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Die Neunte Gewalt

Titel: Die Neunte Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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gehörten, die ihm das Leben gerettet hatte. Er drückte den Hubschrauber schnell hinab und hielt auf eine der letzten freien Flächen zu, die er ausmachen konnte. Die Maschine schwankte unsicher, und er winkte die beiden Gestalten heran. Er warf die rechte Tür des Bell auf und beobachtete, wie die Frau dem Mann hinaufhalf, bevor sie selbst einstieg.
    »Los!« sagte sie, bevor sie die Tür wieder geschlossen hatte.
    Und der Helikopter machte einen Satz nach oben, der ihn über den heranrollenden Erdwall trug, der bald die gesamte Insel unter sich begraben würde.

31
    Der Fährmann schaltete die Scheinwerfer des Hubschraubers an und raste auf das Meer hinaus.
    Hedda drehte sich zu ihm um. »Wer sind …«
    Doch Chalmers unterbrach sie. »Kimberlain.«
    Der Fährmann betrachtete ihn kurz und bemerkte die Schnur, die von seinem Hals hinabbaumelte. Auf dem Gesicht der Frau spiegelte sich schockierte Überraschung.
    »Kimberlain!« rief Hedda. August Pomeroy hatte diesen Namen erwähnt. »Aber was …«
    »Jetzt nicht!« befahl der Fährmann, den Blick auf die Armaturen gerichtet. »Wir gehen runter.«
    »Was?«
    »Ich hatte leider keine Zeit mehr zum Auftanken.«
    Der Treibstoff reichte gerade noch, um den Hubschrauber in einem langsamen Gleitflug hinabzubringen. Er prallte hart auf dem Wasser auf und hielt sich an der Oberfläche. Hedda half Chalmers hinab und folgte ihm dann ins Wasser. Kimberlain wartete, bis sie beide draußen waren, bevor er ebenfalls hinaussprang.
    »Wie weit müssen wir schwimmen?« fragte er.
    »Nicht sehr weit«, entgegnete Hedda und zog einen Sender aus ihrer durchnäßten Weste.
    Die Autopiloten der Schnellboote würden auf die Signale des Senders reagieren, sofern sie sich noch in dessen Bereich befanden. Und in der Tat hielt keine vier Minuten später eins der Boote neben ihnen an. Kimberlain kletterte zuerst hinein und half den beiden anderen über das Schanzkleid. Hedda trat augenblicklich zu den Kontrollen und übernahm das Ruder.
    Kimberlains Blicke wechselten vorsichtig zwischen den beiden. »Wer sind Sie?« fragte der Fährmann Chalmers. »Und woher kennen Sie mich?«
    »Wir haben uns … einmal getroffen. Erinnern Sie sich … nicht mehr an mich?« erwiderte Chalmers. Da der Lautsprecher unsanft mit Wasser in Berührung gekommen war, klang seine Stimme noch gebrochener und verstümmelter als üblich. »In Modesto … Kalifornien … vor langer Zeit. Am Anfang … ganz zu Anfang … des Fährmanns.« Chalmers berührte die Schnur an seiner Kehle. »An dem Abend … an dem Sie mir … das angetan haben.«
    Ein Frösteln fuhr über Kimberlains Rückgrat. »In der Bar …«
    Chalmers versuchte zu nicken. »Sie waren das … mit der Kette. Sie … erinnern sich …«
    Kimberlain erinnerte sich nur allzu gut daran. An den Abend, an dem er die Mitglieder der Motorradbande umgebracht hatte, die seine Eltern ermordet hatten, war er in die Bar zurückgekehrt, um mit dem Anführer abzurechnen, und hatte ihn zusammen mit einem anderen Mann in einem Hinterzimmer gefunden. Dieser Mann hatte eine Pistole gezogen und das Feuer eröffnet. Kimberlain hatte den Anführer der Bande als Schutzschild benutzt, und die Kugeln hatten ihn getötet. Dann hatte der Fährmann dem Rocker eine Kette vom Leib gestreift und damit zugeschlagen. Die scharf zugefeilte Spitze hatte sich in den Hals des Mannes gegraben, und er war keuchend und gurgelnd zusammengebrochen. Kimberlain war von seinem Tod überzeugt gewesen.
    Anscheinend hatte er sich geirrt.
    »Aber was hatten Sie dort zu suchen?« fragte Kimberlain, während er in der kalten, steifen Meeresbrise erschauerte.
    »Ich … hatte den Tod … Ihrer Eltern … arrangiert.«
    »Was?«
    »Sie wurden … hereingelegt. Alles war … so geplant.«
    »Warum?«
    »Ein Test.«
    »Sie Arschloch!«
    »Sie haben ihn … bestanden.«
    Kimberlain versuchte, sich alles zusammenzureimen. Die Existenz des Fährmanns selbst war eine Lüge. Er hatte damals nicht aus freier Entscheidung gehandelt, genauso wenig wie in den darauffolgenden Jahren als Caretaker. Er hatte einfach getan, was sie für ihn vorgesehen hatten. Sie hatten ihn programmiert, und Kimberlain hatte alle Anordnungen ausgeführt. Was hatten sie schließlich zu verlieren? Nichts. Wäre er bei dem Versuch umgekommen, seine Eltern zu rächen, hätten sie nichts verloren. Doch wenn ihm der Versuch gelingen sollte, waren sie die einzigen, die ihm eine lebenslange Haft ersparen konnten. Welche Wahl

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