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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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Hört sich für mich aber nicht grade billig an.«
    »Hmmm, vielleicht hätt ich’s doch besser gleich mit Diamanten versuchen sollen«, brummelte Apathos und griff sich besorgt an den Kopf. »Oder sogar mit Platin. Trotzdem: Sieh zu, daß du auf alle Fälle die zwei da loswirst. Und wenigstens neunundzwanzig von denen da«, stammelte er und zeigte ihm die betreffenden Posten auf der Liste. »Und beeil dich. Ich bin kurz vor der Abschlußphase und will nicht noch einmal aufgehalten werden. Hopphopp!«
    Apathos sprang auf und stürzte sich wieder in die Arbeit. Allzulange schon hatte er sein geheimes Lieblingsprojekt vernachlässigt, drei Monate lang hatte er die Sache wegen akuten Kapitalmangels zurückstellen müssen. Aber das war jetzt vorbei. Der Zustand chronischer Bargeldlosigkeit war überstanden, die trübe Zeit der Armut war endlich Vergangenheit. Mit den Mitteln, die er sich jetzt geschaffen hatte, konnte er sein großes Werk fortsetzen, konnte es endlich zu Ende führen!
    »Hallo, ihr Hübschen!« murmelte er vor sich hin, packte sich die Nanowichte und sauste durch das labyrinthische Gewirr der unterirdischen Tunnelgänge. »Da bin ich wieder!«
     
    »Aufmachen!« fuhr Wachmeister Ryffel vom Amt für Natürliche Ordnung den schäbigen Kerl an, der einen verschossenen himmelblauen Umhang trug und sich zum Congress Center Guldenburg durchkämpfen wollte.
    »O nein! Warum denn schon wieder?« stöhnte der Mann verdrossen, blickte auf und starrte verdutzt die marktschreierischen Plakate und Ankündigungen an: WILLKOMMEN ZUR MYSTEMS IN GULDENBURG! DEMONSTRATIONEN UND PRAKTISCHE VORFÜHRUNGEN! VERKAUFSSTÄNDE! ESELREITEN!
    »Mach die Kiste auf!« Ryffel stand von seinem Stuhl auf und gab zu verstehen, daß er sich heute die ganz besonders strapazierfähigen Handschuhe angezogen hatte.
    »Is ja gut, is ja gut. Nur keine Aufregung«, nuschelte das abgerissene Individuum und stellte die Kiste vorsichtig ab.
    »Aufmachen!«
    »›Aufmachen‹, sagt er. Als ob ich nicht wüßte, was er von mir will! ›Aufmachen‹ – was anderes fällt dem nicht ein«, brummelte Rudi Ramscher, der Thaumaturgische Tandler, und knüpfte die Verschnürung auf. Dann sah er Ryffel an, deutete auf den Aufkleber mit der Aufschrift ›INHALT: 1-GROS (144 STÜCK) INSTANTKANINCHEN‹ und meinte achselzuckend: »Und, was wird wohl drin sein?«
    »Ich nehm mal an: zwölf Dutzend Instantkaninchen«, meinte Ryffel süffisant.
    »Bingo!« grunzte Rudi Ramscher. »Genau das steht auf jeder Kiste drauf, die ich hier anschleppe, und – Wunder über Wunder! – genau das ist in jeder Kiste drin! Also was soll das, hä? Ich muß ein ganzes Großmarktlager von dem Zeug an die Verkaufsbuden hier liefern, und du meinst, ich soll jede einzelne Kiste aufmachen!«
    »Befehl ist Befehl!« Ryffel zuckte mit den Schultern, hob den Deckel hoch und begutachtete das obenliegende Dutzend Instantkaninchen (Wasserlöslich. Zylinder in Packung nicht enthalten.)
    »Befehl! Darf ich raten, von wem? Strappado?« murrte Rudi Ramscher.
    »Für dich noch immer Überwachtmeister Strappado!« fauchte die finstere Schattengestalt, die einen stadtbekannten Rollkragenpullover trug.
    »Ah, hallo! Ich wollte eben zu bedenken gegeben, ob diese Gründlichkeit, mit der hier …«
    »Halt den Mund, Ramscher«, knurrte Strappado den abgerissenen Kaufmann verächtlich an. »Spar dir deine Frechheiten! Was ist in der Kiste?«
    »Ein Gros Instantkaninchen«, antworteten Rudi Ramscher und Wachmeister Ryffel im Chor.
    Als Überwachtmeister Strappado zum wiederholten Mal das Wort Kaninchen hörte, war ihm, als würde ein ganzes Faß Steinsalz in jene Wunde gestreut, die ein entsetzliches Erlebnis in seinem Gedächtnis hinterlassen hatte. Bebend vor Zorn ballte er die Fäuste … sein Geist schaltete um drei Jahre zurück … der Steinboden kippte … er hörte das kreischende Lachen sechsjähriger Kinder … vor seinem geistigen Auge sah er die bunten Bilder der Vergangenheit wie in einem Film vorbeiziehen.
    »Wer meldet sich freiwillig?« fragte der schäbig gekleidete Unterhaltungskünstler auf dem Kinderfest. »Wer muß hinein in den Schrein des Schreckens?« Schwungvoll hatte Der Große Intranco ein mit Theaterblut beschmiertes Kästchen auf den Tisch gestellt, mittenhinein unter die Kuchen und Wackelpeter, und alle hatten erschrocken die Luft angehalten. Und dann hatte er die Augen geschlossen, hatte sich so fest konzentriert, als suche er nach einem Wort, nach einem Namen … »Der

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