Die Nebel von Avalon
gehabt. Er war groß, breitschultrig und kräftiger als Lancelot. Sein blankes Gesicht schien in stillem Glück zu strahlen.
»Es ist alles so neu für mich… Camelot ist eine so schöne Burgstadt. Ich kann kaum glauben, daß sie wirklich ist. Ich bin mit meinem Vater hierhergeritten… meine Mutter sprach ihr ganzes Leben lang von ihm, als sei er ein König oder ein Heiliger, der alle Sterblichen weit überragt.«
Morgaine warf ein: »Oh, Lancelot ist sterblich genug, Galahad. Wenn Ihr ihn erst einmal gut genug kennt, werdet Ihr das ebenfalls feststellen. «
Galahad verbeugte sich höflich vor Morgaine. Er sagte: »Ich erinnere mich. Ihr kamt, um uns Nimue wegzunehmen, und meine Mutter weinte… geht es meiner Schwester gut, Herrin?«
»Ich habe sie in den letzten Jahren nicht gesehen«, erwiderte Morgaine. »Aber ich wüßte es, wenn es ihr nicht gut geht.«
»Ich erinnere mich nur noch, daß ich wütend auf Euch war, weil Ihr mir sagtet, ich irre in allen Dingen… Ihr schient Eurer Sache sehr sicher zu sein, und meine Mutter…«
»Eure Mutter hat Euch zweifellos gesagt, ich sei eine böse Zauberin.« Sie lächelte…
Zufrieden wie eine Katze,
dachte Gwenhwyfar, während Galahad eine leichte Röte ins Gesicht stieg. »Nun, Galahad, Ihr seid nicht der erste, der das glaubt.« Sie lächelte Accolon an, der ihr Lächeln so offen erwiderte, daß Gwenhwyfar darüber entsetzt war.
Galahad fragte: »Und seid Ihr wirklich eine Zauberin, Herrin?«
»Nun«, antwortete Morgaine mit diesem katzenhaften Lächeln, »Eure Mutter hatte zweifellos Gründe, mich dafür zu halten. Da sie nicht mehr lebt, kann ich es ja verraten… Lancelot, hat dir Elaine nie
erzählt, wie sie mich um einen Zauber anflehte, der dich zu ihr führen würde?«
Lancelot wandte sich Morgaine zu. Gwenhwyfar sah die gepeinigten Augen. »Warum über Dinge spaßen, Base, die lange zurückliegen?«
»Oh, ich spaße nicht«, erwiderte Morgaine und blickte Gwenhwyfar kurz in die Augen. »Ich fand, es war an der Zeit, daß du damit aufhörtest, die Herzen aller Mädchen und Frauen in Britannien und Gallien zu brechen. Deshalb führte ich diese Ehe herbei, und ich bedaure es nicht, denn jetzt hast du einen prächtigen Sohn, der das Reich meines Bruders erben wird. Hätte ich nichts unternommen, wärst du noch immer unverheiratet und würdest unsere Herzen brechen, nicht wahr, Gwen?«, fügte sie anzüglich hinzu.
Ich wußte es. Aber ich hätte nie geglaubt, daß Morgaine es so offen eingestehen würde…
Aber Gwenhwyfar machte von ihrem Vorrecht als Königin Gebrauch, den Gesprächsstoff zu wechseln. »Wie geht es Eurer kleinen Gwenhwyfar?«
»Sie ist Lionels Sohn versprochen«, erwiderte Lancelot, »und wird eines Tages Königin der Bretagne sein. Die Priester behaupteten, die Verwandtschaft sei zu nahe, aber eine
Dispens
könne erteilt werden… ich habe der Kirche eine große Summe gezahlt, um das zu erreichen, und Lionel ebenfalls… das Mädchen ist erst neun, und bis zur Hochzeit sind es noch sechs Jahre.«
»Und Eure ältere Tochter?« erkundigte sich Artus.
»Sie ist in einem Kloster, mein König«, erwiderte Lancelot. »Hat Elaine das gesagt?« fragte Morgaine, und in ihren Augen blitzte wieder die Bosheit auf. »Sie lebt in Avalon, Lancelot, dort, wo Eure Mutter lebte. Wußtet Ihr das nicht?«
Er entgegnete friedfertig: »Es ist alles eins. Die Priesterinnen im Haus der Jungfrauen ähneln sehr den Nonnen der Heiligen Kirche. Auch sie weihen ihr Leben der Reinheit und dem Gebet und dienen Gott auf ihre Weise.« Er wandte sich rasch Morgause zu, die gerade näher kam. »Liebe Tante, ich kann nicht behaupten, daß die Zeit
spurlos an Euch vorübergegangen ist. Aber sie hat Euch sehr freundlich behandelt.«
Sie sieht Igraine so ähnlich! Ich habe nur die Geschichten über sie gehört und darüber gelacht. Aber jetzt glaube ich gern, daß der junge Lamorak nicht von ihr loskommt
… es
ist Liebe, kein Ehrgeiz.
Morgause war eine große, stattliche Frau. Die immer noch vollen, roten Haare waren locker geflochten und fielen über ihr grünes Gewand … ein üppiges
Habit
aus Brokat, Seide, Perlen und Goldstickereien. Auf ihrem Kopf glitzerte eine schmale Krone mit kostbaren Topasen.
Gwenhwyfar breitete die Arme aus und umarmte sie. »Ihr ähnelt sehr Igraine, Königin Morgause. Ich liebte sie und denke immer noch oft an sie.«
»Als ich jünger war, hätte mich diese Bemerkung sehr eifersüchtig gemacht, Gwenhwyfar… ich litt darunter,
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