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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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beherrschte sich eisern. Man wußte allgemein, daß sie nie viel aß, und es würde nicht besonders auffallen. Gwenhwyfar küßte sie, und einen Augenblick lang kehrten Morgaines zärtliche Gefühle für diese Frau wieder zurück.
    Warum sollten wir Feindinnen sein? Vor langer Zeit waren wir einmal Freundinnen

Ich hasse nicht Gwenhwyfar, sondern die Kirchenmänner, die so großen Einfluß auf sie haben.
Morgaine nahm ein Stück Brot mit Honig auf ihren Teller, aß es aber nicht.
    Gwenhwyfars Hofdamen waren wie immer frömmelnde, dumme Gänse. Sie begrüßten Morgaine mit neugierigen Blicken und übertrieben zur Schau getragener Freude und Herzlichkeit.
    »Euer Sohn, der edle Mordred… was ist er doch für ein prächtiger junger Mann! Ihr müßt wirklich stolz auf ihn sein!« rief eine von ihnen.
    Morgaine brach das Brot und zerkrümelte es zwischen den Fingern. Sie erwiderte höflich: »Seit er von der Brust entwöhnt wurde, habe ich ihn kaum gesehen. Uwain, der Sohn meines Gemahls, steht mir als Sohn näher. Ich bin stolz auf seine ritterlichen Taten, denn ich habe ihn großgezogen. Aber du bist auf Mordred so stolz wie auf einen eigenen Sohn, nicht wahr, Morgause?«
    »Ist Uriens' Sohn nicht Euer Kind?« erkundigte sich eine andere. »Nein«, erwiderte sie geduldig. »Er war neun Jahre alt, als ich den König von Nordwales heiratete.«
    Eine der Jüngeren sagte kichernd, sie würde an Morgaines Stelle den anderen, so gut aussehenden Stiefsohn bevorzugen – Accolon, so hieß er doch?
    Morgaine biß die Zähne zusammen und dachte:
Soll ich der dummen Gans den Hals umdrehen?
Ach nein… Gwenhwyfars Hofdamen hatten nichts zu tun, als sich mit Klatsch und geistlosem Geschwätz die Zeit zu vertreiben.
    »Nun sagt mir doch…«, Alais war Morgaines Kammerfrau gewesen, als sie noch am Hof lebte. Morgaine war bei ihrer Hochzeit eine der Ehrendamen gewesen, »…ist er wirklich Lancelots Sohn?«
    Morgaine hob die Augenbrauen und fragte: »Wer? Accolon? König Uriens' verstorbene Gemahlin würde Euch diese Unterstellung wohl kaum verzeihen!«
    »Ihr wißt, was ich meine«, erwiderte Alais spöttisch. »Lancelot war Vivianes Sohn, und Ihr seid bei Viviane aufgewachsen… wer könnte es Euch verübeln? Sagt mir die Wahrheit, Morgaine, wer ist der Vater Eures hübschen Sohns? Es
kann
doch kein anderer sein?«
    Morgause lachte und vesuchte, die Spannung zu brechen. »Wir sind natürlich alle in Lancelot verliebt… armer Lancelot, welche Last…!«
    »Aber du ißt ja gar nichts, Morgaine«, sagte Gwenhwyfar besorgt. »Soll ich etwas anderes aus der Küche bringen lassen? Etwas Schinken? Besseren Wein?«
    Morgaine schüttelte den Kopf und schob sich ein Stück Brot in den Mund. Hatte sie das nicht alles schon einmal erlebt? Vielleicht hatte sie es auch nur geträumt… ihr wurde schwindlig, und vor ihren Augen tanzten graue Flecken. Wenn die alte Königin von Nordwales beim Frühstück ohnmächtig wie eine Schwangere wurde, hatten sie Gesprächsstoff genug für Tage. Sie preßte sich die Fingernägel in die Handflächen, und es gelang ihr auch, das Schwindelgefühl zu unterdrücken.
    »Ich habe gestern zuviel getrunken… du weißt seit zwanzig Jahren, daß ich Wein nicht vertrage, Gwenhwyfar.«
    »Oh, und es war guter Wein«, erklärte Morgause genüßlich. Gwenhwyfar erwiderte höflich, sie würde Morgause ein Faß mit nach Lothian auf den Weg geben. Morgaine war gnädig vergessen.
    Trotz der rasenden Kopfschmerzen, die ihr wie ein eiserner Reif um den Kopf lagen, spürte sie Morgauses fragenden Blick. Eine Schwangerschaft konnte man nicht verheimlichen… warum sollte sie?
    Sie war eine verheiratete Frau. Sie mochten lachen, wenn der alte König von Nordwales und seine nicht mehr junge Königin im Alter noch einmal Eltern wurden. Aber man würde gutmütig darüber lachen. Trotzdem glaubte Morgaine, sie würde vor Zorn zerbersten. Sie fühlte sich wie einer dieser feuerspeienden Berge in den Ländern weit im Norden, von denen Gawain ihr erzählt hatte…
    Als schließlich alle gegangen waren und sie mit Gwenhwyfar allein zurückblieb, ergriff die Königin ihre Hand und sagte entschuldigend: »Es tut mir leid, Morgaine. Du siehst leidend aus, vielleicht solltest du dich wieder zu Bett begeben.«
    »Vielleicht tue ich das«, erwiderte Morgaine und dachte:
Gwenhwyfar errät nie, was mir fehlt. Gwenhwyfar wäre selbst jetzt noch froh darüber, wenn sie schwanger wäre!
    Morgaine sah sie ärgerlich an. Gwenhwyfar errötete.

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