Die Nanokriege - Die Sturmflut
wachsen.«
»Ich will aber keine Haare auf der Brust«, sagte Megan, nahm einen Schluck und hustete. »Herrgott, ist das stark!«
»Brennt auch Haare weg«, gab Bast zu. »Nützlich als Verdünner für Farbe. Nimm noch einen Schluck. Dann fang vorne an. Wo hast du Paul getroffen?«
Also fing Megan ganz von vorne an. Wie Paul sie beim Kleiderwaschen gefunden hatte. Sie war Hausmädchen für ein älteres Paar gewesen, verstand sich auf viele Dinge, die ihr auch bessere Tätigkeiten eingebracht hätten, aber nicht in der kleinen gallischen Stadt, wo sie nach dem Zusammenbruch gestrandet war. Zu der Zeit war sie froh gewesen,
das zu bekommen, was von den Mahlzeiten übrig blieb, und dachte dabei die ganze Zeit darüber nach, wie sie aus diesem Loch herauskommen konnte. Im Harem hatte sie sich mit Klauen und Zähnen eine gewisse Macht angemaßt und das auch durchgestanden, als ihre Zeit mit Paul kam. Aber was ihr zugesetzt hatte, war nicht so sehr die Vergewaltigung oder die ständige Anspannung, derer es bedurfte, um die Position im Harem zu halten, während sie plante, Bowman zu töten. Es waren eher die Gefühle, die sich in ihr im Laufe der Monate und Jahre aufgestaut hatten. Während sie so erzählte, zuerst stockend, dann allmählich flüssiger werdend, hatte es den Anschein, als wäre das Schiff in einen Sturm geraten, denn alle Wellen vor dem Kabinenfenster sahen gleich aus. Schließlich ging sie zur Pritsche hinüber und setzte sich neben Bast.
»Ich wollte ihn nicht lieben«, sagte Megan, beinahe flehentlich. »Und am Ende wollte ich ihn auch nicht töten. Ich habe kein Vertrauen zu mir. Ich habe diese … Schwäche für das Sklavendasein. Und das widert mich an.«
»Aber wenn du nicht Kraft gehabt hättest, wärst du verrückt geworden oder hättest wie Amber geendet«, gab Bast zu bedenken und drehte die Flasche um, der sie beide reichlich zugesprochen hatten. »Verdammt, kein Tropfen mehr übrig.«
»Mirta hat das nicht«, wandte Megan ein.
»Ich wette mit dir um einen Dollar«, erwiderte Bast. »Konnte nicht kämpfen und gewinnen. Konnte nicht zuschlagen und Erfolg haben. Hast dein Bestes getan, und dann haben dein Körper und dein Gehirn das Steuer übernommen. Ich denke, sie werden irgendwann ignorieren, dass du Paul Bowman getötet hast.«
»Sogar ignorieren, dass ich mich in ihn verliebt habe?«, klagte Megan. »Ich fühle mich einfach … zerbrochen. So, als ob ich kein Rückgrat mehr hätte.«
»Aber hattest genug Rückgrat, Paul zu töten«, sagte Bast. »Eine ganze Menge Rückgrat. Gut und hart, härter als vor deiner Prüfung.«
»Aber was ist mit diesem … Instinkt für das Sklavendasein? «, sagte Megan. »Jeder will etwas, und ich ertappe mich immer wieder, dass ich es anderen recht machen möchte. Ich habe mich noch nie … so … gefühlt. Und ich habe Paul wirklich geliebt .« Ihre Stimme klang jetzt brüchig, und ihr kamen die Tränen. »Wie soll ich mir selbst vertrauen? Meinen Gefühlen vertrauen, meinen Gefühlen für …«
»Herzer«, sagte Bast und grinste. »Ist schon in Ordnung, sonnenklar für jeden mit Augen hier auf dem Schiff. Herzer ist sehr leicht zu lieben, glaub’s mir.«
»Aber woher weiß ich denn, dass ich mich nicht einfach dem nächsten einigermaßen ansehnlichen Typen an den Hals werfe, der mir unter die Augen kommt?«, fragte Megan bitter. »Herzer ist der erste Mann, den ich gesehen habe, der so … gut aussieht.«
»Malcolm Innes?«, fragte Bast.
»Wieso kennst du ihn?«, fragte Megan und überlegte. Sie hatte ihn beiläufig erwähnt, ihn aber nicht beschrieben.
»Ich könnte ein Buch schreiben«, meinte Bast schmunzelnd. »Gut aussehender Bursche. Älter, als er aussieht. Sehr ›gut aussehend‹.«
»Ich könnte nicht bei den Gael leben«, verkündete Megan. »Dabei bewundere ich sie. Irgendwie verstehe ich sogar, weshalb sie so leben, wie sie das tun, ich meine, weshalb das notwendig ist. Aber leben könnte ich nicht dort. Selbst als Königin der Gael oder was auch sonst immer. Am Ende würde ich der Hälfte von ihnen die Köpfe abreißen.«
»Sehen aber nicht schlecht aus«, gab Bast zu bedenken. »Hast du bei Innes die gleichen Gefühle wie bei Herzer?«
»Nein«, erwiderte Megan kleinlaut. »Außerdem war er verrückt.«
»Möchte König von Brita sein«, nickte Bast geringschätzig. »Viele andere in der Geschichte mit gleichem Wahnsinn. Alle Gael verrückt. Du hättest Boadicea kennen sollen, das war eine Frau, die Probleme mit
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