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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die Knie gelegt und lauschte gebannt und schweigend. Morgaine dachte:
Wenigstens darin ist er mein Sohn.
Uriens hörte aufmerksam und höflich zu. Morgaine hob den Kopf und sah Accolon in die Augen. Sie dachte:
Heute nacht muß ich ihn sehen… selbst wenn ich Uriens einen Schlaftrunk geben muß. Ich habe ihm soviel zu sagen…
Dann schlug sie die Augen nieder. Sie war nicht besser als Gwenhwyfar… Uriens hielt ihre Hand, streichelte ihre Finger und das Handgelenk.
    Es schmerzte noch, als er die Male berührte, die seine Finger heute dort hinterlassen hatten, und sie empfand Widerwillen. Wenn er es wünschte, mußte sie in sein Bett kommen. Hier an diesem christlichen Hof war sie sein Eigentum. Er konnte sie nach Lust und Laune wie ein Pferd oder einen Hund streicheln oder schlagen. Artus hatte sie und Avalon verraten. Uriens hatte sie im Stich gelassen. Auch Kevin hatte sie verraten…
    Aber Accolon würde sie nicht enttäuschen. Accolon sollte im Namen Avalons herrschen. Er war der König, den Viviane vorausgesehen hatte. Nach Accolon würde Gwydion, ein Druide und König, Herrscher über Avalon und ganz Britannien sein.
Die Königin steht hinter dem König und herrscht wie in alten Tagen im Namen der Göttin…
    Kevin hob den Kopf und begegnete ihrem Blick. Morgaine erschauerte. Sie mußte ihre Gedanken verbergen.
Er besitzt das Gesicht, und er ist Artus
'
Vertrauter. Er ist Merlin von Britannien und trotzdem mein Feind!
    Aber Kevin sagte freundlich. »Dies ist ein Familientreffen. Auch ich würde gerne Musik hören. Darf ich deshalb als Belohnung darum bitten, daß Ihr, Herrin, singt?«
    Morgaine setzte sich auf seinen Platz und spürte, wie die Kraft der Harfe sie erfaßte.
Ich muß sie bezaubern,
dachte sie,
damit sie nichts Böses denken,
und griff in die Saiten.

6
    Als sie allein in ihrer Kammer waren, sagte Uriens: »Ich wußte nicht, daß man Euch den Anspruch auf Tintagel wieder streitig macht.«
    »Es gibt viele Dinge, die Ihr nicht wißt, mein Gemahl. Sie sind so zahlreich wie die Eicheln in einem Schweinetrog«, erwiderte sie ungeduldig. Wieso hatte sie je geglaubt, sie könne diesen alten Dummkopf ertragen? Gewiß, er war nie unfreundlich zu ihr gewesen, aber sie rieb sich an seiner Torheit wie an einer groben Feile. Sie wollte allein sein, Pläne schmieden und sich mit Accolon beraten. Statt dessen mußte sie diesen alten Schwachkopf besänftigen!
    »Ich sollte Eure Pläne kennen«, nörgelte Uriens, »es ärgert mich, daß Ihr Euch nicht mit mir beratet, wenn Euch nicht gefällt, was in Tintagel geschieht… ich bin Euer Herr, und Ihr hättet es mir sagen müssen, anstatt Euch an Artus zu wenden!« In seiner Stimme lag ein Anflug von Eifersucht. Niedergeschlagen erinnerte sie sich daran, daß Gwydion enthüllt hatte, was sie in all den Jahren als Geheimnis wahrte – wer der Vater ihres Sohnes war. Aber konnte Uriens wirklich glauben, daß sie nach mehr als fünfundzwanzig Jahren immer noch Macht über ihren Bruder besaß, wegen einer Sache, die nur Narren und Christen für eine Sünde hielten?
Wenn er nicht klug genug ist zu begreifen, was vor seinen Augen geschieht, warum sollte ich es ihm Wort für Wort wie einem Kind erklären?
    Ungeduldig entgegnete sie: »Artus ist verärgert, weil er glaubt, eine Frau dürfte ihm nicht auf diese Weise widersprechen. Deshalb habe ich ihn um Hilfe gebeten. Er soll nicht glauben, daß ich mich gegen ihn auflehne.« Mehr sagte sie nicht. Sie war eine Priesterin von Avalon. Sie log nicht. Aber es gab keinen Grund, ihm mehr zu sagen, als sie für richtig hielt. Sollte Uriens ruhig denken, sie wolle nur ihren Streit mit Artus beilegen.
    »Wie klug du bist, Morgaine«, sagte er und tätschelte ihr Handgelenk. Sie zuckte zusammen und dachte wieder daran, daß er ihr weh getan hatte. Sie spürte, daß ihre Lippen zitterten, als sei sie ein kleines Kind.
Ich will Accolon! Ich möchte in seinen Armen liegen, liebkost und getröstet werden. Aber wie sollen wir es anstellen, uns auch nur heimlich zu treffen und miteinander zu sprechen?
Morgaine unterdrückte die Zornes-tränen. Stärke bedeutete jetzt ihre einzige Sicherheit, Stärke und Verschwiegenheit.
    Uriens kam vom Abtritt zurück und sagte gähnend: »Ich habe gehört, wie die Burgwache Mitternacht ausgerufen hat. Wir müssen zu Bett, Herrin.« Er begann, sein Festgewand auszuziehen. »Bist du sehr müde, meine Liebe?«
    Morgaine antwortete nicht, weil sie wußte, sie würde weinen, wenn sie sprach. Er nahm ihr

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