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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sicher, daß ich in meiner Jugend der Herrin vom See diente.«
    Die Frau versuchte höflich zu sein und murmelte: »Ich hatte es vergessen… Finden die alten Rituale dort noch immer statt?«
    »Damals wie heute«, erwiderte Morgaine gelassen, »und die Göttin gebe, daß es bis zum Ende der Welt so bleibt.« Das brachte wie beabsichtigt die Frau zum Schweigen.
    Morgaine fragte Morgause: »Bist du nun fertig, Tante? Dann wollen wir in die Halle hinuntergehen.« Als sie den Raum verließen, holte Morgaine in einer Mischung aus Gereiztheit und Erleichterung tief Luft. »Hör dir doch nur diese Klatschbase an. Hat sie denn sonst nichts im Kopf?«
    »Vermutlich nicht, wie alle anderen«, erwiderte Morgause. »Ihre allerchristlichsten Männer und Väter sorgen dafür, daß sie nicht auf andere Gedanken kommen.«
    Die Tore der Großen Halle, in der die runde Tafel stand, waren noch geschlossen, da alle gleichzeitig zum großen Festmahl eintreten sollten.
    »Artus' Feste werden von Jahr zu Jahr prunkvoller«, stellte Morgause fest. »In diesem Jahr gibt es also eine große Prozession und einen feierlichen Einzug.«
    »Was hast du anderes erwartet?« fragte Morgaine. »Es gibt keinen Krieg mehr, und auf irgendeine Weise muß er seine Untertanen beeindrucken. Artus ist klug genug, ihnen ein großes Schauspiel zu bieten. Wie ich höre, hat ihm der Merlin diesen Rat gegeben. Das einfache Volk… und auch die Edlen… lieben solche Aufzüge. Die Druiden wissen das schon, seit sie die ersten Beltanefeuer entzündeten. Und Gwenhwyfar hat viele Jahre darauf verwendet, Pfingsten zum größten Fest eines christlichen Landes zu machen.« Sie lächelte Morgause zum ersten Mal an diesem Tag gelöst an. »Selbst Artus weiß, daß er sein Volk nicht mit einem Gottesdienst und einem Mahl zufriedenstellen kann… Und wenn sich kein großes Wunder ereignet, werden Artus und der Merlin dafür sorgen, daß es etwas anderes zu bestaunen gibt! Sie werden sicher bedauern, daß sie die Sonnenfinsternis nicht heute stattfinden lassen konnten.«
    »Hast du die Sonnenfinsternis in Wales beobachtet? Meine Leute haben sich sehr geängstigt«, erzählte Morgause. »Ich bin sicher, Gwenhwyfars dumme Gänse haben geschrien und gezetert, als sei nun das Ende der Welt gekommen!«
    »Gwenhwyfar versammelt mit größter Hingabe die dümmsten Gänse als Hofdamen um sich«, erklärte Morgaine spöttisch. »Aber sie selbst ist nicht so töricht, wie sie sich oft den Anschein gibt. Ich frage mich, wie die Königin Britanniens das Geschnatter ertragen kann.«
    »Du solltest mehr Geduld mit ihnen aufbringen«, warnte Morgause. Aber Morgaine zuckte nur die Schultern. »Was kümmert es mich, was sie von mir denken.«
    »Ich weiß nicht. Du bist jetzt schon so lange Königin in Uriens' Reich und verstehst immer noch nicht, was es heißt, eine Königin zu sein«, sagte Morgause. »Was die Männer auch über sie denken mögen,
    eine Frau ist immer vom guten Willen anderer Frauen abhängig… hast du das in Avalon nicht gelernt?«
    Morgaine erwiderte bitter: »Die Frauen in Avalon sind nicht so dumm.« Aber Morgause wußte wohl, daß sich hinter ihrem zornigen Ton Einsamkeit und Leid verbargen.
    »Morgaine, warum gehst du nicht nach Avalon zurück?«
    König Artus' Schwester senkte den Kopf. Wenn Morgause weiterhin so freundlich mit ihr sprach, würde sie die Fassung verlieren und weinen. »Die Zeit ist noch nicht gekommen. Man hat mir befohlen, bei Uriens zu bleiben…«
    »Und bei Accolon?«
    »O ja, bei Accolon«, antwortete Morgaine. »Ich wußte, du würdest es mir vorwerfen…«
    »Ich bin die letzte, dir einen Vorwurf daraus zu machen«, erklärte Morgause. »Aber Uriens wird nicht mehr lange leben…«
    Morgaine erwiderte tonlos: »Das glaubte ich an dem Tag, als wir heirateten, auch. Wahrscheinlich wird er so alt wie Taliesin, und Taliesin war über neunzig, als er starb.«
    Artus und Gwenhwyfar schritten langsam durch die Reihen der Gäste – der König Britanniens trug prächtige weiße Gewänder, Gwenhwyfar war in kostbare weiße Seide gehüllt und mit Juwelen übersät. Die Tore öffneten sich, und sie betraten die große Halle, gefolgt von Morgaine mit ihrem Gemahl Uriens und seinen Söhnen Accolon und Uwain. Hinter ihnen schritt Morgause, die Tante des Königs, mit ihrem Gefolge; dahinter Lancelot mit seinen Männern und dann die übrigen Ritter – einer nach dem anderen. Sie verteilten sich um die runde Tafel. Seit einigen Jahren trug der angestammte

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