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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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bekam unverzüglich das Parapluie zu spüren.
    »Ich muß mich doch hier nicht beleidigen lassen«, schnarrte Frau Ausrichter. »Ich möchte auf der Stelle Ihren Vorgesetzten sprechen!«
    »Der ist nicht da. Kommen Sie nächstes Jahr wieder vorbei.«
    ›Nächstes Jahr? Aber das ist ja erst in ein paar Monaten! Ich verlange, daß umgehend gehandelt wird. Und ich gehe hier erst wieder weg, wenn ich den Eindruck gewonnen habe, daß man hier konstruktiv …‹, hätte Frau Ausrichter vermutlich gezetert, wäre sie nicht von einem Mann rüde zur Seite gestoßen worden, der teure Kleidung trug und Zigarre rauchte und jetzt mit der Faust auf den Schaltertisch schlug. Sein Begleiter, ein kleiner Dicker mit schütterem Haar, kicherte boshaft.
    »Ich will Strappado sprechen«, fauchte Harry Goldfyscher den Wachmann an und schnippte die Zigarrenasche auf den Schalter. »Sofort. Die Sache ist wichtig.«
    »Ich will Strappado auch …«, meldete sich Frau Ausrichter von ihrem Platz auf dem Fußboden. Weiter kam sie nicht: Doz Ysher fuhr herum und funkelte sie grimmig an.
    Frau Ausrichter beendete den täglichen Disput, wie sie ihn immer beendete: Sie murrte verärgert, lief eilig auf die Straße und machte sich auf den Weg nach Hause, wo sie einen gemütlichen Nachmittag mit Kreuzstichstickerei und einer Flasche Gin verbringen wollte. Sie mußte den Überwachtmeister ja auch nicht unbedingt heute sprechen. Das ging auch morgen noch. Oder übermorgen.
    Hätte sie allerdings gewußt, daß sie sehr bald schon wieder Anlaß zur Beschwerde haben würde, und hätte sie auch noch gewußt, worüber sie sich würde ereifern müssen, dann wäre sie auf der Stelle in Richtung Müllbach geeilt. Und zwar so schnell, wie sie mit ihren alten Beinen gekonnt hätte.
    »Strappado ist beschäftigt«, sagte der Wachmann wieder.
    »Womit?« fauchte Goldfyscher.
    »Büroarbeit. Pergamentkram!« antwortete der Wachmann. »He, Moment! Sie können da nicht so einfach …«
    »Wir kennen den Weg«, knurrte der Promoter und stampfte, in dicke Wolken aus Zigarrenrauch gehüllt, durch den Korridor davon.
    Nur wenig später hatte er Strappados Tür eingetreten und stiefelte unaufhaltsam auf den Überwachtmeister zu. »Also: Was soll das?«
    Strappado zählte das Geld, das heute morgen bei der ›Spendensammlung‹ zusammengekommen war. Er blickte auf: »Ah, der Herr Goldfyscher …«
    »Ist das vielleicht die neue Methode?« fauchte Goldfyscher. »Fast hätt er mich drangekriegt. Fast. Und jetzt geben Sie mir schon die zwanzig Riesen zurück!«
    Strappado verstand kein Wort. »Welche zwanzig …«
    »Hören Sie zu!« Goldfyscher beugte sich gefährlich weit über den Schreibtisch. »Ich geb ja genausogerne wie jeder andere meine Spenden für den Unterhalt Ihrer Behörde. Aber wenn Sie jetzt versuchen, mit solchen hinterhältigen Tricks mehr aus uns rauszuquetschen … also dann haben Sie sich gebrannt!«
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Haben Sie gehört, Ysher? Ist doch rührend, oder? So glaubwürdig!« Er fuhr herum und starrte Strappado wütend an: »Wovon ich rede? Ich werd Ihnen sagen, wovon ich rede! Zwanzigtausend oder die Krabben sind Matsch! – davon red ich! Wenn’s wenigstens eine echte Drohung gewesen wäre!«
    »Gestern war’s eine echte Drohung.« Doz Ysher dachte mit Schaudern an sein geliebtes Wettforum.
    Als Harry Goldfyscher sah, daß Strappados Kinnlade schlaff hin und her wackelte, da dämmerte ihm, daß tatsächlich irgend etwas nicht stimmte. Strappado hätte sich niemals so lange dumm stellen können, dazu war er ein viel zu schlechter Schauspieler.
    »Sie meinen also, da wildert jemand in meinem Revier?« japste Strappado, nachdem ihm Doz Ysher die ganze Geschichte erzählt hatte. »Und zwar mit Er … Erpressung? Ist ja infam!«
    Goldfyscher nickte. »Und? Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen? Ich würd meinen, Sie greifen sich schnellstens den Schuldigen! Sonst fange ich nämlich wieder mit meinen Rückgabeforderungen an!«
    »Das können Sie doch nicht machen!«
    »Ach nein? Und was wäre, wenn durch einen dummen Zufall in Guldenburg das Gerücht aufkäme, Strappado könne den Bürgern den nötigen ›Schutz‹ nicht mehr gewähren, hä? Wie, glauben Sie, würde sich so etwas auf ihr ›Spendeneinkommen‹ auswirken, hmmm?«
    Goldfyscher wartete die Antwort nicht ab. Er machte auf dem Absatz kehrt und stampfte wutschnaubend aus dem Amt für Natürliche Ordnung. Keiner sollte glauben, er

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