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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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noch eine Weile warten zu müssen, bis sie wieder töten konnten.
    Ihr Gekreische hatte nichts Menschliches mehr an sich, als Kimberlain das Kabel zur Decke hinaufkletterte. Rechts neben dem Träger, an dem der Käfig befestigt war, befand sich irgendein durch einen Rost gesicherter Luftschacht.
    Ein potentieller Fluchtweg.
    Unter ihm hatten wütende Hände den Käfig ganz hinabgezerrt, und einige Wahnsinnige kletterten auf ihn hinauf. Ein paar sprangen hoch in die Luft, um nach Kimberlain zu greifen, und verfehlten ihn nur knapp. Er hatte die Hälfte des Weges zurückgelegt, als das Kabel wild von einer Seite zur anderen zu schwingen begann. Ein Blick hinab zeigte, daß ein halbes Dutzend Verrückte daran schüttelten, entschlossen, ihn hinabzuholen.
    Kimberlain kletterte schneller. Sein Vorsprung reichte aus, um die Decke ungefährdet zu erreichen. Doch dann ergab sich natürlich noch das Problem, den Luftschacht zu öffnen und hineinzusteigen.
    Der nächste Verrückte war vielleicht drei Meter unter ihm, als der Fährmann nach rechts griff und den Stahlrost zu fassen bekam, der den Luftschacht bedeckte. Er zog heftig daran. Als der Rost nicht nachgab, schlug Kimberlain mit der Faust nacheinander gegen beide Seiten, um ihn zu lösen. Als er erneut daran zerrte, gab er nach, und mit dem nächsten Ruck hatte er ihn gelöst.
    Die Masse des Gitterrosts warf Kimberlain fast aus dem Gleichgewicht, und er drohte, den Halt zu verlieren. Im letzten Augenblick konnte er sich sowohl am Kabel als auch am Rost festhalten. Doch der nächste Verrückte befand sich nur noch einen halben Meter unter ihm. Kimberlain zielte und ließ den Gitterrost direkt auf ihn fallen. Die Wucht des Aufschlags riß dem Mann das Kabel aus den Händen, und er stürzte hinab und nahm vier weitere mit, die sich unmittelbar unter ihm befanden. Kimberlain schwang sich in den Belüftungsschacht und stützte sich auf dessen schmalem Sims ab. Als er sah, daß die Verfolger erneut das Kabel hinaufkletterten, beugte er sich hinaus und griff danach. Die Wahnsinnigen vermuteten wohl, er wolle sie lediglich hinabschütteln, doch in Wirklichkeit hatte er vor, das Kabel aus der Verankerung zu lösen. Kimberlain zerrte es aus dem Haken und ließ es dann auf ein weißes, schäumendes Meer zuckender, kreischender Verrückter hinabfallen.
    Der Fährmann glitt in den Belüftungsschacht zurück und sah hinein. Ein kurzes Stück vor ihm verwandelte sich das Halbdunkel in undurchdringliche Schwärze, doch diese paar Meter verrieten ihm, daß der Schacht zwar steil, aber durchaus zu bewältigen war. Er drückte die Hände fest gegen die Wände und begann zu klettern.
    Der Schacht endete sechzig Meter weiter an einem anderen Gitterrost, den Kimberlain mühelos mit einem einzigen Hieb seiner Schulter aus der Verankerung brach. Nachtluft schlug ihm entgegen und trug das Geräusch eines ununterbrochenen, dumpfen Donnerns heran. Die gesamte Insel schien zu erzittern, und der Fährmann mußte sich festhalten. Dann kletterte er aus dem Schacht und fand sich unmittelbar unter der Erdoberfläche in einem großen, quadratischen Raum, der nur zum Teil über eine Decke verfügte. Nein, die Decke war ausfahrbar, als ob … als ob …
    Kimberlain schwang rechts herum und sah rote Markierungen auf dem Boden. Dann drehte er sich nach links und lächelte, als er sah, was dort auf ihn wartete …
    Als Hedda den letzten Teil der Neigung der Teufelsklaue hinablief, sah sie die Leichen Finns und anderer gefallener Caretakers neben der Landebahn. Die Position ihrer verkrampften Körper verriet ihr den Schußwinkel, und ihre Blicke huschten zwischen zwei Betontürmen an den beiden Enden der Landebahn hin und her, die jeweils etwa einhundert Meter von ihr entfernt waren. Wenn die überlebenden Caretakers entkommen wollten, nachdem sie die Explosion ausgelöst hatten, mußte sie die Türme vernichten.
    Hedda erstarrte. Vor ihr sah sie die qualmenden Ruinen der Ansiedlung. Flammen schlugen aus mehreren Gebäuden, und andere waren eingestürzt, ein Indiz für den vergeblichen Widerstand der Caretakers. Gemeinsam hätten sie eine kleine Armee besiegen können. Doch gegen schwere Maschinengewehre mit Thermalsensoren …
    Hedda berührte ihre Weste. Darin befand sich ein Dutzend Leuchtsignale, mit denen sie eigentlich zu gegebener Zeit die Landebahn erhellen sollte. Sie zog eins heraus und trat zum Rand der Rollbahn. Sie konnte sich vorstellen, wie sich die großkalibrigen Geschütze, durch die

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