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Die netten Nachbarn

Die netten Nachbarn

Titel: Die netten Nachbarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Gorillas schuld wären, weil sie mir nichts davon gesagt hatten, dass ich im selben Hemd kommen müsste wie gestern, und meine Frau versteht ja nichts von Sequenzen, die legt mir am Morgen ein frisches Hemd heraus, und damit hat sich’s.
    Um diese Zeit war der Regisseur bereist knallrot im Gesicht. »Hemd!«, brüllte er, und seine Stimme überschlug sich. »Sofort Hemd! Selbes Hemd! Sofort!!« Man stieß mich in ein Taxi und brachte mich eilig nach Hause. Der Schmutzwäschekorb wurde umgestülpt, aber das Hemd war schon in der Wäscherei. Glücklicherweise konnten wir es aus der schon angelaufenen Waschmaschine herausziehen. Die beiden Gorillas zwängten mich in das klatschnasse Hemd und stellten mich zum Trocknen vor eine 25000-Volt-Jupiterlampe. »Wasser«, flehte ich, »Wasser.« Aber sie hatten nur ein hämisches Grinsen für mich.
    Vierzehn weitere Aufnahmen folgten. Vierzehnmal rief Schlomo Emanueli »Taxi! Taxi!«, und vierzehnmal trat er mir auf die Hühneraugen. Dann wurde meine linke Gesichtshälfte rasiert, die im Bild zu sehen war. Auch das ist eine Angelegenheit der Sequenz. Da ich am Vortag rasiert war, musste ich auch diesmal rasiert sein.
    Um drei Uhr nachmittags war ich endlich im Büro. Meinem Chef erzählte ich, ein Lastwagen hätte mich erfasst und zur Seite geschleudert, worauf er sagte, dass man mir das ansähe. Etwas später schlief ich über meinen Akten ein. Gerade als ich mit dem Schreckens ruf »Achtung, Aufnahme!« emporfuhr, kam der Chef herein. Es missfiel ihm.
    Am nächsten Morgen gelangte ich ungestört ins Büro und begann, die versäumte Arbeit nachzuholen. Plötzlich hörte ich von draußen einen vertrauten, einen entsetzlich vertrauten Lärm. »He, wo steckt er?« brüllten die Gorillas. »Wir brauchen ihn! Heraus mit dir, Bursche!« Vor den Augen meines Chefs schleppten sie mich ab. An der Tür konnte ich mich noch umdrehen und zurückrufen: »Der Regisseur braucht mich …«, dann saß ich im Taxi und bekam wieder das alte Hemd über den Kopf gezogen, das sie offenbar aus der Wäscherei gestohlen hatten.
    »Die Szene wird noch einmal gedreht«, erklärte mir einer der Assistenten. »Wir wollen Ihr schmerzverzerrtes Gesicht in Großaufnahme zeigen und dabei Ihren gequälten Aufschrei hören.«
    Die Dreharbeiten begannen. Ich verzerrte mein Gesicht und schrie auf. Wutschnaubend unterbrach der Regisseur: »Das nennen Sie einen Schmerzensschrei? Einen Hammer her! Einen schweren Hammer!«
    Die Assistenten rannten durcheinander und brachten das Gewünschte. Da die Kamera bei einer Großaufnahme bekanntlich nur das Gesicht zeigt, blieben meine unteren Körperpartien außerhalb des Bildes, sodass der Assistent genau zielen konnte. Neunmal sauste der Hammer auf die Überrest meiner linken kleinen Zehe, und neunmal erklang mein »Oj!«, ehe das Ergebnis den Regisseur künstlerisch befriedigte. Dann wandte er sich mit verhältnismäßig ruhiger Stimme an mich: »Hinaus«, sagte er. »Hau ab! Marsch!«
    Als ich kurz nach der Mittagspause ins Büro zurückkam, erklärte mir mein Chef, dies sie das letzte Mal gewesen, dass er sich ein solches Benehmen gefallen ließe. Vergebens suchte ich ihm auseinanderzusetzen, was eine Sequenz ist und dass man da nicht so einfach ausscheiden kann. Mein Chef ist ein sturer Geschäftsmann ohne jede Beziehung zur Kunst.
    Kurz vor vier hörte ich draußen wieder die unheilkündenden schweren Tritte. Ich floh auf die Toilette und verriegelte sie. Die beiden Gorillas brachen die Tür ein und zerrten mich ins Taxi. Auf der Stiege hörte ich noch die Stimme meines Chefs, der mich jeder weiteren Verpflichtung seiner Firma gegenüber enthob. Wie sich zeigte, musste mein Schmerzensschrei noch einmal aufgenommen werden. Gestern waren zu viele Straßengeräusche dazwischengekommen.
    Man hielt mir ein Mikrophon vor den Mund, und jedesmal, wenn der Hammer zuschlug, rief ich »Oj«. Ich selbst fand den Ausruf vollkommen natürlich, aber der Regisseur war unzufrieden. Er machte kein Hehl daraus, dass er mich hasste. Ich hütete mich, ihn zu verstimmen, sonst würde er mich vielleicht nie wie der engagieren. Mitten in der elften Aufnahme bekam ich einen Hustenanfall und verhustete ungefähr 200 Pfund in bar. »Diese Missgeburt bringt mich ins Grab!«, stöhnte der Regisseur. »Noch einmal!«
    Kurz vor Mitternacht durfte ich gehen. Der Regisseur selbst jagte mich mit einem langen Stecken davon. Meinen Posten und meine linke kleine Zehe hatte ich eingebüßt, aber alles in

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