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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ein Krieger mit verschlossenem Gesicht, ein Mann, den sie nicht kannte. Es
gab eine Zeit,
dachte sie,
da hätte ich mich hier draußen nachts unter offenem Himmel zu Tode geängstigt…
Aber sie fühlte sich angenehm belebt und befreit. Irgendwo in ihrem Herzen trauerte sie auch um den freundlichen Gareth. Er war für Artus wie ein Sohn gewesen und hätte ein besseres Schicksal verdient, als auf diese Weise erschlagen zu werden… sie fragte sich, ob Lancelot überhaupt wußte, wen er getötet hatte. Sie empfand auch Trauer, weil die Jahre mit Artus zu Ende waren. Alles war vorbei, was sie so lange geteilt hatten. Aber nach dieser Nacht führte kein Weg mehr zurück. Sie mußte sich vorbeugen, um Lancelot zu verstehen.
    »Wir müssen bald anhalten. Das Pferd muß sich ausruhen… und wenn wir bei Tag reiten… man kennt dich und mich überall in dieser Gegend.«
    Sie nickte, denn sie war völlig außer Atem und konnte nicht sprechen. Nach einiger Zeit erreichten sie ein Wäldchen. Lancelot brachte das Pferd zum Stehen und setzte sie sanft auf den Boden. Er führte das Tier an einen Bach und legte dann seinen Mantel ins Gras. Er starrte auf das Schwert an seiner Seite. »Ich habe immer noch Gawains Schwert. Als Knabe hörte ich Geschichten über die Raserei, die manche Männer im Kampf überfällt. Ich wußte nicht, daß sie uns auch im Blut liegt…« Schwer seufzend fragte er: »Es klebt Blut an diesem Eisen. Wen habe ich getötet, Gwen?«
    Sie konnte den Ausdruck von Schuld und Leid auf seinem Gesicht nicht ertragen. »Mehr als einen…«
    »Ich weiß, ich habe Gwydion getroffen… den verdammten Mordred. Ich weiß, ich habe ihn verwundet. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich noch in der Gewalt. Ich nehme nicht an…«, seine Stimme wurde hart, »… daß ich das Glück hatte, ihn zu töten.« Sie schüttelte wortlos den Kopf.
    »Wen dann?« Gwenhwyfar antwortete nicht. Er packte sie so grob an den Schultern, daß sie sich vor dem Krieger fürchtete, den sie im Geliebten nie kennengelernt hatte. »Gwen, sage es mir! In Gottes Namen… habe ich meinen Vetter Gawain getötet?« Diese Frage konnte sie ihm ohne Zögern beantworten. Wie froh war sie, daß er nach Gawain fragte. »Nein, ich schwöre dir, Gawain hast du nicht getötet!«
    »Es hätte jeden treffen können«, sagte er und starrte auf das Schwert. Plötzlich rann ihm ein Schauer über den Rücken. »Ich schwöre dir, Gwen, ich wußte nicht einmal, daß ich ein Schwert in der Hand hatte. Ich versetzte Gwydion einen Schlag, als sei er ein Hund. Dann weiß ich nur noch, daß wir plötzlich auf dem Pferd saßen…« Er kniete zitternd vor ihr und flüsterte: »Ich glaube, ich bin wieder wahnsinnig… wie schon einmal…«
    Gwenhwyfar umarmte ihn und drückte ihn voll leidenschaftlicher und wilder Zärtlichkeit an sich. »Nein, nein«, flüsterte sie, »o nein, mein Liebster… ich habe das alles über dich gebracht… Schande und Verbannung…«
    »Das sagst du«, flüsterte er, »ich habe sie über dich gebracht. Ich habe dich allem entrissen, was dir etwas bedeutete…« Jäh schmiegte sie sich an ihn und sagte: »Ich wünsche bei Gott, du hättest es früher getan!«
    »Ah, es ist nicht zu spät… ich bin wieder jung mit dir an meiner Seite. Und du… du warst nie schöner, meine einzige Liebe…« Er legte sie auf den Mantel und lachte befreiend: »Ah, jetzt steht niemand mehr zwischen uns… niemand kann uns mehr stören, meine… Gwen… oh, Gwen…«
    Als Gwenhwyfar in seinen Armen lag, erinnerte sie sich an die aufgehende Sonne und an das Gemach in Meleagrants Burg. So ähnlich war es jetzt auch. Sie klammerten sich aneinander, als gäbe es für sie beide nichts anderes auf der Welt – nichts mehr und nie mehr.
    Sie schliefen eine Weile eng umschlungen unter dem Mantel und lagen sich beim Aufwachen immer noch in den Armen, während die Sonne durch die grünen Zweige nach ihnen suchte. Lächelnd berührte Lancelot ihr Gesicht.
    »Weißt du… noch nie zuvor bin ich ohne Angst in deinen Armen erwacht. Jetzt bin ich trotz allem glücklich…« Er lachte sie an, und in seinem Lachen lag etwas Wildes. In seinen weißen Haaren und in seinem Bart hingen Blätter und seine Tunika war zerknittert. Sie betastete sich und spürte Gras und Blätter in ihren Haaren. Ihre Haartracht löste sich auf, und sie konnte sich nicht kämmen. Aber sie flocht sich einen Zopf und band ihn mit einem Stoffstreifen zusammen, den sie von ihrem Hemd abriß. Lachend sagte sie: »Wir

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