Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
Vom Netzwerk:
einen geheimgehaltenen Ort gebracht werden! Handelte es sich bei diesem Ort möglicherweise um das Hauptquartier des MAD …?
    Strappado brüllte den Wachmännern Befehle zu, scheuchte die Gefangenen auf die Straße, warf sie in den bereitstehenden Gefängniskarren – und alles das erledigte er so schnell und so zielstrebig, wie er in seinem ganzen Leben noch nie etwas schneller und zielstrebiger erledigt hatte. Und dann war er mit einem Satz auf dem Gefängniskarren und hockte aufgeregt keuchend auf dem Fahrersitz.
    Quintzi, dessen arthritische Knie nach der bescheuerten Rennerei durch die Katakomben des Amtes für Natürliche Ordnung schmerzhaft knackten, sah zu Strappado hinauf, schüttelte den Kopf und sagte bestimmt: »Ich fahre.«
    Strappado warf auf der Stelle den Fahrer auf die Straße und übergab Quintzi die Zügel.
    »Allein!« präzisierte Quintzi, kraxelte mit knackenden Gelenken auf den Karren packte die Lederriemen.
    »Aber … ich … ich …«, stotterte Strappado enttäuscht. »Wo bringen Sie die drei denn jetzt hin?«
    »Glauben Sie mir: Es ist besser für Sie, wenn Sie das nicht wissen«, raunte Quintzi und tippte sich geheimnisvoll an die Nase. Und in nächsten Augenblick hatte er den Überwachtmeister vom Karren gestoßen und den Rhinos die Zügel über die Flanken geschnalzt. »Ha! Hüh! Ab in die Pilze!«
    Zurück blieben eine Staubwolke, die sich rasch legte, und Überwachtmeister Strappado, der sich aus dem Rinnstein aufrappelte und auf die kichernden Wachmänner losmarschierte.
    »So ist das nun mal bei uns«, dröhnte er, kaum daß er sich wieder gefangen hatte. »So sind wir eben, wir Burschen vom MAD! Klar?« setzte er noch hinzu und legte zum Zeichen vorgetäuschter Vereinszugehörigkeit zwei Finger über Kreuz. »Und wer was anderes behauptet, der bekommt’s mit mir zu tun. Auch klar?«
    Die Wachmänner nickten und kugelten sich – sobald Strappado sicher außer Hörweite war – vor Lachen.
     
    Im Dämmerdunkel des Beobachterraums, versteckt im Hauptquartier des MAD, starrte ein Observationstechniker auf das von einem Facettenauge übertragene Bild einer engen Kabine. Seit Stunden starrte er jetzt schon in den Bildschirm, und nie hatte sich dort etwas getan. Oder fast nie: Der Mantelträger, der in der unter Beobachtung stehenden Kabine saß, war zwar immer wieder einmal in einen Freudentaumel geraten oder hatte Tobsuchtsanfälle erlitten, aber weil dem Observationstechniker keine Anweisungen vorlagen, Vorkommnisse wie ›Freudentaumel‹ oder ›Tobsuchtsanfall‹ weiterzumelden, hatte er das auch nicht getan. Der Observator wußte es sehr zu schätzen, daß ihm keine derartigen Anweisungen vorlagen. Im Augenblick wäre es höchst riskant gewesen, dem Kommandanten irgendwelche Neuigkeiten melden zu müssen.
    Plötzlich kam Bewegung in das Bild auf dem Monitor. Der Observationstechniker stieß einen Schrei aus, fuhr kerzengerade hoch und war augenblicklich hellwach. Der mit einem wallenden Mantel bekleidete Mann auf dem Bildschirm war aufgestanden und massierte sich jetzt mit den Fäusten das Kreuz, um die von der passiven Teilnahme an einem Poloturnier steifgewordenen Glieder zu lockern. Mit einer müden Handbewegung zog er ein kleines Nagetier aus seinem spitzen Hut und warf es der ungeduldig wartenden Eule zu.
    »Du hast es wirklich gut«, brummelte Merlot heiser. Vor wenigen Minuten erst hatte er seine Mannschaft engagiert angefeuert und dabei seine Stimme anständig strapaziert. »Du brauchst bloß an meinem Hut zu zupfen, wenn du einen Happen willst. Aber ich? Mir fällt das nicht so einfach aus dem Hut in den Schoß! Hmmm … Soll ich jetzt noch bis zur Pause warten, oder soll ich schnell rausflitzen, solange die da unten noch rumstreiten, ob noch mal ein paar Spieler ausgewechselt werden müssen?« Sein Magen gab knurrend sein Votum ab, und die Sache war entschieden. »Bin gleich wieder da, Arbutus …«
    Der Observationstechniker drückte aufgeregt auf einen roten Knopf, im Hauptquartier des MAD begannen die Alarmglocken Sturm zu läuten.
    »Was ist?« keuchte der Kommandant.
    »Zielobjekt setzt sich in Bewegung, Kommandant!« schrie der Observator aufgeregt.
    »Aufhalten!« knurrte der Kommandant. »Aktion ›Pizza‹ starten!«
    Der Observator fuhr herum, blickte nach oben und starrte den Kommandanten an. »Aktion ›Pizza‹, Kommandant? Pizza? Ah, verstehe: Salamitaktik!« Der Techniker hatte Glück. Er kam mit einem blauen Auge davon.
    »Aktion ›Pizza‹!«

Weitere Kostenlose Bücher