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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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in einem Monat wäre dann auch für seinen Freund das Thema Afghanistan vorbei. Paule war ein Elitesoldat, für den Kampfeinsatz ausgebildet. Die deutsche Regierung wollte ja künftig auf solche Leute in diesem Krieg verzichten.
    Der warme Seewind trug das helle Bimmeln von vielen kleinen Halsglöckchen herüber. Die Ziegen grasten dort auf dem kargen Boden, wie sie dies vermutlich schon seit Jahrhunderten taten.
    Ein Bauer, der vom Dorf mit einem alten hölzernen Boot und knatterndem Außenbordmotor herübergekommen war, stapfte zwischen den Tieren herum und füllte deren Tränken mit frischem Wasser, das er in großen Plastikkanistern auf die Insel geschleppt hatte. Als er an der Yacht vorbeifuhr, rief Johannes ein fröhliches » Günaydin « hinüber, und sie winkten sich freundlich zu.
    Unten in der Kombüse rumorte Karen herum. Der Wasserkessel begann zu pfeifen. Kurz darauf zog der herrliche Duft frisch gebrühten Kaffees herauf.
    »Ist sonst schon alles oben?«, ließ sich Karen vernehmen.
    »Ja, der Tisch ist gedeckt. Alles schon da. Fehlt nur noch der Kaffee!«
    »Kommt sofort.«
    Genüsslich schnupperte er den Kaffeeduft und sah ihr entgegen, als sie mit der Kanne in der Hand die Niedergangstreppe heraufstieg. Sie trug nur das Unterteil ihres Bikinis. Auf eine Bekleidung ihres Oberkörpers hatte sie gänzlich verzichtet –,wegen der gleichmäßigen Bräunung’. Ihr dichtes schwarzes Haar umspielte ihre Schultern, die, wie der ganze Körper, mittlerweile südländische Farbe hatten.
    Sein Appetit auf ein gutes Frühstück wich schlagartig ganz anderen Genussvorstellungen.
    »Das ist doch eine Thermoskanne, nicht wahr?«, fragte er scheinheilig.
    »In der Tat – sehr scharfsinnig!«, gab sie leicht misstrauisch zurück.
    Er stand auf, nahm ihr die Kanne ab, stellte sie auf den Tisch und umfasste ihre Hüfte. »Dann wird der ja nicht so schnell kalt … « Zielstrebig bugsierte er sie wieder zur Treppe und flüsterte ihr ins Ohr: »Zeit für Frühsport!«
    »Gute Idee«, gab sie mit rauer Stimme zurück. »Man muss sich fit halten … «
    Ein leichter Hauch aus dem geöffneten Oberlicht wehte über ihre nackten Körper und blies frische, salzige Seeluft in ihre Kajüte, vermischt mit dem würzigen Duft sonnengetrockneter Gräser von der Insel.
    Verschwitzt lagen sie nebeneinander auf dem breiten Bett in der luxuriösen Eignerkajüte. Einer großen Wiege ähnlich, bewegte sich das Schiff ganz leicht unter ihnen in der sachten Dünung der Bucht. Karen hatte ihren Kopf auf seinen Arm gelegt. Tief atmeten sie die Seebrise ein und hingen in wohliger Mattigkeit ihren Gedanken nach.
    Nach langem Schweigen nahm sie seine Hand in die ihre und sagte leise: »Jo, lass uns diese Tage nie verlieren … «
    Er ließ ihre Worte einfach nachklingen, wusste, dass sie keine Antwort erwartete. Stattdessen erwiderte er den zärtlichen Druck ihrer Finger und drehte sich zu ihr hin. Sofort versank er wieder in ihren Augen. Mit einer zarten Geste strich er ihr eine verschwitzte Haarsträhne aus der Stirn.
    Eine Weile noch lagen sie nebeneinander und genossen ihre stille Vertrautheit. Schließlich sagte Karen: »Ich bin hungrig. Komm, lass uns frühstücken.«
    Sie standen auf und gingen an Deck. Karen setzte sich an den Cockpittisch und schenkte Kaffee ein.
    Johannes blieb stehen.
    Langsam ließ er seinen Blick über die Bucht wandern. An einer Stelle verharrte er versonnen. Da ungefähr hatte der Motorsegler mit dem grünen Rumpf geankert.
    Und dort, ein paar Bootslängen entfernt, war die Akgül gesunken.
    Vor drei Wochen erst hatte er hier um sein Leben kämpfen müssen. Nur drei Wochen, und dennoch schien es ihm eine Ewigkeit her zu sein.
    Er schaute hinüber zur Insel, zu den uralten, knorrigen Olivenbäumen, denen der Tornado ebenso wenig hatte anhaben können wie alle früheren. Auch in künftigen Stürmen würden sie sich nur unwillig schütteln und ihre verdorrten Blätter abwerfen.
    Wie schon immer.
    Lächelnd blickte er in den wolkenlosen Himmel und roch den Kräuterduft, den der warme Wind herüberwehte.
    Ihm war so wohl wie in den schönsten Stunden auf seinem Wellenteppich. Er schloss die Augen, sog das Glücksgefühl mit einem tiefen Atemzug in sich ein und hielt die Luft an. Dann öffnete er seine Augen wieder, atmete aus und setzte sich an den Cockpittisch.
    Karen legte ihre Hand auf seine. Sie sahen sich still an und lauschten.
    Die Luft war erfüllt vom lärmenden Liebeswerben der Zikaden.

Nachwort
    Diese

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