Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
den Austausch der drei monotheistischen Religionen, die Europa prägen, aber auch für die schrecklichen Folgen von Ignoranz und einer fatalen Überzeugung, eine Religion könne das Alleinvertretungsrecht für sich beanspruchen.
TIMBUKTU, MALI
Afrika, zweitgrößter Kontinent der Erde und mit einiger Wahrscheinlichkeit die Wiege der Menschheit, verweist schon im Namen auf den Blick von außen. Denn die Bezeichnung Afrika stammt von den Römern, die damit die Region um Karthago im heutigen Tunesien bezeichneten, weil dort das Volk der Afri lebte. Im 2 . Jahrhundert v. Chr. dann, Jahrzehnte nach dem Sieg über Karthago und der Zerstörung der Stadt, gründeten die Römer dort ihre Provinz Africa. Der Gegenwert des Begriffes Afrika wuchs mit der Bedeutung und der Kenntnis vom Kontinent in seiner geographischen Ausdehnung, bald meinte mandamit den gesamten Landstrich der nordafrikanischen Mittelmeerküste, und mit zunehmendem Augenmerk zur Zeit der großen neuzeitlichen Entdeckungen wandte man die Bezeichnung schließlich auf den gesamten Kontinent an.
Natürlich leben und lebten in Afrika nicht ein Volk, sondern zahllose Völker. Weil deren Vergangenheit aber zu einem erheblichen Teil unbekannt oder nur sehr spärlich bekannt ist, galt der Kontinent lange als geschichtslos, was natürlich zu jeder Zeit Unsinn war. Die ältere afrikanische Geschichte schien für das Menschheitsgedächtnis jedoch verloren, weil die Königreiche trotz ihrer fortgeschrittenen Entwicklungsstufe keine eigene Schriftkultur kannten. Die vereinten Bemühungen zahlreicher Disziplinen und ihrer modernen Forschungsmethoden haben in den vergangenen Jahrzehnten aber einige Pionierarbeit geleistet, um diesem Mangel abzuhelfen. Heute kann selbst die Sahara, die ja nicht immer Wüste war, von Zeiten kultureller Blüte erzählen. Aber mag inzwischen auch ein wenig Licht das Dunkel erhellen – die Geschichtsschreibung Afrikas bleibt weiterhin vom Blick von außen gefärbt und bestimmt. Weithin vernehmlich ist insbesondere der Nachhall des Kolonialismus, als ganz Afrika gezwungenermaßen als Objekt der westlichen Welt behandelt wurde, und auch im postkolonialen Zeitalter ist es mit dieser Objektrolle keineswegs vorbei. Ob als Sklavendepot oder als Rohstofflieferant, ob als koloniale Spielwiese oder, nach Erlangung der formellen Unabhängigkeit, als Bolzplatz des Ost-West-Konflikts – Afrika war die Selbstbestimmung so lange verweigert, dass die Mühen, mit dem zunehmenden Spielraum wirklich selbstbestimmt und verantwortungsvoll umzugehen, kaum verwunderlich sind. Sogar im 21 . Jahrhundert wird der Kontinent – erneut aufgrund seiner reichen Rohstoffvorkommen – von Industrienationen und Schwellenländern mitunter sehr listig umgarnt.
Der Kontinent Afrika kannte auch jenseits der nördlichen Küstenzone und lange vor dem Erstkontakt mit Europa eine Staatenwelt. Im Westen der Sudanzone, das ist der Teil Nordafrikas südlich der Sahara, bildeten sich schon früh entwickelte Gesellschaften heraus: Dort betrieb man Ackerbau, nutzte Eisen, hielt Pferde und Kamele. Seit dem 4 . Jahrhundert existierten hier Staaten und Königtümer, die den Vergleich mit denen Europas keineswegs scheuen mussten. Ihre Kontakte untereinander und zu den besser erforschten Kulturen Ägypten und Nubien sowie zum Sonderfall Äthiopien – das christliche Königreich Abessinien inmitten des muslimischen Teils Afrikas – konnten allerdings noch nicht hinreichend erforscht werden. Zu diesen Zivilisationen gehören Kusch und Meroe, die Königreiche von Ghana (das legendäre Land des Goldes, aber nicht zu verwechseln mit dem heutigen Ghana, das mit dem Namen an längst vergangene große Zeiten weiter nördlich anknüpfen wollte), Kongo und Mali, die Reiche Oyo und Ife der Yoruba-Könige und Benin – Letzteres das am besten erforschte Reich vor der Kolonialzeit –, außerdem die Stadtstaatenkultur der Hausa im heutigen Nigeria und Niger sowie im heutigen Mali das Großreich der Songhai. Wie ein breiter Streifen ziehen sich die Siedlungsgebiete dieser Kulturen von Äthiopien westwärts bis zum Atlantik.
Für die Entwicklung dieser Region Afrikas in ihrer späteren vorkolonialen Geschichte – also ungefähr seit der christlichen Zeitenwende – waren drei Faktoren maßgeblich: wirtschaftlich die Nutzung des Kamels als leistungsfähiges Lasttier; dadurch ermöglicht die Etablierung einer regen Handelstätigkeit vor allem auf Karawanenrouten durch die Sahara; kulturell schließlich
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