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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Nanowichte wieder in einem Abschirmfeld (Stufe 10) ein. »Sei doch so nett, und bring das bei Praxx vorbei, ja?« sagte er und hielt dem Wachmann den silberblitzenden Toaster hin.
    Und dann betrachtete er nachdenklich die Wagenladung Bleirohre … Nur diese letzte Hürde mußte jetzt noch genommen werden, dann konnte er sich endlich wieder ganz seiner Lieblingsbeschäftigung widmen, der Arbeit an seinem Projekt. Geräuschvoll ließ er die Fingerknöchel knacken, stellte sich vor das leuchtende Sichtfenster in der Seitenwand des Thaumatrons und fuchtelte wirr mit den Händen. Und dann bekam er, was er sich gewünscht hatte: Eine saphirblaue Energieschlange schoß aus der Luke und fuhr ihm geradewegs ins Kreuz. Fünfzehn Gigathaum brausten durch seinen Körper, sprangen funkensprühend von Haar und Zehen ab und hoben ihn gut einen Zoll hoch über den Boden.
    »HUUJJJUUIII!« schrie er. Seine Augenbrauen hatten sich kurzgeschlossen, ein Blitzstrahl raste zur Decke – Apathos stand unter Strom! Und das war etwas, das er beinahe noch mehr schätzte als das Brummgeräusch des Thaumatrons. Dagegen war Bungee Jumping so langweilig wie eine verregneter Sonntagnachmittag auf dem Golfplatz. Das war es, was das Leben eines thaumaturgischen Physikers lebenswert machte. Und von wegen Fortschritt der Wissenschaft: geschenkt! Alles Käse! Aber Aufdrehen, Loslegen, Draufsein – das war es! Und ganz besonders dann, wenn man auch noch einen Haufen Geld damit machen konnte.
    Apathos’ Augen strahlten und leuchteten, als die Muskeln in der Zwerchfellgegend zu vibrieren begannen und ein paar Sekunden lang hemmungslos zuckten. Diese Empfindung breitete sich rasant aus, bescherte der Milz konvulsivische Aufwallungen der Verzückung, führte dazu, daß sich die Leber genüßlich kringelte, und versetzte mit pulsierendem Rambazamba das Herz geradewegs in den kardiologischen Himmel. Die Härchen in der Nase wurde er dabei auch los.
    Er richtete die Hände auf den rostenden Haufen ausrangierter Bleirohre, streckte die Finger aus, konzentrierte sich und murmelte ein paar Beschwörungsformeln. Und dann – dann ließ er es krachen: Wie himmelblaue Superstrings schossen die magischen Kräfte aus seinen Fingerspitzen, rasten mit wilden Zickzacksprüngen durch die Höhle und rauschten schnurstracks in das Vehikel. Und als sich die magische Energie entlud, da strahlte ein purpurroter Halo auf, formten gewaltige Kräfte das Blei im Innersten um und zertrümmerten hier eine Elektronenschale, setzten dort ein Proton in Brand …
    Und dann: Ein prasselnder, knatternder Blitzschlag, statische Elektrizität entlud sich mit einem lauten Explosionsknall – alles war vorbei. Apathos schüttelte die Hände und stellte die Stromschlange ab. Dann setzte er auf dem Boden auf, stapfte auf den Karren zu und begutachtete sein Werk. Nur gelegentlich sprang ihm noch das eine oder andere funkelnde Entladungsteilchen zischend von den Augenbrauen ab.
    Er wischte sich eine Haarsträhne aus den Augen und spähte in das verkohlte Gefährt. Das Blei war spurlos verschwunden. Nichts deutete mehr darauf hin, daß es sich jemals in Losa Llamas befunden hatte.
    Aber der Karren war nicht leer. Ganz und gar nicht.
    Nur war er jetzt nicht mehr mit glanzlos grauen Bleirohren beladen. Jetzt, nach Abschluß des thaumaren Transformationsprozesses, lag zu sauberen Blöcken geformtes gelbglänzendes Metall auf der Ladefläche. Es handelte sich dabei um jenes Element, das in der ganzen unzivilisierten Welt für seine einzigartige Fähigkeit berühmt war: Es ließ sich durch eine sehr simple Manipulation in alles erdenkliche andere transformieren – einfach dadurch, daß man es von Hand zu Hand weiterreichte. Der Karren war bis oben hin mit Gold beladen.
    Wie aufs Stichwort spazierte Ernstl durch die Tür. »Fertig?« fragte er.
    Apathos nickte fröhlich und zeigte auf die sauber gestapelten Goldbarren. »Du weißt ja, was du zu tun hast«, sagte er und gab ihm ein Blatt Pergament, auf das er eine Aufstellung gekritzelt hatte.
    »Die übliche Lieferadresse?« fragte Öhrnest.
    »Jou. Er wartet schon auf dich.«
    »Und? Du denkst das reicht?«
    »Das will ich doch hoffen! Das Zeug ist an die zweihunderttausend Silbergroschen wert. Ich weiß ja, daß er hübsch teuer ist. Aber so unverschämt wird er wohl doch nicht sein, oder?«
    »Ich hab da so allerhand reden hören«, grunzte Ernstl. »So was wie Inflation und Importsteuer und Schutzgeld. Weiß ja nicht so genau, was das bedeutet.

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