Die Nanokriege - Die Sturmflut
angewöhnt, auf der Station und nicht in der recht netten Suite zu schlafen, die man ihr als Quartier zugewiesen hatte. Da sie wusste, dass man sie so ziemlich jede Nacht rufen würde, lohnten sich die fünfzig Meter Fußweg nicht.
Neben den Verletzten hatten sie jetzt auch mit bereits operierten Patienten zu tun, die die Legion ihnen schickte. In einer Hinsicht war das vernünftig; das Lazarett war eine viel bessere Unterkunft als ein undichtes Zelt. Andererseits verfügte sie aber bei weitem nicht über genug Personal, um auch die Soldaten zu versorgen.
Untertags hatte sie in den kurzen Pausen zwischen einer Krise und der nächsten ihre Mitarbeiter ausgebildet, meist allerdings leider mit praktischen Übungen. Die beiden Arzthelferinnen waren gerade noch für die Pflege geeignet, und der Pflegestab konnte nur einfache Anweisungen ausführen. Am Ende hatte sie keine andere Wahl gehabt, als den Patienten mit den inneren Verletzungen aufzuschneiden, doch als sie das tat, war es bereits zu spät, und das Erlebnis war bedrückend gewesen. Die Schwestern kannten nicht einmal die Instrumente, von anatomischen Kenntnissen ganz zu schweigen; die Erwartung, dass sie ihr bei einer schwierigen Operation assistieren könnten, war daher ganz offensichtlich illusorisch. Aber diesen Patienten hätte sie selbst mit dem besten Pflegepersonal nicht retten können. Seine Milz war gerissen und die Leber beschädigt. Die Operation hatte er überlebt, aber dann …
Sie hatte ihre beiden besten Leute damit beauftragt, anatomische Diagramme zu studieren und sie bei zwei »leichteren« Operationen assistieren lassen, aber dabei war es nur um Splitterbrüche gegangen.
Alles in allem fühlte sie sich völlig überfordert. Sie war dem Rest ihrer Mitarbeiter an Ausbildung und an Kenntnissen
himmelweit überlegen, machte sich aber keine Illusionen, dass sie mehr als eine blutige Anfängerin war. Bisher hatte sie bei größeren Problemen jedes Mal auf das enorme Wissen ihrer Mutter zurückgreifen können, doch hier war sie auf sich allein gestellt.
Außerdem bekam sie bei weitem nicht genug Schlaf, und das galt auch für ihre Mitarbeiter. Und jetzt, wo die Invasion in ein oder zwei Tagen bevorstand, waren die Hälfte ihrer Mitarbeiter, einschließlich der beiden Arzthelferinnen, und eine ihrer »ausgebildeten« Chirurgieschwestern verschwunden. Es war einfach verrückt. Unter diesen Umständen war es unmöglich, sich ordentlich um die Patienten zu kümmern, besser gesagt, sich überhaupt um sie zu kümmern.
»In ihren Quartieren ist niemand«, sagte Zahar und schüttelte den Kopf. »Die ganze Stadt wird evakuiert. Ich kann ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen.«
»Ich schon«, meinte Rachel bitter. »Man lässt Patienten nicht einfach im Stich!«
»Es heißt, die Legion sei nicht imstande, den Feind aufzuhalten«, sagte Zahar bedrückt. »Sie sind fast eins zu vier in der Minderzahl, und die Front ist viel zu lang, um sie zu halten. Und wer weiß, wo die Flotte ist?«
»Die Flotte, über die mein Vater den Befehl führt«, stellte Rachel fest, »tut, was zu tun ist. Ich denke, du kannst sicher sein, dass er Balmoran nicht vergessen hat. Und was mein Vater in die Hand nimmt, führt er auch zu Ende.«
»Dr. Ghorbani«, sagte Keith und streckte den Kopf zur Tür herein, »ein Patient von der Legion ist zu uns unterwegs. Schwere Schädelverletzung. Die Ärzte der Legion sagen, sie trauen sich das nicht zu, deshalb haben sie ihn dir geschickt.«
»Das ist doch wirklich verrückt! Wie soll das weitergehen? «
»Wie soll das weitergehen?«, ereiferte sich Edmund. Die Flotte pflügte sich durch einen schweren Sturm, arbeitete sich mühsam nordwärts zu den verbliebenen Trägerschiffen des Neuen Aufbruchs und hoffte, dass die UFS-Flotte den Feind aufspüren würde, ehe der die Hazhir fand.
»Bedauerlicherweise noch stärkere Winde«, erklärte Shar. »Nach Berichten von der Rückseite des Sturms kommen hohe Winde aus dem Nordosten und anschließend ein großes Hochdrucksystem.«
»Und das bedeutet kein Wind«, meinte Edmund.
»Richtig.«
»Nachrichten von der Hazhir ?«
»Sie sind auf der Nordseite des Sturms und segeln ostwärts. Auch auf der Nordseite der feindlichen Flotte. Sie versuchen durch die Lücke zwischen der Kampfflotte und der Invasionsflotte zu kommen. Die Dreadnoughts manövrieren östlich der Sturmfront und kommen gut in Richtung Balmoran voran. Uns bleibt jetzt hier nichts übrig, als den Sturm abzureiten und dann
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