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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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mörderische Zahnschmerzen, verglichen mit den Problemen, die er im Augenblick hatte?
    Er hing, mit Handschellen gefesselt, zwischen zwei Jüngern der Meidgenossenschaft, zwei Mitgliedern der Kongregation der Kleingläubigen Dauerunke, in der Einvernahmezelle No. 5, in der brütende Hitze herrschte.
    »Jetzt hast du’s!« jammerte der Jünger zu seiner Linken. »Hab ich dir nicht gleich gesagt, daß es zu gefährlich ist?«
    »Was?« setzte der zu seiner Rechten dagegen. »Du willst mir doch nicht etwa erzählen, du meintest, wir schwebten in Gefahr? Nur weil wir in einer Einvernahmezelle an der Wand hängen?«
    »Maul halten«, knurrte ein Wachmann, der eine nietenbeschlagene Ledermontur trug, die hauptsächlich aus Nieten und weniger aus Leder zu bestehen schien, und eben mit einem Blasebalg einen rasenden Feuersturm im Ofen anfachte. Sein Kollege wetzte derweil munter eines der vielen rätselhaften, aber immens gefährlich wirkenden Instrumente, ganz so, wie ein erfahrener Küchenchef das tut, der sich anschickt, einen Braten zu tranchieren.
    »Ganz recht! Halt den Mund, Phobicus«, meinte auch der Jünger, der links von Hogshead hing. »Du weißt doch gar nicht, wovon du da redest. Und außerdem: Ich spreche nicht von den Qualen des Leibes. Ich spreche von …«
    »Laß mich raten«, unterbrach ihn der, der zur Rechten hing. »Etwa von spiritueller Gefahr?«
    »Genau«, stimmte im Phobis zu und grimassierte freudig. Ganz kurz nur. »Ich habe immer gesagt: Magie ist eine Gefahr für unseren Glauben. Und jetzt sieh mich an: Magie hat mich zum Lästerer gemacht.«
    »Hä? Wie kommst du denn darauf?«
    »Sieh uns doch an!« jammerte Phobis und schielte auf seine Füße. »Ich habe versagt in der Nachfolge des Seligen Obskurantius, ich habe seine Mahnung in den Wind geschlagen, die da lautet Schmerz und Leid hat noch jeden gereut. Meine Handgelenke schmerzen geradezu frevelhaft, kann ich dir sagen. Wie soll es mir da möglich sein, das Nirwana der Unsterblichkeit zu erlangen, hmmm? Wie ich gesagt habe: Die Magie hat mich zum Frevler gemacht!«
    »Au contraire, geliebter Bruder!« rief, lauter als das Brausen des Feuerofens, Phobicus von rechts. »Durch diese Situation ist uns Gelegenheit gegeben, unseren Glauben zu festigen, indem wir der Gefahr, die uns bevorsteht, ins Auge sehen und sie in Würde, stumm und klaglos vermeiden.«
    »Wie bitte? Hast du sie nicht mehr alle? Ist dir etwa entgangen, daß wir, an diese Wand gekettet, es nie vermögen, den Pfeilen und Schleudern des Geschicks auszuweichen? Vor allen Dingen auch deswegen nicht, weil sich augenblicklich zwei wahnsinnige Wachtmeister darauf vorbereiten, uns auszuweiden? Und zwar im Namen dessen, was sie sich nicht entblöden, ›Gerechtigkeit‹ zu nennen? Oh … nichts für ungut«, grinste Phobis verschüchtert, als der Wachmann am Ofen grimmig knurrte.
    »Und wieder sehe ich mich gezwungen, dir zu widersprechen«, sagte Phobicus. »Du siehst uns in unserer gegenwärtigen Umgebung einer Unzahl unbezwingbarer Gefahren ausgeliefert. Aber das darfst du nicht! Du mußt unseren augenblicklichen Aufenthaltsort wie einen sicheren Hafen ansehen.«
    Hogshead schüttelte entsetzt den Kopf. Wie hatte es bloß passieren können, daß er an diese beiden pseudoreligiösen Blödsinn verzapfenden Irren geraten war? War sein Leben tatsächlich schon so weit aus der Spur gelaufen? Er war hier gelandet, weil man ihn erwischt hatte, als er ein paar thaumare Jonglierkunststückchen vorgeführt hatte … Nur deshalb?
    »Du mußt auch das Positive sehen.« Phobicus schepperte missionarisch mit den Handschellen. »Solange wir hier sind, sind wir absolut sicher vor so mancher Gefahr.«
    »Spinnst du?« japste Phobis.
    »Begreif doch! Solange wir hier sind, droht uns zum Beispiel keinerlei Gefahr, von einem Lastzug überfahren zu werden …«
    »Stimmt«, pflichtete Phobis bei.
    »… oder einen Sonnenstich zu bekommen …«
    »Zugegeben. Aber …«
    »Ihr habt noch was vergessen!« platzte der Wachmann mit den scharfen Gerätschaften heraus und sah sie spöttisch von der Seite an. »Es besteht keinerlei Gefahr, daß ihr irgendwann mal das Rentenalter erreicht! Hä, hä, hä. Und ich versprech euch auch, daß ihr euch von meinen Werkzeugen keine Infektion holt. Ich sterilisiere sie erst. Nach einer halben Stunde im Ofen sind die absolut keimfrei. Natürlich sind sie dann auch ein bißchen heiß … Aber man kann eben nicht alles haben, oder?«
    Hogshead wimmerte jämmerlich und

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