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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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verzierte Stuckfassade den Fürsteneingang zu den Palästen Mohammeds V . umrahmt. Bedeutend größer ist der Myrtenhof, dessen Länge fast ganz von einem schmalen Wasserbecken eingenommen wird. Von ihm aus gelangt man durch Eingänge in anmutigen maurischen Fassaden in den quadratischen Saal der Gesandten mit reicher Fliesen- und Stuckdekoration und weitem Blick über das Tal. Seine Funktion als königlicher Empfangssaal ist umstritten.
    Die berühmteste Ansicht der Alhambra aber ist der Löwenhof mit seinem Gebäudeensemble, das sich um die Hofanlage mit seinen maurischen Säulengängen und filigranen Verzierungen gruppiert. Der sogenannte Saal der Könige ist mit Deckengemälden wohl aus dem späten 14 . Jahrhundert verziert. Ebenfalls vom Löwenhaus gelangt man in den Saal der zwei Schwestern, der seinen Namen einer frivol-traurigen Legende verdankt: Zwei dort gefangen gehaltene Schwestern soll unerfüllte Sehnsucht dahingerafft haben, weil sie die erotischen Vorgänge im Garten zwar verfolgen, nicht aber daran teilhaben konnten. Der Saal trägt eine überaus kunstvoll gefertigte, fast organisch wirkende Muqarnas-Kuppel – ein klassisch islamisches Stalaktiten-Gewölbe, das an eine Tropfsteinhöhle denken lässt.
    Von außen abweisend und funktional, können die Türme im Inneren mit reich ausgestalteten Pavillons aufwarten, allen voran der Turm der Kinder, die letzte größere Baumaßnahme unter den Nasriden. Unterhalb der Alhambra liegen die »vornehmsten aller Gärten« des Generalife mit ihren Wasseranlagen und einer Villa in ihrer Mitte.
    Im Kontext islamischer Baukunst ist die Alhambra zwar ein exquisites, nicht aber ein innovatives Beispiel – so wie sich die Nasriden religiös auf ihre Wurzeln besannen, bauten sie klassizistisch, also konservativ. Gleichzeitig stellt sie für den westislamischen Bereich architektonisch und künstlerisch ein repräsentatives Gesamtkunstwerk dar – bemerkenswert für eine meist als nachrangig gehandelte Kalifendynastie am Ausgang der islamischen Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel.
    Der Pionier der Alhambra-Forschung Leopoldo Torres Balbás schrieb einmal, die Alhambra liege auf dem höchsten Berg der Stadt Granada wie ein Schiff, das zwischen den Bergen der Sierra Nevada und der Ebene vor Anker gegangen sei. Ein älterer islamischer Dichter bezeichnete sie als Rubin des Bergs Sabikah, der wiederum die Krone der Stadt Granada darstelle. Und der US -amerikanische Schriftsteller Washington Irving schrieb 1829 in seinem Buch über die Alhambra von ihrer Fähigkeit, Träume von der Vergangenheit heraufzubeschwören und die Fantasie anzuregen.
    Den meisten Touristen erscheint die Alhambra wie der Schauplatz von Tausendundeiner Nacht , aber eben mitten in Europa oder zumindest an seinem südlichen Rand. Und man erwartet geradezu, dass der berühmte Kalif dieser Erzählungen, Harun ar-Raschid, turbanbewehrt in einen der malerischen Säle winkt. Nur hat dieser Kalif zwar gelebt, war aber weder die Figur, die Tausendundeine Nacht aus ihm gemacht hat, noch hat er zu Zeiten der Alhambra gelebt oder jemals europäischen Boden betreten.

    Die Nachfolger Mohammeds besaßen nicht dessen politische und diplomatische Finesse, konnten ihr Sultanat aber dank der Schwäche auf Seiten der christlichen Herrscher Spaniens vor Unheil bewahren. Eine kastilische Invasion bis vor die Tore der Stadt Granada 1431 blieb einstweilen ein böses Omen. Seit Mitte des 15 . Jahrhunderts jedoch – während am anderen Ende des Mittelmeeres die Osmanen Konstantinopel eroberten – wendete sich auch für das spanische Rumpfsultanat Granada das Blatt. 1462 besetzte Kastilien Gibraltar und schnitt die Nasriden von jedem marokkanischen Rückhalt ab, der sonst das letzte Mittel gewesen war – nun wurde es für die muslimischen Herrscher immer enger. Und wie schon früher in anderen islamischen Fürstentümern brach auch Granada nicht zuletzt die fatale Kombination von innerer Schwäche und äußerer Bedrängnis das Genick. Längst im Angesicht des Untergangs, befehdeten sich die Nasriden auch noch untereinander.
    Unterdessen aber hatten Isabella I . von Kastilien und Ferdinand II . von Aragón durch ihre Heirat die beiden Königreiche eng verbunden und die Schlagkraft der Reconquista merklich erhöht. Die »Katholischen Könige« – den Titel erhielten sie allerdings erst nach Vollendung der Reconquista vom Papst ehrenhalber verliehen – machten sie sich jetzt ihrerseits die inneren Streitigkeiten in

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