Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
sind zwei richtige Wäldler! Wer würde die Königin und den tapferen Lancelot in diesem Aufzug erkennen?«
    »Bedeutet dir das etwas?«
    »Nein, mein Geliebter, nicht im geringsten.«
    Er streifte sich Blätter und Gras aus Haar und Bart. »Ich muß das Pferd einfangen«, sagte er. »Vielleicht gibt es einen Weiler in der Nähe, wo wir Brot und einen Schluck Bier finden… ich habe keine einzige Münze bei mir oder sonst etwas Wertvolles, nur das Schwert und dies…« Er wies auf eine kleine Goldspange an seiner Tunika. »Im Augenblick zumindest sind wir Bettler. Aber wenn wir Pellinores Burg erreichen… ich besitze immer noch ein Haus dort, in dem ich mit Elaine und der Dienerschaft gelebt habe… und auch Gold. Damit können wir über das Meer. Willst du mit mir in die Bretagne kommen, meine Gwenhwyfar?«
    »Überall hin«, flüsterte sie bebend; und in diesem Augenblick meinte sie es aufrichtig. In die Bretagne oder nach Rom… oder in das Land am Ende der Welt… wenn sie nur bei ihm bleiben konnte. Sie zog ihn zu sich hinunter und vergaß alles in seinen Armen. Aber als er sie Stunden später auf das Pferd hob und sie in ruhigerem Tempo weiterritten, war sie schweigsam und bekümmert. Ja, zweifellos konnten sie über das Meer gelangen. Aber wenn man erst überall, von einem Ende der Welt bis zum anderen, von den Ereignissen dieser Nacht sprach, würden Schande und Verachtung über Artus kommen. Er mußte um seiner Ehre willen nach ihnen suchen, wohin sie auch flohen. Früher oder später würde Lancelot erfahren, daß er den Freund erschlagen hatte, der ihm nach Artus am meisten auf der Welt bedeutete. Er war von Sinnen gewesen, als es geschah, aber sie wußte, daß Trauer und Schuld ihn überwältigen würden. Wenn er sie dann ansah, würde er sich nicht daran erinnern, daß sie seine Geliebte war, sondern daß er um ihretwillen unwissend den Freund getötet hatte.
    Um ihretwillen hatte er Artus verraten. Wenn er um ihretwillen gegen den König kämpfen mußte, würde er sie hassen… Nein, er würde sie immer noch lieben, aber nie vergessen, um welchen Preis er sie errungen hatte. Weder Liebe noch Haß würden je Macht über ihn gewinnen… beide Gefühle würden ihn nicht verlassen. Es müßte ihm das Herz zerreißen. Eines Tages würde er daran zerbrechen und wieder wahnsinnig werden. Sie preßte sich an seinen warmen Körper, lehnte den Kopf an seinen Rücken und weinte. Zum ersten Mal wußte sie, daß sie stärker war als er. Diese Erkenntnis durchbohrte ihr Herz wie das schärfste Schwert. Gwenhwyfar weinte nicht mehr, als sie die nächste Rast einlegten. Aber sie wußte, ihr Herz weinte. Sie würde nie mehr aufhören zu trauern. »Ich werde nicht mit dir über das Meer ziehen, Lancelot. Ich will keinen Zwist und Hader unter den alten Gefährten der Tafelrunde stiften. Wenn… wenn Mordred seinen Willen bekommt, werden sich alle zerstreiten«, erklärte sie. »Der Tag wird kommen, an dem Artus jeden seiner Freunde braucht. Ich möchte keine zweite Helena sein… diese schöne Frau aus der Sage, von der du mir einmal erzählt hast… um die alle Könige und Ritter ihrer Zeit in Troja kämpften.«
    »Aber was willst du tun?« Gwenhwyfar versuchte, die Spur von Erleichterung zu überhören, die trotz aller Verwirrung und allem Leid in seiner Stimme mitschwang.
    »Du wirst mich auf die Insel Glastonbury bringen«, erklärte sie. »Dort gibt es ein Kloster, in dem ich als Mädchen erzogen wurde. Ich will dorthin gehen und ihnen nur sagen, daß böse Zungen zwischen dir und Artus meinetwegen Zwietracht gesät haben. Nach einiger Zeit werde ich Artus wissen lassen, wo ich bin, und daß ich nicht mit dir zusammenlebe. Er kann dann in Ehren seinen Frieden mit dir machen.«
    Er widersprach: »Nein, nein, ich kann dich nicht gehen lassen…«, aber Gwenhwyfar wußte, es würde ihr nicht schwerfallen, ihn zu überreden, und ihr sank das Herz. Vielleicht hoffte sie trotz allem, er würde um sie kämpfen… er würde sie mit der Kraft seines Willens und seiner Leidenschaft soweit bringen, daß sie ihm in die Bretagne folgte. Aber das war nicht Lancelots Art. Er war wie er war, und was er war. Er war so und nicht anders gewesen, als sie sich in ihn verliebte. So war er jetzt, und so würde sie ihn für den Rest ihres Lebens lieben. Schließlich gab Lancelot nach und ritt mit ihr nach Glastonbury.
    Der lange Schatten der Kirche fiel auf das Wasser, als sie das Boot bestiegen, das sie zur Insel bringen würde. Die

Weitere Kostenlose Bücher