Die Nebel von Avalon
Magen, und sie war froh, so wenig gegessen zu haben.
Wissen sie alles? Beobachten sie, wie ich meinen alten und ahnungslosen Gemahl mit Accolon be
trüge? Verurteilen Sie mich deshalb?
Morgaine erinnerte sich an die zitternde und beschämte Elaine im Fackelschein, die nackt in Lancelots Armen überrascht wurde.
Kennen Sie meine Pläne sogar, noch ehe ich mir selbst im klaren darüber bin?
Aber sie hatte nur getan, was die Göttin ihr zu tun eingab.
»Was wolltet Ihr mir sagen, Merlin?«
»Nichts weiter, als daß Euer Platz in Avalon noch immer leer ist. Niniane weiß das so gut wie ich. Ich liebe Euch, Morgaine, und ich bin kein Verräter… es schmerzt mich, daß Ihr mich dafür haltet, denn Ihr habt mir soviel gegeben.« Er streckte ihr die entstellten Hände entgegen. »Wollen wir nicht Frieden schließen, Morgaine?«
Sie antwortete: »Im Namen der Herrin sei Friede«, und küßte seinen vernarbten Mund.
Auch für ihn trägt die Göttin mein Gesicht…,
und Schmerz durchzuckte sie.
Die Göttin schenkt das Leben, die Reife… und den Tod.
Als ihre Lippen sich berührten, fuhr der Merlin zurück, und auf seinem Gesicht lag nackte Angst.
»Du weichst vor mir zurück, Kevin? Ich schwöre dir bei meinem Leben, ich will keinen Mord begehen. Du hast von mir nichts zu fürchten…« Aber er legte ihr den Finger auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Schwöre nicht, Morgaine, damit du nicht für einen gebrochenen Eid bestraft wirst… Keiner von uns weiß, was die Göttin von. Uns verlangen mag. Auch ich habe die Große Ehe geschlossen und an diesem Tag mein Leben verpfändet. Ich lebe nur durch den Willen der Göttin, und mein Leben ist nicht so schön, daß ich es nicht gerne aufgeben würde«, erklärte er.
Morgaine sollte sich Jahre später an diese Worte erinnern; jetzt halfen sie ihr, die schwerste Aufgabe ihres Lebens anzugehen. Er verabschiedete sich von ihr mit der Verbeugung, die nur der Herrin von Avalon oder dem höchsten Druiden zukam, und wendete sich schnell ab. Morgaine sah ihm zitternd nach.
Warum hat er das getan? Warum fürchtet er sich vor mir?
Sie ging durch die Menge; und als sie die Königin erreichte, begrüßte Gwenhwyfar sie mit einem kühlen Lächeln. Morgause erhob sich und schloß sie zärtlich in die Arme. »Mein liebes Kind, du siehst erschöpft aus… Ich weiß, du liebst Menschenansammlungen nicht!« Sie hielt ihr einen silbernen Becher an die Lippen, und Morgaine trank einen Schluck Wein. Dann schüttelte sie den Kopf und erwiderte: »Ihr scheint mit jedem Jahr jünger zu werden, Tante.« Morgause sagte fröhlich lachend: »Das macht die Jugend in meiner Nähe… hast du Lamorak gesehen? Solange er mich für schön hält, glaube ich daran und bin es auch… das ist der einzige Zauber, den ich brauche!«
Sie fuhr sanft mit dem Finger eine kleine Falte unter Morgaines Auge nach und sagte: »Das empfehle ich dir auch, meine Liebe. Sonst wirst du alt und verschroben… Gibt es an Uriens Hof keine jungen Männer, die ihre Königin zu würdigen wissen?« Über Morgauses Schulter hinweg sah Morgaine, wie Gwenhwyfar verächtlich die Stirn runzelte, obwohl selbst sie Morgauses Worte doch unmöglich ernst nehmen konnte.
Wenigstens ist mein Verhältnis mit Accolon noch nicht allgemeiner Hofklatsch.
Dann dachte sie wütend:
Bei der Göttin! Ich schäme mich meines Tuns nicht. Ich bin nicht Gwenhwyfar!
Lancelot unterhielt sich mit Isotta von Cornwall. Ja, er würde immer der schönsten Frau im Raum Augen machen. Morgaine wußte, daß Gwenhwyfar sich nicht besonders darüber freute. Mit übertriebener Hast sagte Gwenhwyfar jetzt: »Lady Isotta, kennt Ihr die Schwester meines Gemahls, Königin Morgaine?«
Die irische Schönheit hob gelangweilt den Blick und lächelte. Sie war sehr blaß. Ihr feingeschnittenes Gesicht war so weiß wie süße Sahne und ihre Augen so blau, daß sie beinahe grün wirkten. Morgaine bemerkte, daß Isotta so klein und zierlich war, daß sie trotz ihrer Größe wie ein Kind wirkte, das man mit Juwelen, Perlen und goldenen Ketten behängt hatte, die sie zu erdrücken schienen. Morgaine empfand plötzlich Mitleid für die junge Frau und unterdrückte die Worte, die ihr auf der Zunge lagen.
Euch nennt man jetzt also Königin von Cornwall? Ich muß ein ernstes Wort mit Herzog Marcus reden!
Sie sagte nur: »Meine Tante erzählt mir, Ihr seid in Kräutern und Heilkunde bewandert, Herrin. Wenn wir Muße haben, würde ich mich vor meiner Rückkehr nach Wales gerne
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