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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Es konnte doch wohl nicht sein, daß er soeben seine zwanzig Prozent losgeworden war? Und noch dazu vor all diesen Zockern? Und für nichts?
    »Überhaupt nichts«, wurde ihm von seinem Assistenten bestätigt, der jetzt langsam im Schlamm versank. »Äh … könnte mir vielleicht mal jemand die Hand geben? Ich … ich gehe unter!«
    »Das tu ich auch, wenn das rauskommt«, knurrte Goldfyscher. »Das wäre das Ende. Nimm diesen Landensteg auseinander, ich muß Beweise haben!«
    Quintzi hatte die Scheune kaum passiert, da war ihm klar, daß sich eben etwas Außerordentliches und Folgenschweres ereignet hatte. Er hatte gar nicht erst gewinnen müssen. Er hatte bekommen, was er wollte. Einfach so! Na gut, ein bißchen Druck war natürlich schon nötig gewesen. Aber trotzdem … Zwanzigtausend Silbergroschen nur dafür, daß er ein wenig pampig geworden war. Boauh! Das war mehr, als mancher Laterna Magica-Star bekam!
    Verwirrt und in einem nicht unerheblichen Ausmaß hocherfreut dachte Quintzi über drei große und entscheidende Fragen nach: Handelte es sich um eine einmalige Angelegenheit? Um eine seltene Kombination aus Schicksal und Glück? Und wenn nicht: Wie mußte er es anstellen, wenn er das noch mal erleben wollte?
     
    »Also, junger Mann! Wie oft habe ich Ihnen das eigentlich schon gesagt?« schnarrte die Frau, die einen Hut auf dem Kopf und einen Kneifer mit dicken, beinahe undurchsichtigen Gläsern auf der Nase hatte. »Wie oft?«
    »Viel zu oft«, brummelte der Beamte an der Rezeption des Amtes für Natürliche Ordnung entnervt. Sein Kopf, den er in die Hand gestützt hatte, rutschte noch ein Stückchen weiter nach unten.
    »Wie bitte?« Wie ein wildgewordener Maulwurf das Bergmassiv des Arrarack anblinzelt, so blinzelte Frau Ausrichter den riesigen Empfangsschalter an und keifte mit brüchiger Falsettstimme: »Brummeln Sie gefälligst nicht in Ihren Bart! Das gehört sich nicht!«
    »Ja, ja, ja«, grunzte der Wachmann. Es war jeden Tag dasselbe: Frau Ausrichter beschwerte sich über den besorgniserregenden Zustand von diesem, jammerte über die beängstigende Zunahme von jenem und empörte sich endlos über den allgemeinen Werteverfall und alle möglichen Belanglosigkeiten. Und das tat sie auch heute wieder.
    »Die haben das schon wieder gemacht«, schrie sie. Wäre der Schalter nicht so hoch gewesen, dann hätte sie – achtzig hin oder her – mit der Faust auf den Tisch geschlagen. »Die haben schon wieder den ganzen Abfall in den Müllbach geworfen. Überall schwimmen Fässer herum, und irgend jemand – wobei ich beim besten Willen nicht sagen kann, wer – hat den kleinen Landesteg verwüstet. Für mich waren das ja diese Hasardeure mit ihren Boxerkrabben! Seitdem die sich da draußen rumtreiben, ist das Flüßchen nicht mehr das, was es mal war. Verbrecher sind das, alles nur Verbrecher! Der ganze Weg runter zum Landesteg ist voller Fußspuren. Sind alles Beweise! Sie brauchen sie nur mit ihren Schuhgrößen vergleichen – schon sind sie dran! Auf frischer Tat ertappt!« Frau Ausrichter legte eine kurze Atempause ein, schürzte die Lippen und blickte den Wachmann streng an. »Also, was werden Sie jetzt unternehmen?«
    »Tja …«
    »Wollen Sie nicht Fingerabdrücke abnehmen oder so was?« schnarrte Frau Ausrichter, bevor der Ordnungshüter die Chance nutzen und sie mit irgendwelchen Scheingründen hätte abspeisen können. »Ich meine, was ist, wenn die Flut kommt? Dann wird alles wieder weggewaschen, hmmm?«
    »Ja, ist gut. Ich schick jemand vorbei.« Dem Ordnungshüter quoll die Begeisterung aus jeder seiner gelangweilten Poren. Es hatte keine Eile, selbst wenn sich jemand die Sache ansehen wollte. Die nächste Flut kam erst in einer Woche.
    »War früher einmal so ein schönes Flüßchen«, jammerte Frau Ausrichter. »Als ich noch ein kleines Mädchen war, da wimmelte es nur so von Fischen und Vögeln …«
    »Ach ja. Ich glaub, ich hab mal davon gelesen«, grunzte der Wachmann. »Muß wohl zur Zeit des Fischhändleraufstands gewesen sein, also sich die feindlichen Parteien über den Fluß weg mit verfaulten Welsen beworfen haben. Und dann sind die Möwen kreischend drüber hergefallen, so dicht, daß man keinen Fuß mehr vor den anderen …«
    »Darum geht es hier nicht«, fuhr ihm Frau Ausrichter über den Mund und packte ihren Schirm, als handle es sich um eine gefährliche Schlagwaffe.
    »Das war doch der Krawall, den man später den Welskrieg genannt hat, oder?« grinste der Wachmann und

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