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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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entsteht und daß durch ein Verhältnis dieser Art ein Informationsfluß in Gang gesetzt wird, der erheblich zuverlässiger und faktisch präziser ist. Und jetzt, meine Herren: Wenn Sie so freundlich wären, mir Gesellschaft zu leisten – wie wär’s mit einem Happen zu Mittag?« Der letzte Satz war noch nicht verklungen, da öffnete Quintzi die Tür des Gefängniskarrens, entfernte sich und nahm am Tischende Platz. Tiemecx flatterte auf einen Dachsparren und wartete auf den Körnergang.
    Quintzi grinste verstohlen, als die Sträflinge an den Tisch kamen und sich zu ihm setzten. Keinem fiel auf, daß Lederschließen an die Armlehnen und an die Stuhlbeine genagelt waren, und keiner bemerkte die Stricke unter dem Tisch, die mit einem Hebel verbunden waren, der unauffällig neben Quintzis Stuhl befestigt war.
    Kaum hatten sie Platz genommen, da gickelte Quintzi wild und zog die Stricke an. Die Ledermanschetten schnappten zu und schlossen sich fest um zwölf Extremitäten; die drei Sträflinge waren im Handumdrehen bewegungsunfähig. Hogshead schrie. Tiemecx flatterte verwirrt mit den Flügeln.
    »Was soll das? Was machen Sie …«
    »Halt die Luft an!« brüllte Quintzi grob und ließ schlagartig die professorale Maske fallen. »Jetzt bin ich hier am Drücker! Und mit dir red ich doch gar nicht!«
    Hogshead verschlug es den Atem, als Quintzi eine seltsam magisch wirkende Apparatur hinter einem Faß hervorholte und auf den Tisch stellte. Er wußte augenblicklich, worum es sich bei diesem Ding handelte. Ob ihm aber augenblicklich nach einer Vorführung zumute war, das wußte er nicht so genau.
    »Also. Ich frage noch einmal: Wer möchte anfangen?« Quintzi blickte finster in die Runde.
    »Nein, danke«, wimmerte Hogshead. »Ich bin Nichtraucher.« Quintzi sollte denken, er, Hogshead, glaube, es handle sich um einen jener merkwürdigen Inhalationskolben, wie sie bevorzugt von exotischen Händlern in zwielichtigen Lokalen angeboten wurden.
    »Wie du willst.« Quintzis Augen leuchteten irr im gespenstischen Dunkel der Scheune. »Aber du kommst auch noch dran!« Mit einer schwungvollen Handbewegung riß er den Einfüllstutzen aus dem Hextirpator und stellte sich, die Nadel fest in der Hand, vor ein Fenster. In diesem Moment hätte jeder anständige und mit einem Gespür für Timing begabte Horrorfilm-Regisseur Blitz und Donner auffahren lassen. Aber leider geschah nichts dergleichen.
    Auch dann nicht, als sich Quintzi auf den zappelnden Phobis stürzte, ihm den Ärmel aufkrempelte und wie ein wild gewordener Schaschlikgriller das Handgelenk perforierte. Die Schreie, die durch den Raum hallten, konnten die schmatzenden und blubbernden Geräusche kaum übertönen, die der Hextirpator produzierte, nachdem Quintzi den Docht des Athanorbrenners entzündet hatte.
    Hogshead drehte sich der Magen um, ihm wurde beinahe schlecht, als er sah, wie die rote Flüssigkeit, die sich normalerweise im Unterarm von Phobis befand, durch das Einfüllrohr rieselte und zur Magiegewinnung im Gedärm des Hextirpators verschwand. Zu gern hätte er jetzt die Hand gehoben und sich für einen kurzen Moment entschuldigt … Es ging nicht.
    Er schüttelte den Kopf. Es mußte eine Halluzination sein, es war bestimmt nur ein böser Traum, aus dem er jeden Moment wieder erwachen würde. Es konnte einfach nicht wahr sein, daß er gerade gesehen hatte, wie drei winzige, beinahe mikroskopisch kleine Lichtpünktchen aus dem Ohr ihres wahnsinnigen Häschers geflitzt waren! So etwas gab es doch gar nicht! Wenigstens nicht im wirklichen Leben …
    Er riß und zerrte an den ledernen Hand- und Beinschellen und mußte entsetzt feststellen, daß sie sehr wirklich waren, viel zu wirklich für einen Traum.
    »Mittagessen!« schrie der spärlich behaarte Greifer plötzlich. Hogshead überlief es heiß und kalt. Fasziniert und entsetzt zugleich, ganz so wie jemand, der Zeuge eines Verkehrsunfalls wird, beobachtete er gebannt, wie das magische Gerät den roten Lebenssaft aus dem schon ziemlich blutleer anmutenden Phobis saugte. Bis schließlich (das Herz stockte ihm bei diesem Anblick), ohne daß ein Fanfarenstoß oder ein Donnerschlag das grauenvolle Geschehen besonders hervorgehoben hätte, aus dem Ablaufzylinder ein winziges wasserklares Tröpfchen austrat, auf das sich augenblicklich drei funkelnde Lichtlein stürzten.
    »Laßt es euch schmecken, meine kleinen Lieblinge«, sagte Quintzi aufmunternd, »zieht sie euch rein, diese Thaumdingerchen! Trinkt, damit ihr stark

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