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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Hinausgehen fragte Accolon: »Was fehlt meinem Vater?«
    »Er hatte in diesem Winter das Lungenfieber«, antwortete Morgaine. »Und er ist nicht mehr der Jüngste.«
    »Und auf dir lag die ganze Last der Krankenpflege«, sagte Accolon. »Arme Morgaine…« Er nahm ihre Hand. Seine Stimme klang so zärtlich, daß sie sich auf die Lippen beißen mußte. Etwas Hartes und Kaltes in ihr, daß seit dem Winter ihr das Herz abdrückte, schmolz, und sie glaubte, sie würde in Tränen zerfließen. Sie senkte den Kopf, ohne den Ritter anzusehen.
    »Und du, Morgaine… kein Wort und kein Blick für mich…?« Er suchte ihre Augen und berührte sie noch einmal. Sie erwiderte gepreßt: »Warte.«
    Sie befahl einem Diener, frische Polster und ein oder zwei Decken aus der Wäschekammer zu bringen. »Hätte ich gewußt, daß du kommst, hätte ich das beste Linnen und die schönsten Decken bereitgelegt und frisches Stroh im Bett aufschütteln lassen.«
    Er flüsterte: »Ich wünsche mir kein frisches Stroh im Bett!« Aber sie sah ihn nicht an, solange die Frauen das Bett machten, heißes Wasser und Licht brachten, seine Rüstung und seinen Mantel wegräumten.
    Als sie alle gegangen waren, flüsterte er: »Darf ich später zu dir in deine Kammer kommen, Morgaine?«
    Sie schüttelte den Kopf und flüsterte zurück: »Ich komme zu dir… ich habe immer eine Entschuldigung, wenn ich mitten in der Nacht nicht in meiner Kammer bin. Aber seit dein Vater krank ist, kommen sie öfter, um mich zu holen… sie dürfen dich nicht bei mir finden…«
    Sie drückte ihm noch einmal schnell die Hand. Seine Finger schienen sie zu verbrennen. Dann ging sie mit dem Kammerherrn zum letzten Mal durch die Burg, um nachzuprüfen, ob auch alles sicher und verschlossen war.
    »Gott schenke Euch eine gute Nacht, Herrin«, sagte der Mann und verabschiedete sich mit einer Verbeugung. Sie ging auf Zehenspitzen geräuschlos durch die Halle, wo Uriens' Männer schliefen, dann über die Treppe vorbei an dem Gemach, in dem Avalloch, Maline und die kleineren Kinder schliefen und an der Kammer, in der der arme Conn mit seinem Lehrer und seinen Ziehbrüdern geschlafen hatte, ehe das Lungenfieber ihn dahinraffte. Im anderen Flügel lagen Uriens' Schlafgemach, ein Gemach, das sie jetzt bewohnte, ein Raum, der meist Gästen von Rang zugewiesen wurde, und am Ende des Ganges die Kammer, in der Accolon schlief. Mit trockenem Mund schlich sie sich dorthin und hoffte, er sei vernünftig genug gewesen, die Tür nicht fest zu schließen… durch die alten dicken Mauern würde er sie sonst nicht hören.
    Sie warf einen Blick in ihre Kammer, ging schnell hinein und brachte das Bett in Unordnung. Ihre Kammerfrau Ruach war alt und taub. Im Winter hatte Morgaine sie wegen ihrer Dummheit und Taubheit oft verwünscht, aber jetzt kam es ihr zustatten… trotzdem durfte sie nicht am nächsten Morgen erwachen und Morgaines Bett unberührt finden.
    Selbst die alte Ruach wußte, daß König Uriens sich nicht wohl genug fühlte, um das Bett mit der Königin zu teilen.
Wie oft habe ich es mir schon vorgesagt: Ich schäme mich nicht…
Trotzdem durfte sie sich nicht in Verruf bringen, sonst würde sie nichts erreichen. Aber der Zwang zur Heimlichkeit war ihr verhaßt.
    Die Tür war nur angelehnt. Mit klopfendem Herzen trat Morgaine lautlos in Accolons Zimmer und schloß die Tür hinter sich. Im näch
    sten Augenblick fühlte sie sich in einer leidenschaftlichen Umarmung gefangen, in der ihr Körper zu neuem Leben erwachte. Sein Mund suchte ihre Lippen, als habe auch er danach gehungert… die Trostlosigkeit und die Pein des ganzen Winters schienen von ihr abzufallen. Sie war wie schmelzendes Eis, das floß und überfloß… Sie preßte sich an Accolon und kämpfte darum, nicht zu weinen. Unter diesem Hunger brach ihr Entschluß zusammen, in Accolon nur den Priester der Göttin zu sehen, ohne jegliche persönliche Bindungen.
    Wie sehr hatte sie dafür Gwenhwyfar verachtet. Sie brachte Schande über Camelot und machte Artus zur Zielscheibe von Spott und Hohn, weil er seine Gemahlin nicht in die Schranken weisen konnte. Aber in Accolons Armen schwanden ihre guten Vorsätze dahin. Morgaine überließ sich seiner Umarmung, und er trug sie ins Bett.

2
    Noch im Dunkeln stahl Morgaine sich von Accolons Seite. Er schlief tief und fest. Sie strich ihm zärtlich über die Haare, küßte ihn sanft und verließ lautlos die Kammer. Sie hatte kein Auge zugetan – aus Furcht, zu lange zu schlafen und vom Tag

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