Die neue A....- Klasse
unters Volk zu bringen? Was wird dabei aus mir werden?
Ich ging also zu dem Schalter und stellte mich auf eine Markierung auf dem Boden, während man eine Kamera auf mich richtete. Ich war heilfroh, dass sie keine Ganzkörperaufnahme von mir machten. Ausweisfotos zeigen einen ja nie in aller Pracht, aber können Sie sich vorstellen, wie es wäre, wenn ein Foto meines Hinterns als Erkennungsmerkmal dienen würde? In diesem Fall müsste man sich am Ausgang umdrehen, damit die Mitgliedschaft anhand der Kehrseite verifiziert werden kann. Als sie mir die Mitgliedskarte aushändigten, wünschte ich mir allerdings wirklich, sie hätten ein Foto von meinem Hintern gemacht. Ich sah aus wie eine Bulldogge mit Skorbut. Die fünf Kilo extra, die die Kamera hinzuschummelte (und die sich zu den zehn gesellten, die ich mir über den Winter angefuttert hatte), summierten sich zu einem alarmierenden Meisterstück der Fotografierkunst. Wieso sehe ich wie ein vollgefressenes Murmeltier aus? Wieso wiege ich zu viel?, fragte diese böse kleine Stimme in meinem Innern. Antwort? Ganz
einfach: Weil ich zu viel esse. Habe ich schon wieder vergessen, ins Fitnessstudio zu gehen? Wie viel habe ich gestern in mich hineingestopft? Letzte Woche? Manchmal kann ich die Tatsache, dass ich zu fett bin, vergessen. Solange bis ich ein Foto von mir sehe - normalerweise auf irgendeiner Party, wo mich ein lieber Freund mit der Digitalkamera einfängt, während ich mir gerade einen von fettigem Dip triefenden Cracker in den Mund schiebe. »Und jetzt lächeln!«
Ich erinnere mich an diese kritische Stimme in meinem Kopf, die sagte: »Wenn ich jetzt mit diesem Gewicht zu Costco gehe, wie viel werde ich dann wiegen, wenn ich die Mitgliedschaft in einem Jahr verlängere?« Ist der Rabatt auf die Krabbenküchlein wirklich den Zuwachs um die Hüften wert? Das Ganze erfüllte mich mit großer Sorge. Es kam mir alles so surreal vor. Ich verstaute mein neues, schmerzlich ehrliches Foto in der Brieftasche und betrat den Laden - in der felsenfesten Überzeugung, allein schon zuzunehmen, indem ich die Schwelle überquerte. Im Geiste sah ich mich, wie ich ein Jahr später via Satellit in die Fernsehshow Dr. Phil zugeschaltet wurde, weil ich aus eigener Kraft mein Bett nicht mehr verlassen konnte.
»Ist ein Riesensupermarkt gleichbedeutend mit einem Riesenarsch?« - das war die Frage, die ich mir stellen musste. (Das ist übrigens noch ein Grund, weshalb ich Gewichtsprobleme habe: Riesige Läden wie Costco, bei denen weit und breit kein Ende abzusehen ist, machen mir Angst.) Der Anblick überwältigte mich und löste ein Gefühl von Stress und Verwirrung in mir aus. Mein Atem kam flach und in Stößen. Ganz langsam ergab ich mich meinen Ängsten und schloss mich dem Strom der Einkaufenden an, die wie eine gewaltige Viehherde durch die Gänge zogen. (Muuuuh!) Der Laden hatte die Ausmaße eines ganzen Stadtbezirks. Hmm, vielleicht könnte ich ja bei dieser Gelegenheit ein paar Kalorien
verbrennen. Ich nahm mir vor, nächstes Mal Laufschuhe anzuziehen und auf der Suche nach den Tofu-Würstchen einen ordentlichen Sprint hinzulegen.
Ich fing in der Abteilung mit den Riesen-Plasmabildschirmen an, und genau dort überfiel es mich. Ich fühlte mich völlig verloren in diesem Meer aus Fernsehern, Kniestrümpfen, Rasenmähern und Tiefkühllasagne. Etwas stimmte nicht - ich könnte einen Avocado-Dip kaufen, während direkt daneben Gartenstühle, Heckenscheren und Rasendünger angepriesen wurden. (Das, liebe B-FAB-Schwestern, ist ein Zeichen, dass wir alle dem Ende der Zivilisation entgegensteuern.) Mein einziger Trost bestand darin, dass ich hier Sachen bekam, die laut Auszeichnung billig zu sein versprachen. Ich legte eine Schachtel Auberginen mit Parmesankruste in meinen Wagen - eine sehr kluge Entscheidung, da ich viel Ware für wenig Geld bekam und … weil Auberginen kalorienarm sind. Das Ganze hatte nur einen Haken: Das Gericht war für zwölf Personen gedacht. Also musste ich elf andere finden, die es mit mir teilen würden.
Ich sah mich um. Die anderen Einkaufenden sahen so aus, wie ich mich fühlte - verwirrt und völlig überwältigt angesichts des Angebots. Am liebsten hätte ich die Hand ausgestreckt und sie berührt. Da es so gut wie keine Mitarbeiter gibt, vermittelt Costco ein Gefühl erschreckender Seelenlosigkeit. Nichts als Reihe um Reihe dickmachender Lebensmittel - perfekt für eine Gesellschaft, die nach unmittelbarer Befriedigung lechzt. Wir sind eine
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