Die Nanokriege - Die Sturmflut
Karte. Die Karten waren wieder herausgekommen, als Edmunds Pläne offenkundig
geworden waren, und Herzer wurde bleich, als er die aktualisierten Positionen ansah. Die Hazhir segelte zwischen der Kampfflotte des Neuen Aufbruchs und der Invasionsflotte. Sie versuchten offenbar, durch die Lücke zu schlüpfen und nach Newfell zu kommen. Wenn eine der beiden Flotten sie entdeckte, würden beide sich auf sie stürzen wie Wölfe auf ein Schaf.
Andererseits hatte dieses Schaf Zähne, die zu mehr taugten als bloß Gras zu fressen.
»Knifflig, nicht wahr?«, fragte Karcher und ließ ihr katzenhaftes Lächeln aufblitzen. »Das Schlimmste ist, dass hinter uns ein Hochdrucksystem kommt; gar nicht mehr lange, dann ist Schluss mit dem Wind. Und dann stecken wir zwischen beiden Flotten in einer Flaute. Deshalb habe ich die Mer und die Delphinos ausgeschickt, um nach den Orcas zu sehen. Die anderen sollten halt nicht rauskriegen, dass es hier Drachen gibt. Hier draußen könnte das bloß einen Träger bedeuten.«
Herzer machte den Mund auf, um etwas zu sagen, klappte ihn dann aber wieder zu.
»Und, ja, an die Möglichkeit eines Unterwasserangriffs habe ich gedacht«, fuhr Karcher grinsend fort. »Aber wir machen beinahe vierzig Kilometer. Ein Krake hätte einige Mühe, mit uns Schritt zu halten.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, Ma’am, würde ich gerne einen Flugdrachen in Startbereitschaft halten«, sagte Herzer. »Zwei, genauer gesagt, einen Powell und einen Silverdrake. Nur für alle Fälle.«
»Nein, es macht mir nicht aus, das ist eine gute Idee«, nickte Karcher. »Tu das.«
»Ja, Ma’am.«
»Herein«, sagte Megan auf das leichte Klopfen hin.
»Heya«, sagte Bast und ließ sich auf die Pritsche fallen,
eine der wenigen Sitzgelegenheiten in der Kabine. »Du hast lange hier drinnen gesteckt.«
»Ich fühle mich hier wohler«, meinte Megan spitz. »Und auf die Weise störe ich auch niemanden bei seiner Arbeit.«
»Und brauchst den Himmel nicht zu sehen«, meinte Bast. »Brauchst nicht auf Wasser zu blicken, das sich auf allen Seiten bis zum Horizont dehnt, beinahe unendlich weit. Brauchst nicht nachzudenken, was ist, wenn etwas passiert, wenn das Schiff sinkt …«
»Bast …«
»Das sagen die Leute immer, aber es funktioniert nie, nicht einmal für Ratsmitglieder«, erklärte Bast mit ernster Miene. »Weißt du, was Leute zu Leuten macht?«
»Was?«, erwiderte Megan auf die scheinbar zusammenhanglose Bemerkung.
»Das Zusammensein mit anderen Leuten, sich in das Getümmel der Gesellschaft mischen«, sagte die Elfe, schnallte ihr Schwert ab und richtete sich offenkundig darauf ein, eine Weile zu bleiben. »Eremiten denken nur ihre eigenen Gedanken. Meistens schlechte Gedanken. Denken an Angst vor draußen, denken an Angst vor Macht, Angst vor Versagen, denken die ganze Zeit an Angst. Und die Angst schaukelt sich hoch und wird immer schlimmer.«
»Ich war mutig genug, Paul Bowman zu töten«, erwiderte Megan hitzig. »Ich … mag das Meer einfach nicht.«
»Zu groß«, sagte Bast und nickte. »Verschluckt einen, als hätte man nie existiert. Verstehe. Auch wieder Angst. Angst vor dir selbst, dünkt mich.«
Bast wartete und sah zu, wie Megan mit der Skulptur einer Blume spielte und dabei halblaut vor sich hin murmelte. Dann wurde die Skulptur schwarz und sackte in sich zusammen.
»Ich mag nicht darüber reden«, sagte Megan achselzuckend.
»Musst aber«, sagte Bast und wartete wieder.
»Glaubst du, du hältst das Warten länger aus als ich?«, erwiderte Megan und erzeugte mit ein paar Handbewegungen eine andere Skulptur. Diese begann als Gesicht und schien sich dann in einen Totenschädel zu verwandeln. Mit einer Handbewegung wischte Megan sie weg.
»Tausend Jahre alt«, sagte Bast. »Ich werde länger leben als du, und ich kann ganz bestimmt auch noch länger warten.«
Megan setzte dazu an, eine neue Skulptur aufzurufen, ließ dann aber die Hände sinken.
»Manchmal …«, sagte sie dann nach längerem Nachdenken, verstummte aber wieder.
Bast zog eine verstöpselte Flasche aus dem Gürtel und warf sie Megan hin.
»Einen Schluck trink«, sagte Bast. »Oder besser zwei. Ich auch einen brauchen werde.«
»Was ist das?«, fragte Megan und schnüffelte an der Flasche. Alkoholisch war der Inhalt, so viel konnte sie erkennen.
»Wäre ich eine echte Elfe, würde ich jetzt geheimnisvolle Laute machen«, sagte Bast. »Das ist Marine-Rum. Sehr stark. Nimm einen großen Schluck, damit dir Haare auf der Brust
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