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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Wie steht man die Zeit durch, bis es endlich soweit ist? Was macht man als unbekannter, einsamer, mittelloser Schlucker in der Zwischenzeit, he? Es ist schon schwer genug, ein Jahr lang auf die Weihnachtsgeschenke warten zu müssen. Aber zehn Jahre, fünfzehn Jahre warten müssen? Die wenigsten halten so was durch!«
    »Und was soll ich jetzt tun, wenn ich wissen will, was ich als nächstes machen soll?« jammerte Quintzi.
    »Was alle anderen auch machen, Blödel«, wummerten die Nanowichte. »Raten!«
    Quintzi knurrte eine Reihe lästerlicher Flüche vor sich hin. »Raten?« murrte er. »Raten ist was für Versager und Amateure, für diese Blödiane, die sich in den Wettforen herumtreiben und nicht weiter als bis zum nächsten Rennen sehen können! Raten! Pah! Da könnte ich genausogut alles den Launen des Schicksals überlassen und dann, wenn es Zeit ist, Lebewohl zu sagen, das Atmen einstellen.«
    »Klar. So wie es alle anderen auch machen«, klopften die Nanos.
    »Wie bitte? So wie diese Schwachköpfe, die ich im Wettforum um ihr Geld gebracht habe?« schrie Quintzi, der sich allen anderen turmhoch überlegen fühlte. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie fassungslos sie gewesen waren, als er Wette um Wette gewonnen hatte. »Wie könnt ihr mich mit diesen Subjekten vergleichen? Ich muß denen doch vorgekommen sein wie … wie irgend so ein Prophet! Ganz besonders bei meiner letzten Wette, bei der ich alles darauf gesetzt habe, daß der Balken runterkommt. Ha! Wer außer mir hätte jemals etwas Vergleichbares bieten können? Nie hätte es so etwas gegeben, wenn ich nicht …«
    Und dann, als Quintzi das nächste Glas kippte, kam ihm die Erleuchtung. Ein Geistesblitz flammte auf in der öden Leere, die in seinem Kopf herrschte, und erhellte die finstere Galaxis der Zweifel mit dem Licht der Inspiration.
    »Natürlich!« lachte er böse vor sich hin. »Ich habe es bewirkt. Ich bin ein Prophet, der Geschehnisse verursacht!« In diesem Augenblick sah er seine Zukunft so klar und deutlich vor sich liegen, wie er sie klarer und deutlicher in keiner Kristallkugel hätte sehen können. Und noch etwas sah er: Seine Zukunft war gesichert. Er hielt das Steuer fest in der Hand – das hatte sich gestern gezeigt und auch heute morgen wieder, als er sich zwanzigtausend Silbergroschen einfach dadurch verschaffen konnte, daß er hinsichtlich des Schicksals von zehn Boxerkrabben ein paar Drohungen aussprach. Und jetzt – kraft einer blitzartigen, vom Wein beförderten Deduktionsleistung –, jetzt begriff er auch, warum man seine Drohung ernstgenommen hatte: Ganz offensichtlich waren alle davon überzeugt gewesen, daß seine Prophezeiung das Aus für die Boxerkrabben hätte bedeuten können, wenn man seine egoistischen Wünsche nicht erfüllt hätte. So einfach war das: Er brauchte seine Wünsche nur auszusprechen, und schon geschah, was er wollte.
    Genau! Man wußte eben, mit welcher Art von Prophetie man rechnen mußte, wenn man mit ihm zu tun hatte …: Self-fulfilling prophecy nannte man das fachsprachlich.
    »Self-fulfilling? Du? Selbst?« mokierten sich die Nanowichte. »Hast wohl auch den Balken selbst durchgebissen, oder? Und den Melonenspeicher mit Zauberkraft in Brand gesetzt, he?«
    »Na ja, gut … Aber das wissen die ja nicht. Für die bin ich lebensgefährlich – was ich sage, geschieht!«
    »Nur wenn wir das auch wollen«, stellten die Nanos klar. »Hast du das etwa vergessen?«
    Quintzi änderte die Taktik. Jetzt, nachdem sich ihm eine phantastische Zukunft aufgetan hatte, wollte er – macht- und geldgierig, wie er war – sicherstellen, daß ihm diese Zukunft nicht verbaut wurde. »He Moment mal, Jungs!« fing er an und bemühte sich um einen ›vernünftigen‹ Tonfall. »Wir sind doch ein Team. Wir sind Partner. Bei mir habt ihr Unterkunft und … und Essen.« Er rieb sich nervös das Handgelenk.
    »Juhu! Unsere private Mobilpension«, johlten die Nanowichte.
    »Genau. Ihr lebt in meinem Körper wie in einem Hotel …«
    »Und wann wird das Mittagessen serviert?« fuhren ihn die Nanos an. »Wenn du willst, daß wir dir deine diversen Aufträge erledigen, dann mußt du auch dafür sorgen, daß wir gesund bleiben. Und das heißt: drei Mahlzeiten täglich. Mindestens.«
    »Drei?«
    »Jou.«
    »Drei. Und ihr meint wirklich, das reicht?« grinste Quintzi. »Wenn’s sein muß, könnt ihr auch mehr haben.«
    »Augenblick mal. Das sind ja ganz neue Töne«, klopften die Nanowichte mißtrauisch. »Gestern abend

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