Die neue Lustschule
zustande kommen, es ist dann so, wie es ist.
Alle Unzufriedenheiten sind eine Chance für ein tieferes Verständnis von verborgenen innerseelischen und beziehungsdynamischen Belastungen und Konflikten. So sollten sexuelle Funktionsstörungen nicht symptomatisch bekämpft werden, sondern Anlass sein für Reflexion, Kommunikation und ein ganzheitliches Verstehen des Sexuallebens in seiner körperlichen, seelischen, sozialen und spirituellen Dimension.
Auf die Ejakulation hin und wieder zu verzichten ist in unserer Kultur ungewohnt, zu sehr sind die meisten Männer an narzisstisch begründeten Leistungsehrgeiz gebunden. Potenz heißt meistens Erektion und Ejakulation. Dagegen sind orgastische Potenz, Beziehungspotenz und emotionale Potenz eher Fremdwörter, die kaum verstanden werden. Wer aber auf die Ejakulation auch mal verzichten kann und die Erektion nicht als Selbstwertbeweis braucht, der lebt wesentlich entspannter. So kann man ungezwungen zärtlich sein, viel häufiger kopulieren, wenn man nicht ejakulieren muss, man kann die vielfachen Reize körperlicher und emotionaler Intimität bewusster auskosten. Die Partnerin bleibt auch dann ein erotisch begehrenswertes «Objekt», wenn man den Spannungsabfall durch Ejakulation hinausschiebt, die Beziehungslust wird angereichert, neue Facetten der Persönlichkeit können wahrgenommen und weiter ausgestaltet werden. Die Freiheit zu ejakulieren oder nicht verbessert in aller Regel sowohl die Ejakulations- als auch die Beziehungslust.
Viele Männer sind in der Folge ihrer frühen Mutterbeziehung zu «Mutterbedienern» und «Frauenverstehern» geworden. Ihnen ist beigebracht worden, vor allem für das Wohlbefinden der Mutter zu sorgen und die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, um die Mutter damit nicht zu belasten. Diese Einstellung nehmen sie in die Partnerschaft mit hineinund wollen dann auch beim Sex eher bedienen, als auf die eigene Befriedigung zu achten. Dann richten sie sich auch nach den Bedürfnissen und Erwartungen ihrer Partnerin und wundern sich, wenn Erektion und Ejakulation den Bedienungswünschen nicht mehr folgen wollen. Respekt vor der Weisheit des Penis! Es gibt natürlich auch das genaue Gegenteil, dass in unbewusster Rache gegen die Mutter die Partnerin ohne Rücksicht sexuell benutzt wird. Auch das kann zu entsprechenden Funktionsstörungen führen. In einer guten Beziehung hingegen – befreit von Übertragungen aus der eigenen Frühgeschichte – wird man über die Art und Weise der sexuellen Handlungen Einvernehmen erzielen. Hier kann und sollte der gute Liebhaber natürlich «bedienen» und dabei behilflich sein, dass die Partnerin gut zu ihrer Lust kommen kann, etwa indem er seine Ejakulation so lange zurückhält, bis sie zum Orgasmus kommen kann, oder, wie gesagt, auf die Ejakulation auch mal verzichtet. Die Partnerin wird dafür dankbar sein, dass er für sie nicht zu schnell kommt (und sich dann abwendet), sondern die «Kraft» bewahrt, bald wieder eine lustvolle Vereinigung mit ihr zu vollziehen.
Weibliche Erregung und Beziehung
Meine Aussagen zu diesem Thema bleiben relativ unsicher: Einerseits gibt es keine so eindeutigen und sichtbaren Vorgänge bei der Frau wie die Erektion und Ejakulation des Mannes. Auch die sogenannte weibliche Ejakulation aus der Skene-Drüse ist kein Pendant zum männlichen Samenerguss. Andererseits sind die Auskünfte und Mitteilungen von Frauen zu diesem Thema eher sparsam – auch in den von Frauen unseres Instituts geleiteten Frauen-Workshops bleiben die meisten Aussagen dazu eher unspezifisch.
Am ehesten wird sexuelle weibliche Erregung als wohliges Strömen im Unterleib wahrgenommen, mitunter auch durch ein spürbares Feuchtwerden und Schwellungsgefühl der Vulva. Dabei wächst das Verlangen, penetriert zu werden oder sich selbst anzufassen. Im Unterschied zur männlichen Erregung mit drängender Aktion erleben sich viele Frauen als eher reaktiv. Das heißt, sie reagieren auf Anzeichen, Hinweise, Anspielungen, Angebote. Sie prüfen mehr, sind wählerischer, wollen den Partner stärker kennenlernen, Beziehung und Verständigung sind ihnen meistens sehr wichtig. Männer mit Triebdruck reagieren viel weniger differenziert als Frauen mit «Brutpflege-Instinkt». Männer prahlen mitunter mit ihren Eroberungen, Frauen dagegen fürchten um ihre Würde und ihr Image, wenn sie sich zu schnell und zu leicht hingeben. Offensichtlich stehen sich die männliche Entladungsentlastung und die weibliche
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