Die neue Lustschule
einschätzen oder gar verstehen kann. Die tragische Vorstellung, selbst nicht ausreichend liebenswert zu sein, belastet natürlich auch die spätere Sexualität und partnerschaftliche Beziehungen. Auch beim Sex stellt sich dann das permanente Gefühl ein, nicht attraktiv zu sein, nicht gut genug zu sein, nicht zu genügen. Daraus ergibt sich entweder eine Zurückhaltung hinsichtlich Beziehung und Sexualität, die das Vergnügen verdirbt, oder ein besonderes Bemühen um Anerkennung, das lästig werden kann. Die Folgen des frühen Muttermangels sind Selbstwertstörungen und Selbstunsicherheit. Sie behindern das echte Lusterleben, weil sie zumeist kompensatorisch zur Aufblähung des sexuellen Geschehens (mehr «Gewese» als Lust) und zur egoistischen Ausbeutung der Beziehung führen. Der Narzisst denkt an sich selbst zuerst, der Partner ist Beiwerk; ist er nicht bewundernd zu Diensten, muss er ungerechtfertigterweise als Zielscheibe der Enttäuschungsaggression herhalten, die eigentlich die Mangelmutter hätte treffen müssen, was dem Kind aber nicht möglich war. Die Körperlust wird mitunter hysterisch ausgebaut, die wirkliche Entspannungslust ist durch den unaufgelösten Mangelschmerz stark eingeschränkt, die Beziehungslust bleibt auf Bewunderung und Bestätigung angewiesen. Der Narzisst fragt nicht, ob er «gut» war, er setzt es voraus und ist schwer gekränkt, wenn daran gezweifelt wird.
3. Durch
Muttervergiftung
bleibt ein Mensch auf die anderen fixiert und weiß nicht recht, was er selbst möchte, braucht und ihm guttut. Die mütterliche Einstellung lautet: «Ich will dich, ich habe dich auch gern, aber nur, wenn du meine Erwartungen erfüllst.» So wird das Kind nachhaltig auf die Bedürfnisse der Mutter ausgerichtet und kann seine eigenen Möglichkeiten und Grenzen nicht finden und erkennen. Soerfolgt allmählich eine grundsätzliche Entfremdung, eine Orientierung auf die Bedürfnisse der Mutter, die später als Außenorientierung das weitere Leben bestimmt. Der Betroffene ist gut darin, zu erspüren, was der andere will und braucht, er ist geübt, Erwartungen zu erfüllen und sich auf die Wünsche des Partners einzustellen. Egoistische Bedürfnisse hingegen werden nicht gestillt und in der Tiefe rumoren Unzufriedenheit und Unerfülltheit. Auch in Partnerschaft und Sexualität dominiert das Bedienersyndrom: Die Bedürfnisse und die Lust des Partners stehen im Mittelpunkt. Man passt sich dessen Wünschen an, ordnet sich unter und will ihn befriedigen. Jemanden zu haben, der sich derart intensiv um einen kümmert, kann bei dem Bedienten zu Anfang natürlich ein wunderbares Gefühl sein. Aber es kann auch schnell lästig werden und vor allem langweilig, weil die aus Verschiedenheit, Andersartigkeit und Auseinandersetzung resultierende Spannung fehlt. Die Beziehungslust wird einseitig, der gute Austausch von Geben und Nehmen findet nicht statt. Der Muttervergiftete fragt gern: «War ich gut?» und meint damit, ob er den Partner auch gut genug verwöhnt hat.
4.
Vaterterror
schüchtert ein. Die Eifersucht des Vaters auf das Kind führt zu feindseligen, abwertenden und ablehnenden Reaktionen: «Du störst!» Im Grunde genommen enthüllt das Kind die noch bestehende Mutterbindung des Vaters, der in seiner Frau einen Mutterersatz gesucht hatte, jetzt aber ihre Mütterlichkeit entbehren muss, weil sie sich naturgemäß mehr dem Kind zuwendet. Meistens sind diese Väter nicht bereit, ihre Mutterabhängigkeit wahrzunehmen und aufzugeben, eher erleben sie im Kind einen Konkurrenten, der die bisherige Zweisamkeit der Partnerschaft stört. Auf tragische Weise wird dann das Kind mit den unerfülltenBedürfnissen des Vaters belastet, der mit seinem alten Frust jetzt das Kind einschüchtert und in seinem Expansionsdrang hemmt. In Partnerschaften und vor allem in der Sexualität bleiben diese Menschen später eher zurückhaltend und erleben sich als gehemmt. Sie trauen sich nicht viel zu, ergreifen keine Initiative und können vor allem schlecht aus sich herausgehen. Das ist für die sexuelle Lust ein schweres Handikap, denn das Lusterleben benötigt das expansive Loslassen und Strömen, das durch die väterliche Einschüchterung unmöglich geworden ist. Der betroffene Mann hat Schwierigkeiten, einzudringen, kraftvoll zu stoßen, sich wichtig zu nehmen und sich Raum zu verschaffen, zu wünschen, zu fordern und sich loszulassen. Die Frau hat Schwierigkeiten, eigene Bedürfnisse mitzuteilen, aktiv zu werden, gut für
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