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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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klappte grinsend den Deckel zu. »Aber keine Angst, dazu wird’s nicht kommen«, fügte er hinzu. »Ich hab mich vergewissert!« Er wiegte eine Kristallkugel in der Hand: Modell Haruspex, mit 8-Zoll-Colormonitor.
    Der Überwachtmeister bebte vor Wut. Alles Schweine! Ganz besonders der, der sich an seiner Frau und an dem Karnickel seiner Nichte vergriffen hatte. Aber Rache ist süß!
    Ryffel winkte Rudi Ramscher schnell weiter, damit er nicht am Ende noch Strappado wegen Magizids verhaften mußte.
    »Die Mystems in Guldenburg«, stöhnte Strappado. »Warum passiert so was ausgerechnet hier?« jammerte er. »Und warum ausgerechnet mir?«
    Aber ehe ihm noch jemand diese schwierigen Fragen beantworten hätte können, hörte er den vertrauten Lärm, den jene Stiefel verursachten, mit denen die Vollzugsbeamtenschaft des Amtes für Natürliche Ordnung gerüstet war, und das pfeifende Geräusch, das einen schnell hereibeilenden Wachtmeister ankündigte.
    Strappado drehte sich um, holte tief Luft und machte sich bereit, eine Neuigkeit zu hören, die aller Wahrscheinlichkeit nach fürchterlich war. So fürchterlich wie der Tag, der ihm heute bevorstand. Ein Tag, an dem bestimmt wieder Hunderte von Anträgen auf Mord und Totschlag unerledigt liegenbleiben würden; ein Tag, an dem seine Frau in einem Anfall unheiligen Geißenwahns wieder einmal eine Matratze aufgefressen haben würde … Natürlich: Jedes Unglück hat auch sein Gutes, aber … Wenn er eines nicht ausstehen konnte, dann war das Schreibarbeit und Pergamentkram. Und Matratzen, die bis zum Boden durchhingen. Aber vielleicht konnte er sich irgendwann einmal kurz absetzen und neues Füllmaterial besorgen. Hoffentlich.
    Der Kollege Ordnungshüter kam mit quietschenden Stiefeln zum Stehen, hechelte ihm panisch ins Gesicht und versuchte verzweifelt, wieder zu Atem zu kommen. Warum mußte heutzutage bloß alles so schnell gehen? Warum war alles so anders als in der guten alten Zeit? Damals brachten sich die Leute noch selbst um, niemand hätte dafür einen amtlich zugelassenen Mörder angeheuert, Verwaltungsgebühr bezahlt und Antragsformulare mit drei Durchschlägen ausgefüllt! Natürlich, Strappado wäre der letzte gewesen, der nicht zugegeben hätte, daß man bei der Ermittlungsarbeit wertvolle Zeit sparte, wenn man nicht mehr ewig erst Spuren suchen, Indizien sammeln und Augenzeugen verhaften mußte, deren Erinnerungsvermögen hinsichtlich des genauen Tathergangs jedesmal wieder gewisse Auffrischungsbemühungen – einen flinken Tritt hier, einen kurzen Dreh an der Daumenschraube da – erforderlich gemacht hatte. Nein, gegen das System an sich war eigentlich nichts einzuwenden. Natürlich gab es in Guldenburg auch Meinungsverschiedenheiten … Aber die nahmen nie das Ausmaß von Bandenkriegen an, und das Antragswesen für Mord und Totschlag sicherte dem Amt für Natürliche Ordnung eine verläßliche Einkommensquelle. Nur … Nun ja, es hatte einfach viel mehr Spaß gemacht, einen richtigen Mörder zu überführen.
    »Ha …, hallo Chef«, keuchte der Ordnungshüter und hielt sich die Rippen. »Dachte, es interessiert Sie vielleicht, daß er … daß er wieder … wieder da ist!«
    »Was?« fuhr ihn Strappado an. Die Nachricht traf ihn wie der Blitz. Konnte es tatsächlich sein, daß dieser Kerl die bodenlose Frechheit besaß und wieder hierher …? »Wer ist wieder da?« fragte er mißtrauisch und richtete sich innerlich darauf ein, daß die Antwort auf seine Frage bestimmt enttäuschend ausfallen würde.
    »Er! Sie wissen schon: Intr …«
    »Wo?« schrie Strappado und drückte seinem Untergebenen die Gurgel zu.
    »Auuu! Vorsicht, Chef …«
    »Sag schon!«
    »Is ja gut, is ja gut! Im Silbernen Spucknapf! Nur eine Abendvorstellung …«
    Strappado ließ los, stürzte davon und hätte den schwitzenden Ordnungshüter um ein Haar niedergetrampelt. Er sauste zur Tür, schnell wie ein Wirbelwind unter Termindruck. Auf diese Chance hatte er schon lange gewartet: auf die Chance, diesen Kerl auf frischer Tat zu ertappen; auf die Chance, ihn büßen zu lassen für das Gemecker, das ihn so oft um den Schlaf gebracht hatte; auf die Chance, endlich einen von diesen verdammten Roten dranzukriegen!
    Zwei Jahre lang hatte er belastendes Material gesammelt, vierundzwanzig Monate lang Tag für Tag höchstpersönlich Ermittelungsarbeit geleistet und eine erdrückende Menge hieb- und stichfestes Beweismaterial zusammengetragen. Sie hatten seine Frau und seine Nichte in die Sache

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