Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
Vom Netzwerk:
mit hineingezogen, diese verdammten Roten! Und das hätten sie nicht tun dürfen! Niemals …
    Überwachtmeister Strappado war stolz auf sich, sehr stolz. Die Mächte des Schicksals hatten endlich sein haßerfülltes Flehen erhört. Heute abend war es soweit: Heute abend trat Der Große Intranco im Silbernen Spucknapf auf. Es sollte sein letzter öffentlicher Auftritt sein …
    Junge, Junge! Wenn er, Strappado, es richtig anstellte und mit seiner Anklage durchkam, dann war ihm ein Posten beim Magianalytischen Abschirmdienst sicher.
    Wenn er bloß gewußt hätte, wie er mit diesen Leuten in Kontakt kommen sollte …
     
    Es war nicht verwunderlich, daß Überwachtmeister Strappado nicht wußte, wie er sich mit dem Magianalytischen Abschirmdienst in Verbindung setzen konnte. Geselligkeit war nicht unbedingt das oberste Vereinsziel dieser verschwiegenen Gemeinschaft. Die Mitglieder des MAD waren zwar durchaus aufgeschlossene Leute und sehr interessiert an allem, was die Menschen so trieben. Aber darüber zu klatschen, sich in geselliger Runde bei ein paar Gläsern Bier aus der Burgbrauerei Guldenburg darüber auszutauschen – das war ihre Sache nicht.
    Worüber man sich nicht zu wundern braucht, wenn man die jahrhundertelange Indoktrination bedenkt, die aus den immer schon argwöhnischen Mitarbeitern dieser Organisation perfekte Paranoiker gemacht hatte.
    Jahrhundertelange Indoktrination – dreihundertdreiundfünfzig Jahre, um es genau zu sagen.
    Es war eine schwere Zeiten gewesen – damals, im Jahr 687 MEZ [11] , es herrschte Krieg. Die floßfahrenden Völker der Östlichen Lausee (Bikiniträger schon damals) kämpften gegen die Reiterstämme aus den Ebenen von Dag el Ph’Ingh, die mittels feindlicher Übernahme jene begehrten Fischgründe an sich zu reißen versuchten, in denen der schmackhafte Südwels lebte. Und während dort der später so genannte Erste Welskrieg wütete, verheerte der Schweinekrieg die Tundragebiete hoch oben im Norden, wo die klippenspringenden Krieger von Tschkk immer wieder die im Permafrost erstarrten Wildschweinreservate der angstarktischen Nomaden überfielen und plünderten.
    Zur gleichen Zeit standen sich diesseits und jenseits der Krapathen zwei eher unbedeutende Königreiche gegenüber und beobachteten einander mit Argusaugen: zum einen das kleine Königreich Isolon, das – wiewohl verhältnismäßig wohlhabend und leidlich fruchtbar – nichts vorzuweisen hatte, was man landläufig ›Heer‹ oder ›Armee‹ nennt; zum andern, stark und reizbar wie ein Bulle, das riesige, von Klüften und Schluchten durchzogene Cranachan, das mit seinem Reichspalast, einem uneinnehmbaren Bollwerk, protzte und über einen Haufen undisziplinierter Psychopathen verfügte, der von einer Handvoll sogenannter Generäle mit Müh und Not in Schach gehalten wurde. Beide wußten sie, daß es über kurz oder lang zum Krach kommen würde, und jedem war klar, daß es dann nur wenige Sekunden dauern würde, bis Isolon erledigt war.
    Aber merkwürdigerweise (es handelt sich hier um eine jener unzähligen Merkwürdigkeiten, für die kein Historiker irgendeine auch nur annähernd stimmige Erklärung liefern kann) – merkwürdigerweise kam es nicht dazu. Die Cranachier machten keine Anstalten, das Königreich Isolon zu überrennen, und blieben untätig hinter den Krapathischen Bergen hocken. Erst sehr viel später, im Jahre 1025 MEZ, haben sie es versucht. Dieses saumselige Zuwarten läßt sich nur verstehen, wenn man es im Rahmen des sogenannten Militärtouristischen Trägheitsmodells betrachtet, einer Theorie, derzufolge manche Invasoren, auch wenn es sie noch so sehr danach verlangt, umgehend invasiv tätig zu werden, ihren militärischen Hintern nicht ums Verrecken vom Stuhl hochkriegen … Weil sie sich schlicht und einfach nicht mit der Heimsuchung irgendwelcher baufälliger Burgruinen im heimatlichen Umland zufriedengeben wollen, wenn sie nur etwas Kleingeld zur Seite legen müssen, um sich schon im nächsten Jahr eine aufregende Fernreise (Invasion inklusive) leisten zu können.
    Mit diesem Blödsinn konnte die historische Zunft natürlich nur deshalb aufwarten, weil sie nie von den Thaumaturgischen Physikern von Losa Llamas beziehungsweise vom cranachischen MAD gehört hatte.
    Als sich König Klemm von Isolon vor die unerfreuliche Wahl gestellt sah, entweder eine verheerende Niederlage in Kauf nehmen oder aber mörderische Summen für ein Söldnerheer aufbringen zu müssen, faßte er den Entschluß, das

Weitere Kostenlose Bücher