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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Knurren. Bislang hatte die Erschöpfung den Hunger verdrängt. Jetzt aber war Albin froh über Bartheis Gabe. Er schlug das Tuch auf, zog Gramans Dolch aus seinem Gürtel und schnitt sich große Stücke von Brot und Wurst ab.
    »Lass mir was übrig!«, rief Findig, der aus dem Waldzwielicht trat und auf die Quelle zuhielt.
    Er trug ein Bündel Kräuter bei sich, das er gegen Albins verstauchten Fuß presste. Wieder und wieder rieb er die Kräuter gegen den Fuß, ohne auf Albins Protest zu achten. Der Findling hatte das Gefühl, der Schmerz würde ihn umbringen.
    »Beiß die Zähne zusammen, es lohnt sich«, forderte Findig. »Der Saft der Kräuter wird die Schmerzempfindlichkeit deines Fußes herabsetzen.«
    Als er endlich fertig war, zückte auch Findig einen Dolch, um sich ein wenig Brot und ein großes Stück Wurst abzuschneiden. Unter lautem Schmatzen kaute er genüsslich.
    »Hoffenüich wirkt der Saft deiner Kräuter bald«, sagte Albin. »Ich möchte schnell weiterkommen, um Gerswind beizustehen. Wenn ich auch hoffe, dass sie ohne meine Hilfe freikommt. Ich habe den Verdacht, dass ihr Vater ein Abkommen mit den Rotelben getroffen hat. Guntram hat die Suche nach den Nebelkindern eingestellt, im Austausch gegen seine Tochter, wie ich vermute.«
    »Gut möglich«, erwiderte Findig und schob ein weiteres Stück Wurst in seinen unablässig kauenden
    Mund. »Fraglich ist nur, ob es dem Grafen und seiner Tochter jetzt noch etwas nützt.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Albin alarmiert.
    »Sobald er deine Flucht bemerkt, wird Wenrich nach dir suchen. Die Rotelben könnten glauben, dass die Suche ihnen gilt.«
    Was Findig so leichthin verkündete, war für Albin eine bittere Erkenntnis. Findig hatte zweifellos Recht, durch seine Flucht vergrößerte Albin die Gefahr, in der Gerswind schwebte. Ein erschreckender Gedanke. Er schämte sich, dass er nicht von selbst darauf gekommen war.
    »Ich muss zurück!«, stieß er erregt aus. »Ich werde mich stellen.«
    Findig sah ihn prüfend an. »Um Gerswind zu beschützen?«
    »Natürlich.«
    »Du musst das Menschenkind wirklich sehr lieb haben.«
    »Es mag dumm sein, aber ich kanns nicht ändern«, sagte Albin forsch, weil er glaubte, in Findigs Worten einen unterschwelligen Vorwurf gehört zu haben. »Und ich werde alles tun, um Gerswind zu helfen.«
    »Auch wenn es dich den Kopf kostet?«
    »Auch dann!«
    »Du magst vor Liebe blind sein, aber ein Feigling bist du nicht«, stellte Findig fest. »Trotzdem darfst du nicht zur Abtei zurück.«
    »Warum nicht?«
    »Wenn du Barthel und Graman verrätst, könnten die beiden leicht dein Schicksal teilen. Willst du für ihren Tod verantwortiich sein? Und wenn du mich verrätst, könnte Wenrich nach mir suchen. Dann wäre dein ganzes schönes Selbstopfer sinnlos.«
    »Ich werde niemanden verraten.«
    »Wenrich wird dir kaum abnehmen, dass du ohne fremde Hilfe geflohen bist. Du hast seinen Hass bereits am eigenen Leib erfahren. Bist du sicher, dass du seiner Folter widerstehen könntest?«
    Albin zögerte mit der Antwort und sagte dann ehrlich: »Nein, das bin ich nicht.«
    »Dann überleg gut, ob dein Opfer sinnvoll wäre. Und bedenke: Solange du in Freiheit bist, kannst du dich für Gerswind einsetzen. Aber als Gefangener sind dir die Hände gebunden, in jeder Hinsicht.«
    Findigs Worte waren klug gewählt. Albin wunderte sich über den Elb, der ihn mal grob und dann wieder ungewöhnlich einfühlsam erschien.
    »Auch einem Toren gelingt es, andere zu verwundern«, kicherte Findig.
    Albin wollte sich darüber beschweren, dass der Elb ständig in seinen Gedanken las, aber hektisches Glockengeläut kam dazwischen.
    »Es ist noch zu früh für das Mittagsläuten«, rief Albin erstaunt hervor, während er dem fernen Klang lauschte. »Und die Glockenschläge folgen einander viel zu rasch.«
    »Die Glocke schlägt Alarm«, sagte Findig ruhig. »Mich wundert nur, dass deine Flucht nicht eher entdeckt wurde. Wenrich hatte es wohl nicht eilig, dir ein Frühmahl zukommen zu lassen.« Er stieß einen Seufzer aus und schlug Brot und Wurst wieder in das Tuch ein. »Damit ist dir die Entscheidung abgenommen. Wir müssen weiter, sofort!«
    »Ich könnte mich immer noch stellen.«
    »Entscheide dich, rasch!«, drängte Findig. »Bevor die Glocke zu schlagen aufhört, bin ich von hier verschwunden. Die Drachenquelle ist zu bekannt, um nicht von einem Verfolgertrupp aufgesucht zu werden.«
    Die Gedanken flogen in Albins Kopf hin und her. Die Sorge um

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