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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gewesen, Gwen. Alle, die nach Avalon blicken, sind auch meine Untertanen. Es steht geschrieben:
Ich habe auch andere Schafe, die nicht von dieser Herde sind…«
    »Was für ein gotteslästerlicher Scherz«, bemerkte Gwenhwyfar und versuchte, sanfter zu sprechen. »Solche Worte sind am Vorabend von Pfingsten wohl kaum am Platz…«
    Artus erwiderte: »Vor Pfingsten gab es immer die Sommersonnenwende, meine Liebe. Jetzt brennen keine Feldfeuer mehr, nicht einmal auf der Dracheninsel, und soweit ich weiß, nirgends im Umkreis von drei Tagesritten… mit Ausnahme von Avalon.«
    »Ich bin sicher, die Priester haben Wachen auf Glastonbury aufgestellt, um das Kommen und Gehen zu unterbinden…«
    »Es wäre ein trauriger Tag, wenn Avalon für immer verlorengeht«, klagte Artus, »ebenso traurig wie für das Landvolk, wenn es seine Feste verliert. Die Menschen in den Städten brauchen die alten Bräuche vielleicht nicht. O ja, ich weiß wohl, es gibt nur einen Namen unter dem Himmel, durch den wir gerettet werden können. Aber vielleicht brauchen alle, die in enger Bindung an die Erde leben, mehr als Rettung…«
    Gwenhwyfar wollte etwas erwidern, schwieg aber dann. Kevin war nur ein häßlicher alter Krüppel und ein Druide. Und die Tage der Druiden erschienen ihr heute so fern wie die Zeit der Römer. Am Hof kannte man Kevin mehr als hervorragenden Harfner – weniger als den Merlin von Britannien. Die Priester ehrten ihn nicht als guten, freundlichen Mann wie einst Taliesin, und Kevin wurde im Gespräch schnell scharf und unhöflich. Aber er wußte mehr über die alten Sitten und das alte Gesetz als selbst Artus; der König hatte sich angewöhnt, sich an ihn zu wenden, wenn es um einen alten Brauch oder um ein Gesetz ging, das man nicht beiseite schieben konnte.
    »Wenn heute abend nicht nur Verwandte zur Tafel gebeten wären, würde ich den Merlin auffordern, für uns zu spielen.« Artus lächelte und sagte: »Wenn du willst, werde ich ihn darum bitten. Aber seine Musik kann selbst ein König nicht befehlen. Ich kann ihn bitten, mit uns an der Tafel zu sitzen und ihn dann fragen, ob er uns die Ehre gibt, ein Lied zu singen.«
    Gwenhwyfar lächelte ihren Gemahl an und erwiderte: »Der König bittet also einen Untertanen und nicht der Untertan seinen König?«
    »Es muß in allem ein Gleichgewicht geben«, erwiderte Artus. »Das habe ich als König gelernt… es gibt Dinge, da kann ein König nicht befehlen, sondern muß bitten. Vielleicht sind die Cäsaren gestürzt, weil
    sie dem verfielen, was mein Lehrer
Hybris
nannte. Sie glaubten, auch außerhalb der rechtmäßigen Bereiche eines Königs mit Hochmut befehlen zu können… Nun, meine Herrin, unsere Gäste warten. Bist du schön genug?«
    Gwenhwyfar erwiderte: »Du machst dich wieder über mich lustig. Du weißt, wie alt ich bin.«
    »Doch wohl kaum älter als ich«, entgegnete Artus, »und mein Kammerherr sagt, ich sei noch immer ein gutaussehender Mann.«
    »Oh, das ist etwas anderes. Männer altern nicht wie Frauen.« Sie sah ihn an. Sein Gesicht trug nur wenige Spuren der Jahre. Ja, Artus war ein blühender Mann! Er nahm sie bei der Hand und sagte: »Es würde sich kaum schicken, wenn ich eine Jungfrau als Königin an meiner Seite hätte. Du paßt sehr gut zu mir.«
    Sie näherten sich der Tür. Der Kammerherr trat vor und sprach leise mit Artus. Der König wandte sich an Gwenhwyfar: »Wir werden mehr Gäste an der Tafel haben. Gawain läßt sagen, daß seine Mutter gekommen ist, also müssen wir auch Lamorak bitten. Er begleitet sie und ist ihr Gefährte. Ich habe Morgause viele Jahre nicht gesehen. Aber auch sie ist meine Verwandte. König Uriens und Morgaine sind mit ihren Söhnen ebenfalls hier…«
    »Dann wird es wirklich ein Familienfest!«
    »Ja, mit Gareth und Gawain… Gaheris ist in Cornwall, und Agravain mußte in Lothian zurückbleiben«, sagte Artus. Gwenhwyfar spürte wieder den alten Stachel… Lot von Lothian hatte so viele Söhne.
    »Meine Liebe, die Gäste erwarten uns in der Kleinen Halle. Wollen wir hinuntergehen?«
    Die Große Halle mit der runden Tafel war Artus' Reich – der Platz eines Mannes, wo sich Krieger, Ritter und Könige versammelten. Aber in der Kleinen Halle mit den Wandbehängen, die sie aus Gallien hatte kommen lassen, und den hübschen Tischen und Stühlen, fühlte sich Gwenhwyfar ganz als Königin. Sie wurde allmählich ein bißchen kurzsichtig. Obwohl es im Raum hell war, sah sie anfangs nur die farbigen Streifen in den

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