Mannes vor Augen, sah vor sich seine von feinen Fältchen umgebenen Augen, die so oft über den Bug eines Schiffes geblickt hatten. Er war vor dem Zusammenbruch Seemann gewesen, hatte Reisegruppen auf »Windjammern« aufs Meer geführt, um ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie das Leben auf hoher See früher gewesen war. Und diese Erfahrung mit mehrmastigen Schiffen hatte dazu geführt, dass man ihm das Kommando über den ersten Drachenträger übertragen hatte. Dass er dann das Kommando über den Stützpunkt Blackbeard erhalten hatte, lag vermutlich an der Erfahrung, die er bei jenem Einsatz im Umgang mit den Mer gewonnen hatte, vermutete Herzer.
»Nun, ich hätte geglaubt, Shar würde das genauso
sehen«, erwiderte Edmund ernst. »Aber da habe ich mich getäuscht. Ich hatte schon vorher angefangen, mir ein gewisses Bild von den politischen Hintergründen der ganzen Geschichte zu machen, aber am Ende hat er mir dann einen Brief geschrieben, in dem er mir alles aus seiner Sicht dargelegt hat. Nachdem ich Sheida darauf hingewiesen hatte, dass die Kontrolle über die Meere von entscheidender Bedeutung sein würde, hat sie sich recht schnell davon überzeugen lassen, dass sie eine Marine braucht, und hat dafür die einzige Person, die ihr dazu einfiel, Bob Houser, ausgewählt. Admiral Houser ist durchaus ein netter Kerl, aber seine Kenntnisse vom Meer beschränken sich auf Rennyachten, ganz besonders solche aus dem …«
»Dem Balmoran-Yacht-Club?«, fiel Herzer ihm ins Wort.
»Du hast’s erfasst. Sie haben Rennen und Regatten mit anderen Yacht-Clubs gefahren, und es war wirklich in hohem Maße ein Club; man kam da nur rein, wenn man zu den richtigen Leuten gehörte. Nur auf Einladung. Nun hat Houser sich natürlich in erster Linie die Leute geholt, die er kannte. Aber es gab nicht genug ›richtige‹ Leute für sämtliche Stellen, jedenfalls nicht solche, die den Zusammenbruch und das große Sterben überlebt haben. Und so lag es nahe, dass alle wichtigen Positionen in erster Linie Leute bekamen, die er kannte und denen er vertraute, also solche aus den Yacht-Clubs, während andere, die er nicht so gut kannte, leer ausgingen.«
»General Chang gehörte keinem Yacht-Club an«, meinte Herzer etwas verwirrt. »Wie kam es dann, dass er den Drachenträger befehligte?«
»Das mit den Drachenträgern war mehr oder weniger ein Befehl aus den Höhen des Olymp.« Edmund grinste breit. »Sheida hat gesagt: Ich habe Drachen und ich habe Schiffe. Wir wollen sie zusammenbringen. Die Herren Admirale aus dem Yacht-Club freilich fanden das eine schreckliche
Idee. Sie waren mit diversen Ballisten- und sonstigen Katapultbooten zugange, Schiffen, die auf kurze Distanz Schaden anrichten konnten, und dachten sonst nur an Enterangriffe mit Marineinfanteristen. Sie hatten sogar verlangt, dass man ihnen das Kommando über die Blood Lords überträgt und wollten sie für Entereinsätze umfunktionieren.«
»Na großartig«, sagte Herzer trocken.
»Aber als der Träger dann sechs Schiffe erledigt hat, fünf davon ohne auch nur in Sichtweite des Feindes zu kommen, geschweige denn, ihnen eine Chance zum Gegenangriff zu lassen …«
»Wurden Träger plötzlich wichtig«, fiel Herzer ihm erneut ins Wort.
»Und sämtliche neuen Trägerkommandos gingen an die Typen vom Yacht-Club, und Shar, den erfolgreichsten Trägerkommandanten, den sie haben, schiebt man auf einen unbedeutenden Stützpunkt ab, um dort Babys zu bewachen. «
»Die Mer sind verdammt wichtig«, wandte Herzer ein. »Keine Mer, keine Delphinos; die beiden kleben aneinander wie Pech und Schwefel. Keine Delphinos, keine Walos, weil die Wale nicht mit uns reden, es die meiste Zeit nicht können. Keine Wale, und das ganze Nachrichtensystem ist im Eimer, ihre Kommunikation … und der Schlüssel zu allem ist die Blackbeard-Basis. Ich hätte gedacht, dass die ihn deshalb dorthin schicken, weil er ihr bester Mann ist. Aber in deren Augen ist er das nicht, er ist derjenige, auf den sie am leichtesten verzichten können. Sind die blöd ?«
»Nein, bloß sehr kurzsichtig«, seufzte Edmund. »Ich denke, mit diesem Plan, Pauls Flotte frühzeitig anzugreifen, wird sich das jetzt klären. Mich hat
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