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Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Follath
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brutalen Auseinandersetzungen mit der tibetischen und der uigurischen Minderheit. Einmal ließ sie die vorsichtige Diplomatensprache beiseite und schleuderte zornige Blitze Richtung Peking: »Chinas System ist dem Untergang geweiht. Die KP -Führer versuchen den Gang der Geschichte aufzuhalten. Auf die Dauer wird das eine vergebliche Mühe sein.« Andere waren und sind sich angesichts der schon bewiesenen Flexibilität und Zukunftsorientierung der Kommunisten in China da nicht so sicher. So sind beispielsweise Pekings Ausgaben für Forschung und Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich um 21 Prozent pro Jahr gestiegen, in den USA waren es, von einem zugegeben höheren Niveau, gerade mal 4 Prozent.
    Zhou chuqu , frei übersetzt etwa »Schwärmt aus!«, lautet die Parole, mit der die Partei die Wirtschaft ermutigt, im Ausland Know-how zu erwerben und Firmen aufzukaufen. Und oft ist das für die Kommunisten die beste aller Welten: Chinesische Manager dürfen mit Krediten staatlicher Banken auf Shoppingtour gehen. Und im Riesenreich selbst spielt die KP einen »Barbaren« gegen den anderen aus. Wie ein mächtiger Platzwart weist die Partei ausländischen Firmen lokale Partner zu, mit denen sie gemeinsam die Industrie der Volksrepublik zu modernisieren haben. Vom alleinigen politischen Führungsanspruch weicht die Partei dabei keinen Zentimeter ab. China, mahnte der scheidende Parteichef Hu Jintao, »ist und bleibt eine demokratische Diktatur des Volkes«. Die Krakenarme der KP umschließen dabei weit mehr als nur Regierungsfunktionen. Durch ihre »Organisationsabteilung« bestimmt sie so gut wie jede wichtige Position im Land – sie ist mit den Worten eines Professors aus Peking »allgegenwärtig wie Gott«. Sie kontrolliert die Armee, den Geheimdienst, die Presse, die Gerichte; und die Staatsunternehmen, die durchaus privilegiert mit den privaten konkurrieren. Etwa 300 Chinesen, alle hochrangige Parteimitglieder, besitzen die »rote Maschine«, ein Telefonsystem, mit dem die Top-Elite über eine geheime, abhörsichere Leitung untereinander verbunden ist. »Würde Lenin ins Peking des 21. Jahrhundert hineinkatapultiert und könnte er seine Augen von all dem Glitzer der Wolkenkratzer abwenden, er sähe China als Abbild des Systems, das er für die Sieger der bolschewistischen Revolution ausgebaut hat«, schreibt der australische Kommunismus-Forscher Richard McGregor in der US -Fachzeitschrift Foreign Policy . Vergleiche mit der untergegangenen UdSSR sind in der Volksrepublik allerdings ebenso unerwünscht wie Verweise auf die arabischen Umwälzungen dieser Tage. Die Aufrufe einzelner Bürgerrechtler übers Internet zu einer chinesischen »Jasmin-Revolution« haben die Machthaber trotz eines eher mäßigen Widerhalls bei der Bevölkerung so nervös gemacht, dass sie das J-Wort auf den Index setzten.
    Die roten Kapitalisten schlagen bei ihren Akquisitionen weltweit zu, und sie handeln dabei oft strategisch. Erwerben Agrarland in Mosambik, Kupferminen in Afghanistan, Häfen in Griechenland. China kauft sich die Welt – und sieht gerade jetzt, in Zeiten der europäischen Wirtschaftskrise, besondere Chancen, seine Offensive voranzutreiben. Im ersten Halbjahr 2012 gaben die roten Kapitalisten nach Berechnungen der Finanzagentur PricewaterhouseCoopres 23,9 Milliarden Dollar für ausländische Firmenbeteiligungen aus, dreimal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Etwa im Rohstoffsektor. Der staatliche Energieriese Sinopec erwarb fast die Hälfte der Konzessionen des kanadischen Konzerns Talisman Energy in der Nordsee, und fast zur selben Stunde sicherte sich CNOOC , ein weiterer chinesischer Energiegigant, die kanadische Firma Nexen. Auch in der Unterhaltungsindustrie sind Firmen der Volksrepublik sehr aktiv. Der Konzern Wanda kaufte die amerikanische Kinokette AMC . Und ein bisschen ist selbst Micky Maus schon ein Chinese, Donald eine Peking Duck: Der Disney-Konzern ebenso wie Steven Spielbergs Animationsfabrik DreamWorks sahen sich, um den Anschluss an den wichtigen Markt in Fernost nicht zu verpassen, gezwungen, Partner in Schanghai zu suchen.
    Auf dem langen Marsch an die Spitze der globalen Hightech-Industrie haben Chinas kapitalistische Kommunisten aber besonders ein Ziel im Visier: Deutschland. Während einige rückwärtsgewandte Parteistrategen vor zu viel ideologischem Einfluss des westlichen Auslands warnen, fordern heimische Vordenker wie etwa der besonders weltoffene Ökonomieprofessor Li

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