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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Gewändern der Damen und die prächtigen Roben der Männer. Diese riesige Gestalt dort mit dem dicken Schopf hellen Haares war Gawain. Er trat zu ihnen, verbeugte sich vor dem König. Dann erhob er sich und schloß Gwenhwyfar in seine bärenstarken Arme. Ihm folgte Gareth – etwas zurückhaltender. Cai klopfte Gareth auf die Schulter, nannte ihn wie in alten Tagen ›Schönling‹ und erkundigte sich nach den Kindern, die immer noch zu jung waren, um ihn an den Hof des Großkönigs zu begleiten. Gareth erklärte, Lionors liege nach der Geburt des Jüngsten noch im Kindbett. Sie sei in ihrer Burg im Norden der Römischen Mauer zurückgeblieben.
Hat er jetzt acht oder neun Kinder?
Gwenhwyfar hatte Lionors nur zweimal gesehen, denn Gareth berichtete jedesmal, sie sei wieder schwanger, läge im Kindbett oder habe das Jüngste gerade an der Brust. Gareth hatte nicht mehr das hübsche Gesicht von früher, aber er sah noch immer sehr gut aus. Mit zunehmendem Alter wurde die Ähnlichkeit zwischen Gareth und Gawain immer größer. Gerade umarmte ein schlanker Mann mit dunklen ergrauenden Locken Gareth. Gwenhwyfar biß sich auf die Lippen: Lancelot hatte sich in all den Jahren nicht verändert. Er sah noch würdiger aus.
    Uriens besaß nichts von dieser magischen Unberührtheit durch die Zeit. Er wirkte wirklich alt, obwohl er sich aufrecht hielt. Seine Haare waren weiß, und Gwenhwyfar hörte, wie er Artus erzählte, er habe sich erst kürzlich vom Lungenfieber erholt. Im Frühjahr habe er seinen ältesten Sohn zu Grabe getragen, den ein Wildschwein angegriffen und getötet hatte.
    Artus sagte: »Also werdet Ihr eines Tages König von Nordwales sein, edler Accolon? So soll es sein… Gott gibt und Gott nimmt, heißt es in der Heiligen Schrift.«
    Uriens wollte sich über Gwenhwyfars Hand beugen, um sie zu küssen, aber sie hinderte ihn daran und küßte statt dessen den alten Mann auf die Wange. Er war in ein etwas zu jugendliches Grün gekleidet und trug einen hübschen grün-braunen Mantel. »Unsere Königin wird immer jünger«, sagte der alte König gutgelaunt und lächelte Gwenhwyfar an. »Man könnte glauben, Ihr hättet im Feenland gelebt, Base.«
    Gwenhwyfar lachte: »Vielleicht sollte ich mir Falten ins Gesicht malen, damit die Bischöfe und Priester nicht glauben, ich benutze Zauberkräfte, die einer christlichen Frau nicht erlaubt sind… aber solche Späße sind am Vorabend eines heiligen Tages nicht angebracht. Nun, Morgaine…«, wenigstens einmal konnte sie ihre Schwägerin mit einem Spaß begrüßen, »… Ihr wirkt jünger als ich, und ich weiß doch, daß Ihr älter seid. Verratet Ihr mir Euer Geheimnis?«
    »Das ist kein Geheimnis«, erwiderte Morgaine mit ihrer wohlklingenden, dunklen Stimme, »in unserem Land am Ende der Welt geschieht so wenig, daß es mir vorkommt, als vergehe die Zeit nicht. Vielleicht werde ich deshalb nicht älter.«
    Gwenhwyfar betrachtete sie jetzt genauer und entdeckte auch in ihrem Gesicht die Spuren der Zeit. Ihre Haut war noch immer makellos und glatt. Aber um die Augen zeigten sich Fältchen, und die Augenlider wirkten schon etwas schlaff. Morgaine reichte Gwenhwyfar eine dünne, magere Hand, an deren Finger die Ringe locker saßen.
Morgaine ist mindestens fünf Jahre älter als ich,
dachte Gwenhwyfar. Und plötzlich schien es ihr, sie seien nicht mehr die Frauen im mittleren Alter, sondern die beiden jungen Mädchen, die sich in Avalon zum ersten Mal gesehen hatten. Lancelot begrüßte Morgaine. Gwenhwyfar hätte nicht geglaubt, daß sie immer noch von rasender Eifersucht gepackt werden konnte…
Elaine lebt nicht mehr… und Uriens ist so alt, daß er sicher Weihnachten nicht mehr erlebt…
    Sie hörte, wie Lancelot lachend Morgaine ein Kompliment machte und Morgaine darauf verführerisch lächelte.
Aber sie sieht Lancelot nicht wie eine Liebende an… ihre Augen hängen an Prinz Accolon … auch er ist ein gutaussehender Mann… nun ja, Morgaines Gemahl könnte ihr Großvater sein…
    Aber Gwenhwyfar konnte einen Anflug von selbstgerechter Mißbilligung nicht unterdrücken. »Wir sollten uns setzen«, sagte sie und gab Cai ein Zeichen. »Galahad muß um Mitternacht zur Nachtwache in die Kirche. Vielleicht möchte er, wie die meisten jungen Ritter es tun, vorher noch etwas ruhen, damit er nicht so müde ist…«
    »Ich werde bestimmt nicht müde sein«, erklärte der junge Mann, und Gwenhwyfar spürte wieder den Schmerz. Sie hätte diesen hübschen Burschen gern zum Sohn

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