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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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professionell und erfahren, von Izmir aus hinter ihm hergeschickt. Die lassen ihn nicht mehr aus den Augen, hat Nikolaj mir gerade berichtet«, sagte der Fürst und lehnte sich zurück.
    »Wo hält der verfluchte Hund sich denn gerade auf? Wann schlagen sie endlich zu?«, fragte Hashmat atemlos.
    Kalakani stand aus seinem Schreibtischstuhl auf und trat an eines der Fenster. Er blickte hinüber zu dem Grabstein mit der frischen Inschrift. »Noch heute, spätestens aber morgen, wird er tot sein. Sie werden ihn auf dem Segelschiff erschießen, mit dem er dort unterwegs ist, in'shallah « .
    Hashmat griff zu seinen Krücken, wuchtete sich mühsam aus dem Sessel und humpelte zu Kalakani hinüber. Er blieb einen Meter hinter ihm stehen und sagte leise: »Und wenn wir die Nachricht erhalten haben, dann gehen wir zusammen an sein Grab und sagen es ihm … «
    *
    Paule wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von seinem kahlen Kopf, bevor er den Schutzhelm wieder aufsetzte. Er saß auf dem Beifahrersitz des WOLF, der sich in langsamer Fahrt über einen ausgefahrenen Feldweg voller tiefer Schlaglöcher quälte. Sein Ziel war eine kleine Siedlung abseits der Straße, die von Mazar-i-Sharif nach Norden über die Stadt Kheyrabad zur usbekischen Grenze führte.
    Kurz hinter dem Ort Shorak waren sie abgebogen und fuhren nun auf eine Ansammlung von Lehmhütten zu, die unvermutet mitten in der braunen Steppenlandschaft aufgetaucht waren.
    »Das muss es sein«, rief der Unteroffizier, der auf der Rückbank saß.
    »Ja, wir sind da«, bestätigte der Hauptfeldwebel nach einem kurzen Blick auf sein GPS-Gerät. Er hatte vor Fahrtantritt die Koordinaten des Ortes eingegeben, den er Hedayat gestern als Treffpunkt genannt hatte.
    Hier unterhielt ein afghanischer Arzt, den Paule kannte, eine Praxis für die Ärmsten der Armen. Seit Jahren besuchten ihn die deutschen Soldaten auf ihren Patrouillen, brachten aus den Beständen des Feldlazaretts Medikamente, Verbandmaterial, Einmalhandschuhe und vieles andere mit, was hier nötig gebraucht wurde. Der Arzt hatte ein paar Semester in Marburg studiert, so dass die Verständigung mit ihm problemlos war. In seinen Privaträumen hinter der Praxis sollte nun das Gespräch stattfinden.
    Hedayat selbst hatte schließlich auf einem Ort bestanden, an dem ihn keiner kannte …
    Meine Güte, was muss der Kerl für eine Angst haben, dachte Paule, und schaute sich aufmerksam auf dem Platz um. Rund um das flache Lehmgebäude lagerte eine große Menge von Menschen, ganze Familien, die geduldig darauf warteten, behandelt zu werden.
    »Ihr beiden bleibt hier draußen beim Wagen und passt auf, ob sich etwas Außergewöhnliches tut!«, befahl Paule seinem Fahrer und dem Unteroffizier. »Falls der Kerl da drin Probleme macht, rufe ich euch.« Damit klemmte er sich einen großen Karton unter den Arm und trat zu dem Arzt, der vor dem Eingang zu seiner bescheidenen Praxis wartete.
    »Einwegspritzen!«, rief der Doktor begeistert aus. »Ich danke Ihnen ganz herzlich! Bitte geben Sie meinen Dank an Ihre Kameraden im Feldlazarett weiter!«
    Das werde er selbstverständlich tun, versicherte Paule, und fuhr fort: »Unser Apotheker bittet Sie, mir eine Liste mitzugeben, falls Sie dringend irgendetwas benötigen … «
    »Falls?«, fragte der Arzt lachend. »Das könnte eine ziemlich lange Liste werden. Aber Sie sollen sie bekommen – und vielen Dank vorab!« Er trug den Karton in das Behandlungszimmer, und Paule folgte ihm.
    »Ich bin dann für die nächsten zwei Stunden hier vorn in der Praxis«, sagte der Arzt. »Hab noch viele Patienten … Gehen Sie nur durch in mein Wohnzimmer. Tee steht auf dem Tisch.« Damit drehte er sich um und setzte im Gehen hinzu: »Ach ja, da wartet übrigens schon der, mit dem Sie sich hier verabredet haben. Merkwürdiger Bursche. Seinen Namen hat er nicht genannt und sein Gesicht ist verhüllt. Er ist doch nicht krank?«
    Paule lachte humorlos auf. »Kann schon sein, dass er krank ist, Doktor. Aber für seine Krankheit braucht er keinen Arzt. Die werde ich jetzt mal behandeln … « Damit entsicherte er unter den entsetzten Augen des Mediziners seine Pistole und hielt sie schussbereit in der Hand, als er das Hinterzimmer betrat.
    Doch diese Vorsichtsmaßnahme erwies sich als unnötig.
    Hedayat redete wie ein Wasserfall.
    »Du lässt es dir wohl recht gut gehen, was?«, fragte Paule neidisch ins Handy, griff nach der Dose und ließ einen Schluck eiskaltes Bier seine ausgedörrte Kehle

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